"War On Drugs - Amerikas längster Krieg" - Film und Vortrag

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Sa. 14. März. 19:00 | Infoladen Benario | Nürnberger Str. 82 | Fürth | Der "Krieg gegen Drogen" wird von vielen US-Bürger*innen eher als "Krieg gegen Arme" wahrgenommen. Die Dokumentation "War On Drugs" spricht mit Fahndern, Justizmitarbeiter*innen, Betroffenen und ihren Angehörigen. Der Film zeichnet ein drastisches Bild vom längsten und längst verlorenen Krieg der USA.

Wo die Opfer dieses Krieges landen, zeigt ein vorher gehaltener Vortrag. Der Gefängnis-Industrielle-Komplex ist – gemessen an Beschäftigtenzahlen, längst einer der wichtigsten Arbeitgeber der USA. Eben diesen Knastalltag erleben immerhin ¼ aller auf diesem Planeten inhaftierten Menschen (UN-Angaben), weil sie in den Staaten (die jedoch nur 5 % der Weltbevölkerung beherbergt) einsitzen.

Auf ihrer Farewell-Veranstaltung zur Ausstellungskampagne „Prison Nation – Liberation“ rückt die Rote Hilfe das Schicksal der Verlierer*innen eines gnadenlosen sozialen Krieges einmal mehr in den Mittelpunkt: moderne Sklaverei...

 

„Amerikas Staatsfeind Nummer eins ist der Drogenmissbrauch!“ Mit diesen bedeutungsschwangeren Worten ging Richard Nixon in seinem Wahlkampf 1971 auf Stimmenfang. Eugene Jarecki leitet mit diesem Zitat in seinen Dokumentarfilm „Drogen: Amerikas längster Krieg“ ein.

 

Darauf folgen historische Aufnahmen von US-amerikanischen Staatspräsidenten, die sich einer ähnlich platten Pars-pro-toto-Rhetorik bedienen. Barack Obama setzt lieber auf die Ideale seiner unverbrüchlich freiheitsliebenden US-BürgerInnen: Demokratie, Freiheit, Aufstiegschancen, Hoffnung.

 

Im Schatten einer Bilderflut des sogenannten „War on Drugs“, die von einer diskriminierenden und rassistischen Kriegsführung zeugen, kommt dieser Idealismus jedoch sehr zynisch daher. Seit 1971 kostete der „Krieg gegen Drogen“ über 1 Billion Dollar und führte zu 45 Millionen Verhaftungen. Der illegale Drogenkonsum blieb dennoch unverändert.

 

Eugene Jarecki wird in eine Familie hinein geboren, die sich, vom Holocaust vertrieben, in den USA ein nicht nur menschenwürdiges, sondern sogar privilegiertes Leben aufbauen konnte. Herkunft und Haltung der Eltern prägen und sozialisieren den zukünftigen Filmemacher, großgezogen wird er jedoch von der afroamerikanischen Haushälterin seiner Familie, deren Kinder in einem Milieu aufwachsen, das keinen gesellschaftlichen Aufstieg zulässt.

 

So zerstörerisch wie Drogen selbst

Zunehmend erhält der heranwachsende Eugene Einblicke in die Erlebniswelt seiner Nanny und ihrer Familie, die von Gewalt und Drogen dominiert wird. Er erkennt, dass der Krieg gegen Drogen mindestens ebenso zerstörerisch auf das Leben Betroffener einwirken kann, wie die Drogen selbst.

 

Um diese Familiengeschichte spinnt der Filmemacher ein Netz an Argumentationssträngen, um das Scheitern der US-amerikanischen Drogenpolitik nach und nach freizulegen. Er begleitet PolizistInnen, DrogenhändlerInnen, Richter und Gefängniswärter in ihrem meist frustrierenden Alltag, lässt SoziologInnen und DrehbuchautorInnen zu Wort kommen und präsentiert dadurch eine breite Spannweite an Sichtweisen, Fakten und Erfahrungen.

 

Shanequa Benitez etwa verkauft lieber Drogen, als zur Schule zu gehen. Sie hat den Namen ihres Viertels auf ihren Arm tätowiert. Es erscheint wie eine Doppelung einer gesellschaftlichen Brandmarkung. „Ich glaube, die Leute begreifen nicht ganz, dass diese Kinder rationale Entscheidungen treffen“, so der Journalist Jonathan Kaufmann. Und auch Autor David Simon („The Wire“) scheut sich nicht die Realität zu benennen: „An einer Straßenecke Drogen zu verkaufen ist genauso vernünftig als würde man für die einzige Firma in einer bestimmten Stadt arbeiten“.

 

Der einzige funktionierende Wirtschaftszweig

Tatsächlich ist in manchen Stadt- und Landesteilen der Drogenhandel der einzig funktionierende Wirtschaftszweig. Mit Chancengleichheit hat so eine Lebensrealität freilich nichts zu tun. Auch für den Bundesrichter Marc Bennet steht außer Frage, dass die Strafgesetze überproportional auf Arme und Minderheiten angewendet werden.

 

Das provokativste Statement gibt aber schließlich der Historiker Richard Lawrence Miller ab. Er entlarvt den „Krieg gegen Drogen“ als eine systematische Zerstörung der einfachen Bevölkerungsschicht. Analytisch legt er die historische Entwicklung amerikanischer Drogengesetze dar, die sich stets dann verschärften, wenn dafür eine möglichst hohe Anzahl an MigrantInnen belangt werden konnte. Ein „Holocaust in Zeitlupe“ sei das, kommentiert David Simon die Worte des Wissenschaftlers.

 

Eugene Jareckis Dokumentation ist ein Film über einen nicht enden wollenden Klassenkampf. Der mehrfach ausgezeichnete Filmemacher – „Drogen: Amerikas längster Krieg“ gewann unter anderem den Großen Preis der Jury beim Sundance Film Festival – will jedoch mehr als nur politisch anzuklagen. Ausgehend von seinem persönlichen Umfeld zieht er argumentativ weite Kreise und bastelt aus wissenschaftlichen Fakten, emotionalen Statements und einem entlarvenden Sinn für Zusammenhänge eine ausgedehnte und fundiert recherchierte Reportage.