Rechte Terrorzelle in Frohburg und Borna ausgehoben

Erstveröffentlicht: 
07.05.2015

Festnahmen bei Razzia gegen Oldschool Society

 

Von Andreas Debski und Matthias Puppe


Leipzig. Die Ansage ist eindeutig: "Bitte keine Freizeitnazis" wird auf der Facebook-Seite der Oldschool Society (OSS) klargestellt. Denn den Rechtsradikalen geht es um viel mehr, als Parolen zu schreien: Sie wollen Flüchtlingsheime angreifen, Moscheen niederreißen, Ausländer vertreiben - sie verstehen sich als Kämpfer für das Deutsche Reich, das für sie in den Grenzen von 1937 existiert, planen explosive Aktionen. Parallelen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) sind augenfällig. Jetzt ist das bundesweit agierende Netzwerk aufgeflogen.


Im Zuge der gestrigen Razzien kristallisiert sich auch heraus: Wieder einmal ist Sachsen eine der Keimzellen für Rechtsterroristen - und diesmal liegt der Schwerpunkt im Leipziger Umland. Durch die Polizei-Spezialeinheit GSG 9 wurden Denise Vanessa G. (22) in Borna und Markus W. (39) in Frohburg festgenommen. Daneben fanden Durchsuchungen auch in Chemnitz statt.


Gerade Markus W., der unter anderem als Aushilfe bei einer Leipziger Security-Firma gearbeitet haben soll, gilt in der gewaltbereiten Neonazi-Szene seit Langem als Größe. Bei der OSS fungierte er als Vizepräsident und verstand sich als Sicherheitsverantwortlicher. Ursprünglich war er Mitglied der militanten, inzwischen verbotenen Kameradschaft Aachener Land (KAL). "Sein Auftauchen in der Region hätte Sicherheitsbehörden viel eher alarmieren müssen", kritisiert Kerstin Köditz, die Rechtsextremismus-Expertin der sächsischen Linke-Fraktion, "zumal ein anderes früheres Mitglied der KAL, Daniel K., im Oktober 2010 an der Tötung des Irakers Kamal Kilade in Leipzig beteiligt war."


Zumindest offiziell hat der sächsische Verfassungsschutz von nichts gewusst: Im aktuellen Bericht, der erst vor zwei Wochen von Innenminister Markus Ulbig (CDU) vorgestellt wurde, ist von dem mutmaßlichen Terror-Netzwerk keine Rede. Dabei haben sich die Neonazis kaum um Verdunkelung bemüht. Auf Facebook sammelte die Gruppierung seit September 2014 mehr als 3000 Freunde. Hier dokumentierten die Neonazis unter anderem mit Fotos ihre Krawallfahrten nach Köln, wo die Randleipziger die Bewegung "Hooligans gegen Salafisten" unterstützten, und nach Dortmund zu einem braunen Aufmarsch.


Daneben soll es Kontakte zu den islamfeindlichen Bewegungen Legida und Pegida gegeben haben. Außerdem fand in Borna im November 2014 das erste "Familientreffen" der Organisation statt. Unter den Gästen: Andreas H. (56), ein Trockenbauer aus Augsburg, der häufig in Borna agierte und auch neue Kameraden rekrutierte - der OSS-Chef. Auch er wurde gestern festgenommen.


Nach LVZ-Informationen soll eine Attacke auf ein Flüchtlingsheim in der Region Borna unmittelbar bevorgestanden haben. Die Polizei hat die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt und Asylbewerber-Unterkünfte unter besonderen Schutz genommen. Für ihre Anschläge hatten die Verdächtigen bereits Sprengstoff beschafft, so die Ermittler.