Ex-Rechter als PR-Frontmann

Steve Feldmann/SchwittekFoto: GdP
Erstveröffentlicht: 
31.03.2015

Einstiger Möchtegern-Vereiniger der national-konservativen Szene spricht für die Gewerkschaft der Polizei

Ein aktueller Arbeitsgerichtsprozess offenbart, dass wie bei der Deutschen Polizeigewerkschaft auch bei der Gewerkschaft der Polizei ein ehemaliger extrem Rechter eine Heimat finden kann.

 

Es könnte ein besonderer Fall von politischem »Mobbing« sein. Vor dem Arbeitsgericht Berlin wehrt sich derzeit die ehemalige Pressesprecherin des Landesverbandes der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Silvia Brinkhus, gegen ihre Kündigung, die zum 31. März ausgesprochen wurde. Die geschasste Sprecherin argumentiert vor Gericht, dass ihr die Kritik an einem Vorstandsmitglied der GdP zum Verhängnis wurde. Ausgangspunkt für das »Mobbing« sei laut Brinkhus ein Vorfall aus dem Juli 2014 gewesen. Damals äußerte sich der GdP-Vorstands-Beisitzer Steve Feldmann im Fernsehen im Kontext von Fahrraddiebstählen wohl despektierlich über polnische Staatsbürger, die er als »alternative Spargelstecher« bezeichnete. Der von Gewerkschaftsmitgliedern als rassistisch aufgefasste Äußerung wollte Brinkhus mit einer öffentlichen Klarstellung begegnen. Am Ende wurde den Kritikern ein Brief geschickt, den Feldmann gegengelesen und dessen Formulierung abgeschwächt haben soll. Seit diesem Konflikt wurde Brinkhus »sämtlicher Arbeitsaufgaben entbunden und sie wurde auf eine reine Assistenztätigkeit reduziert«, so ihr Anwalt vor Gericht.

 

Inwiefern die intolerante Äußerung letztendlich zur Kündigung der Pressesprecherin führte, will das Arbeitsgericht bei einem Termin im Juni klären. Das derzeit für die Pressearbeit ehrenamtlich verantwortliche Vorstandsmitglied Steve Feldmann wirft unterdessen in vielerlei politischer Hinsicht Fragen auf. Denn über viele Jahre war Steve Feldmann, der bis zu einer Hochzeit im Jahre 2008 Steve Schwittek hieß, in verschiedenen Funktionen innerhalb der rechten Szene aktiv. Als Kreisvorsitzender des »Bundes Freier Bürger - Offensive für Deutschland« (BFB) in Marzahn-Hellersdorf ging Steve Schwittek im Jahr 2000 juristisch gegen das »nd« vor, nachdem er dort als »Nazi« bezeichnet worden war. Schwittek zog vor Gericht den Kürzeren, das Strafverfahren wurde eingestellt. Der Berliner Landesverband des BFB wird von Experten im bundesweiten Vergleich als besonders »extrem« eingestuft. Er fiel vor allem mit Demonstrationen und seiner Ablehnung gegen die Errichtung des Mahnmals für die ermordeten Juden Europas auf.

 

Nach der Auflösung des extrem rechten BFB blieb Schwittek als Bundesvorsitzender der sogenannten Freiheitlichen Jugend dem Milieu über Jahre verbunden. Ziel der Organisation war es, möglichst viele Gruppen aus der Grauzone zwischen nationalliberal-konservativem und extrem rechtem Milieu zu vereinen. Zu über 70 Gruppen sollen der Strippenzieher Schwittek und sein Jugendverband Kontakt aufgenommen haben. Schwittek hielt auch Kontakt zur rechtsextremen österreichischen FPÖ von Jörg Haider. Eine weitere Kleinstgruppierung, die in die Freiheitliche Jugend aufgenommen wurde, war die Jugend der rechtsextremen Deutschen Partei (DP), die zeitweise von mehreren Verfassungsschutzämtern beobachtet wurde. Schwittek verfasste überdies Artikel im »Denkzettel«, einer Postille in der er sich im Jahr 2004 für die »Junge Freiheit« einsetzte, die zu diesem Zeitpunkt vom Verfassungsschutz des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen beobachtet wurde. In einem seiner Artikel irrlichterte er beispielsweise im Zusammenhang mit dem Nürnberger Kriegsverbrecherprozess gegen die nationalsozialistischen Täter von einem »Schauprozess«, »in dem deutschen Spitzenfunktionären aus Politik und Militär stellvertretend für das deutsche Volk die Kollektivschuld am 2. Weltkrieg aufgebürdet werden soll«. Noch im Jahr 2009 wurde Schwittek im Magazin »Blick nach Rechts« in einem Beitrag als Aktiver aufgeführt, der mit der extrem rechten »Freiheitlichen Initiative Deutschland« verbunden sei.

 

Doch wie passt ein wohl einst gefestigter und wortgewaltiger rechter Funktionär mit der Satzung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zusammen? In der heißt es unter anderem im Paragraph 2: »Undemokratische Bestrebungen jeder Art lehnt sie ab«. Außerdem sei die Organisation der Solidarität mit Polizeigewerkschaften anderer Staaten verpflichtet.

 

Im Landesvorstand der GdP ist die politische Vergangenheit ihres ehrenamtlichen PR-Frontmannes offenbar nur bedingt bekannt. In Vertretung der Landesvorsitzenden, die sich im Urlaub befindet, erklärt der Co-Vorsitzende Detlef Herrmann dem »nd« zu Feldmann/Schwittek: »Ich kenne die Organisationen nicht.« Außerdem seien viele Menschen in ihrer Jugend auf »anderen politischen Wegen« unterwegs gewesen, wie etwa »Joschka Fischer, der von den Linksextremisten zum Grünen-Außenminister« wurde. Die rechte Vergangenheit Feldmanns sieht die GdP als »Verirrung« an.

 

Kommissar Steve Feldmann selbst, der für die Öffentlichkeitsarbeit der GdP auch konzeptionell zeichnet, betont, dass er nicht »rechtsextrem« gewesen sei. Überdies sei »seine politische Betätigung« seinem Dienstherrn von der Polizei bekannt gewesen. Es habe deshalb »keine Bedenken« gegeben, so Feldmann gegenüber »nd«. Und: »Mein politisches Weltbild hat sich stark verändert, ich würde so etwas heute nicht mehr tun.«

 

Ob solche Distanzierungen angesichts der langen Betätigung glaubhaft sind, bleibt fragwürdig. Aktuell wird eine rechte Vergangenheit auch in einem weiteren Fall diskutiert: Das linksradikale Antifa-Infoblatt hat jüngst die Vergangenheit des Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Bodo Pfalzgraf, aufgeworfen, der einst bei den extrem rechten Republikanern als Direktkandidat antrat. Für den Innenexperten der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Hakan Taş, werfen beide Fälle allgemeine Fragen auf. »Gewerkschaften dürfen keine rechtsradikalen Stempel abbekommen«, sagt Taş. Sie sollten genau drauf achten und überprüfen, wer in welche Funktion kommt. Auf jeden Fall seien Gewerkschaften kein Ort, in denen sich rechte Menschen entfalten dürften, betont Taş.