Ausnahmezustand in Völklingen – Massives Polizeieinsatz verhindert Ausschreitungen

"Neonazis wegputzen" war das Motto der Gegenverantstaltung.

Zwölf Uhr Mittags – High Noon. Im saarländischen Völklingen werden die Geschäfte in der Innenstadt geschlossen, der Wochenmarkt eilig abgebrochen, Anwohner_innen flüchten in ihre Häuser. Schon vor Tagen wurden sie gewarnt. Auf den Flugzetteln prangte in mittelalterlicher Zierfraktur das Gebot des Tages: Es reicht!


Aus dem gesamten Saarland und der angrenzenden Pfalz waren die Kameradschaften angereist. Auf ihren T-Hemden ist „Deutsch ist die Saar“ zu lesen. In Old English … Gangsterstyle. Die Staatsmacht war darauf vorbereitet. Ausschreitungen wir im letzten Jahr solle es nicht noch einmal geben. Die Beamten waren mit einem Verhältnis von 1:5 deutlich überlegen. Man hatte gelernt aus der Vergangenheit. Anstatt, wie im vergangenen November, den gesamten Hindenburgplatz abzusperren, überließ man den Braunen heute das Feld. Die Hamburger Gitter wurden stattdessen in der Bismarckstraße aufgebaut um den dortigen antifaschistischen Protest im Zaun zu halten. Hier versammelten sich fast sechsmal mehr Menschen um die Neonazis wegzuputzen.

Der Nazitross setzte sich mit gut einer Stunde Verspätung in Gang, was nicht zuletzt der schieren Zahl der Beteiligten geschuldet war. Ein vorhergesagtes Aufeinanderprallen beider Parteien in der Bismarckstraße konnte erfolgreich abgewandt werden. Resigniert von der Polizeiübermacht, wurde die Gegenkundgebung vorzeitig aufgelöst. Auch auf Seiten der Kameradschaften verlief der Aufzug ohne nennenswerte Zwischenfälle. Einigen wenigen Anwohner_innen war es gelungen die Polizeisperren zu überwinden. Sie verliehen ihrem Unmut hörbar Ausdruck. Die reichlich zugeteilten Ordner hatten Mühe die eigenen Kamerad_innen zur Ordnung zu rufen – zeitweise war der Demozug so weit auseinandergezogen, dass kaum genug Kamerad_innen den Lautsprecherwagen vor potentiellen Angriffen hätten schützen können. Für den nötigen Schutz sorgte stattdessen die Polizei. Der Fahrzeugtross, der dem Demozug folgte, hätte ausgereicht jede_n Veranstaltungsteilnehmer_in einzeln in Sicherheit zu bringen.

Der heutige Samstag war nur die Generalprobe für den kommenden Montag, wenn um 18:30 Uhr mehrere Tausend Neonazis und noch mehr Gegendemonstrant_innen zum Abendspaziergang der Sagesa in Völklingen erwartet werden. Der Einsatzleiter, der die Maßnahmen aus der Landeshauptstadt Saarbrücken koordiniert, bedankte sich bei allen Beteiligten der Übung. Er hob insbesondere das ehrenamtliche Engagement der sechs Mitglieder der Sturmdivision Saar und der beiden Kameraden des Nationalen Widerstands Zweibrücken auf der einen, und den fast 60 Aktiven der Partei Die Linke, IG Metall und Jusos auf der anderen Seite hervor. Lediglich die vom ehemaligen NPD-Funktionär Wilhelm Herbi begangene Ordnungswidrigkeit – er urinierte demonstrativ Richtung Rathaus in die Hecken des Hindenburgplatzes – werde noch Konsequenzen nach sich ziehen.