Kompromiss bei Vorratsdatenspeicherung: Speichern - zehn Wochen ohne Anlass

Erstveröffentlicht: 
15.04.2015

Telefon- und Internetdaten der Bürger sollen künftig - ohne Anlass - zehn Wochen lang gespeichert werden. Darauf einigten sich Justizminister Maas und Innenminister de Maizière. Die Opposition kritisiert die Vorratsdatenspeicherung als Eingriff in Bürgerrechte.

 

Telefon- und Internetdaten der Bürger sollen zur Verbrechensbekämpfung in Deutschland künftig generell für zehn Wochen gespeichert werden. Diesen Vorschlag hat Bundesjustizminister Heiko Maas in Berlin vorgestellt. Demnach sollen die Telekommunikationsanbieter IP-Adressen und Verbindungsdaten zu Telefongesprächen höchstens zweieinhalb Monate speichern. Danach muss der Provider die Daten löschen - ansonsten droht eine Geldbuße.

 

Daten aus Funkzellen, also rund um Sendemasten und damit Standortdaten bei Handy-Gesprächen, sollen demnach für vier Wochen gespeichert werden. Nicht gespeichert werden dürfe der Inhalt der Kommunikation, betonte Maas. Das gelte auch für die aufgerufenen Internet-Seiten und Daten von Email-Diensten.

 

Die Leitlinien sehen zudem vor, dass keine Persönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellt werden.

 

Eingriff in Bürgerrechte oder Aufklärung von Straftaten?

 

Die Vorratsdatenspeicherung ist höchst umstritten, Datenschützer kritisieren sie als Eingriff in die Bürgerrechte. Zuletzt waren die Rufe nach der anlasslosen Speicherung von Verbindungsdaten nach den Anschlägen in Paris zu Beginn des Jahres wieder lauter geworden. Es gehe darum, "schwerste Straftaten in Zukunft besser aufklären zu können", sagte Maas.

 

Innenminister Thomas de Maizière bezeichnete die Leitlinien als "guten und klugen Kompromiss". Die vorgesehenen Regelungen seien wirksam und maßvoll zugleich. Die Sicherheit der Bürger werde damit verbessert und gleichzeitig würden deren Freiheitsrechte gewahrt, so de Maizière. Die Regelungen zielten dabei auf Terrorismus und kriminelle Vereinigungen. Er räumt dabei ein, dass Straftaten oder Anschläge auch mit der Vorratsdatenspeicherung nicht immer zu verhindern seien. Aber die Regelung könne dafür sorgen, dass die Täter "hinter Schloss und Riegel" kommen.

 

Maas - vom Kritiker zum Verteidiger

 

Während de Maizière schon in der Vergangenheit die vorübergehende Speicherung von Kommunikationsdaten zur schnelleren Aufdeckung von Straftaten forderte, hatte sich Maas lange dagegen gewehrt und sich offen gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen.

 

In den vergangenen Jahren waren zunächst das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht und schließlich eine EU-Richtlinie dazu vor dem EuGH gescheitert. Die Bundesregierung suchte daher nach einer neuen Lösung.

 

Kritik von Seiten der Grünen

 

Wegen der Neuregelung üben die Grünen deutliche Kritik an der SPD. Erst knicke der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel vor der CDU ein, jetzt sei Maas vor Gabriel eingeknickt, kritisierte die Rechtsausschuss-Vorsitzende des Bundestags Renate Künast.

 

"Vom entschiedenen Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung bis zur fertigen Einigung in weniger als sechs Wochen", konstatierte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt mit Blick auf Maas' Kehrtwende. "Die SPD räumt Bürgerrechte in atemberaubendem Tempo ab." Die Vorratsdatenspeicherung greife tief in die Rechte der Bürger ein, ohne terroristische Anschläge zu verhindern, so Göring-Eckhardt. Dennoch häufe die Bundesregierung jetzt "einen Haufen an Daten unbescholtener Bürger" an.

 

Der SPD-Vorsitzende Gabriel lobte nun seinen Justizminister: "Mit den Leitlinien zeigt Heiko Maas, dass es zwischen Sicherheit und Freiheit keinen Widerspruch gibt." Er zeigte sich zuversichtlich, dass der Vorschlag auch die Gemüter in den eigenen Reihen beruhigt.