Anwohner in Gundelfingen wehren sich gegen Flüchtlingsheim

Erstveröffentlicht: 
01.05.2015

Scheffelstraße

Lärm, Kriminalität, Wertverlust der Immobilien – dies und mehr befürchten Bewohner in der Gundelfinger Scheffelstraße. In ihrer Nachbarschaft sollen Flüchtlinge einziehen. Das wollen sie verhindern.

 

Zwei Monate sind vergangen, seit der Gundelfinger Gemeinderat eine Entscheidung in der Standortsuche für die Flüchtlingsunterkünfte des Landkreises getroffen hat. 40 Flüchtlinge sollen demnach auf dem Gewann Nägelesee-Nord unterkommen, 20 auf dem Grundstück bei der evangelischen Freikirche. Nach Baustelle sieht es dort noch nicht aus. Während das Landratsamt die Orte prüft, lehnen Anwohner in der Scheffelstraße eine Flüchtlingsunterkunft in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft weiterhin strikt ab.

 

In einem Schreiben vom 16. April an das Landratsamt, das der BZ vorliegt, trägt Jürgen Guber die Bedenken aus der Nachbarschaft vor. Der Gundelfinger Hautarzt hatte die Anwohner der Scheffel- und der Franz-Schneller-Straße auch schon beim Runden Tisch für Flüchtlingsfragen vertreten. Die Entscheidung des Gemeinderats, den Standort bei der Freikirche vorzuschlagen, wenn auch mit 20 statt der ursprünglich 40 Flüchtlingen, kritisiert er stark: "In der Nachbarschaft besteht durchgängig völliges Unverständnis für diese Entscheidung."

Da die Freikirche mehrfach geäußert hatte, eher den Randbereich des Grundstücks dem Landratsamt verpachten zu wollen, ist die Sorge bei den Nachbarn offenbar groß. "Es würde wohl zu einer bundesweit einzigartigen Enge um das Flüchtlingswohnheim führen, die weder den Flüchtlingen noch den betroffenen Nachbarn irgendwelche Freiräume ließe", so Guber. Konflikte wären vorprogrammiert. Zudem moniert er, dass bei der Standortentscheidung im Gemeinderat einzelne Ratsmitglieder von der Abstimmung ausgeschlossen wurden, was "verwaltungsrechtlich bedenklich" sei.

Kritiker: Standort "objektiv ungeeignet"


Auch die Kosten der Erschließung seien für eine zeitlich begrenzte Nutzung betriebswirtschaftlich schwierig zu begründen. Die Baptistengemeinde wollte das Grundstück nur für einige Jahre zur Verfügung stellen, weil sie dort später ihre Kirche erweitern möchte. "Unabhängig davon halten wir den Standort Scheffelstraße aus den schon vielfach dargelegten Gründen objektiv für ungeeignet und lehnen ihn deswegen strikt ab." Die Sozialdezernentin des Landkreises, Eva-Maria Münzer, direkt angesprochen, heißt es weiter: "Wir möchten Sie auch erinnern, dass sowohl Sie als auch Pastor Dr. Jung von der Baptistengemeinde bei der ersten öffentlichen Sitzung versprochen hatten, dieses Projekt bei einhelliger Ablehnung durch die Nachbarschaft nicht auf Biegen und Brechen durchsetzen zu wollen."

In einer Sitzung des Runden Tisches hatte Guber bereits angekündigt, gegen das Bauvorhaben eines Flüchtlingswohnheims bei der Freikirche juristisch vorgehen zu wollen. Mehr als 60 Anwohner hätten sich bereits einen Anwalt genommen. Einige befürchten Lärmbelästigungen, höhere Kriminalität, Wertverluste ihrer Immobilien oder äußern in Briefen an die Gemeinde schlichtweg Angst vor den Fremden. Bürgermeister Raphael Walz warb dagegen dafür, die Entscheidung des Gemeinderates zu akzeptieren.

Landratsamt sieht keine baurechtlichen Bedenken


"Die baurechtliche Prüfung ist in den letzten Zügen", sagt Manfred Kocher vom Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald auf BZ-Nachfrage. Damit ist allerdings vor allem das Grundstück im Gewann Nägelesee-Nord gemeint sowie der vom Gemeinderat im Februar vorgeschlagene Alternativstandort bei der geplanten Straßenbahnwendeschleife. Letzterer sollte, so der Wunsch des Rates, nur in Betracht gezogen werden, wenn das Landratsamt einen der beiden anderen Standorte ablehnen sollte.

Beim Grundstück der evangelischen Freikirche gibt es dagegen nicht mehr viel zu prüfen. "Da würde baurechtlich grundsätzlich nichts entgegenstehen", sagt Kocher. Die Prüfung sei bereits im vergangenen Jahr positiv verlaufen. Damals hatte die Freikirche das Grundstück dem Landkreis verpachten wollen. Als dies an die Öffentlichkeit gelangte, wurde das Vorhaben abrupt auf Eis gelegt. Es kam zu einer intensiven Flüchtlingsdiskussion in Gundelfingen, die ihr Ende vorerst nicht gefunden zu haben scheint.