Kämpfe gegen Gentrfizierungseffekte passieren überall. Ob in Barrios, Gecekondus oder Kiezen: Widerstand gegen die kapitalistische Verwertung der Stadt bzw. des Wohnraumes wächst langsam- aber kontinuierlich.
Im Vorfeld der antikapitalistischen Demonstration "Organize- gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung" fand heute Abend eine Kundgebung am Leopoldplatz statt. Bereits im Zuge der Mobilisierung klagte die Kirche gegen das stadtpolitische Bünndnis "Hände weg vom Wedding", um ihr "Privatgelände" geschützt sehen zu wollen. Der Ausverkauf der Stadt nimmt immer mehr Gestalt an- es ist an uns, die öffentlichen Plätze wieder zurückzuerobern und der Melange aus Investor*innen sowie den politisch Herrschenden zu verdeutlichen: Hände von unseren Kiezen!
Allen Umständen zum Trotz wurde heute der Film "Buy, Buy St. Pauli" öffentlich und kostenlos aufgeführt. Anwesend war eine Person aus dem Kollektiv der Filmemacher*innen, denn die Message sollte klar werden: Ob Hamburg, ob Berlin oder sonstwo: die Selbstorganisierung von unten ist die beste Möglichkeit gegen neoliberale Stadtumstruktierungen. Routiniert schwadronierten anwesende Vertreter der Kirchengemeinde zusammen mit der Polizei demonstrativ um den Platz und durch die Veranstaltung.
So auffälig sich diese Kumpanei auch darstellt, so wenig überraschend ist sie doch, denn sie stellt eine Interessensgemeinschaft dar, zum Ausbau einer unsozialen Aufwertung und Verdrängung im Kiez.
Mehrere "missliebige" Personen wurden während des Films vom Platz verscheucht.
Die brutalen Auswirkungen wie Zwangsräumungen und enorm steigende Mieten, um nur einige Beispiele zu nennen, lernen in den kommenden Jahren
alle kennen. Die kapitalistische Aufbereitung des Renditeprojektes "Stadt" werden alle spüren.
Die Vernetzung und der Widerstand der Bewohner*innen der sogenannten Esso-Häuser in Hamburg, kann uns Mut und Kraft geben, solidarischen Widerstand in breiterem Maße zu organisieren. Betroffen sind erstmal Wenige, gemeint sind wir alle!
Darum: Organisieren wir uns für eine solidarische Gesellschaft!
Heraus zur Demonstration am 30.04.2015 in Berlin-Wedding!
# 30.04.2015 | Antikapitalistische-Demo »Organize!« | Wedding | Leopoldplatz
Ab 18:30 Uhr Kundgebung mit Rap-Acts: Yansn, Matondo, Darlino, ab 20:00 Uhr: Demo!
http://haendewegvomwedding.blogsport.eu
# Aktionstage vom 24.04. bis 30.04.2015:
http://haendewegvomwedding.blogsport.eu/?p=956
# Kirchengemeinde verdrängt Video-Kundgebung
https://linksunten.indymedia.org/de/node/141479
# Der Link zum Film:
http://www.buybuy-stpauli.de
Hände weg vom Wedding!
Stadt als Beute, Staat als Beute usw.
Ein kleiner Ausflug in die Begriffsgeschichte, weil "Stadt als Beute" nun schon wieder benutzt wird. So ja auch in der Doku "Stadt als Beute" von Andreas Wilcke. Gar nicht überlegt wird aber, wo der Ausdruck aber herkommt und was damit verbunden sein kann.
Der Ausdruck 'Staat als Beute' ist aus einer Auseinandersetzung des rechtskonservativen Staatsrechtlers Carl Schmitt mit Alexander Rüstow, maßgeblicher Ideengeber des Modells der Sozialen Marktwirtschaft und des Begriffs des Neoliberalismus, entstanden. Rüstow hielt Mitte 1932 einen Vortrag von deutschen Industriellen und sagte „Die Erscheinung, die Carl Schmitt im Anschluß an Ernst Jünger den ‚totalen Staat‘ genannt hat […], ist in Wahrheit das genaue Gegenteil davon: nicht Staatsallmacht, sondern Staatsohnmacht. Es ist ein Zeichen jämmerlichster Schwäche des Staates, einer Schwäche, die sich des vereinten Ansturms der Interessentenhaufen nicht mehr erwehren kann. Der Staat wird von den gierigen Interessenten auseinandergerissen. […] Was sich hier abspielt, staatspolitisch noch unerträglicher als wirtschaftspolitisch, steht unter dem Motto: ‚Der Staat als Beute‘.“
Was Schmitt damit meinte, war also anschlussfähig an das politische Programm der Nationalsozialisten.
- Staat und Gesellschaft gehen vor die Hunde, wenn nicht bald was unternommen wird (Kulturpessimismus)
- es äußern sich zuviele Partikularinteressen, die auch um Macht und Einfluss kämpfen
- das Gerangel um Macht und Einfluss der Einzelinteressen ist schlecht, weil es die notwendige politische Einheitlichkeit und Uniformität des Volkes unterdrückt.
- es braucht einen starken Staat mit einer starken charismatischen Führungsfigur, die mal die Zügel in die Hand nimmt.
- der starke Führer, bei Schmitt der Reichspräsident, soll sich jenseits des Rechts stellen, wenn es zum Ausnahmezustand kommt, und Entscheidungen treffen, damit Recht wieder angewendet werden kann.
Der Ausdruck "Staat als Beute" ist seitdem mit diesen Vorstellungsbildern von Staat und Gesellschaft bekannt geworden und mit ihnen verknüpft. Auch heute wird er noch von Politiker*innen, Feuilletonschreiber*innen etc. benutzt, auch wegen seines historischen Bekanntheitsgrades.
"Stadt als Beute", erstrecht wenn man damit gegen mächtige politische Interessen argumentiert, ist nicht weit weg davon. Von "Stadt als Beute" als Ausdruck auch in einer ablehnend gemeinten Weise solltet ihr deshalb dringend Abstand nehmen. Zu leicht lässt sich der Ruf nach starken Führern daran anschließen.