Brandenburg an der Havel: Brandenburger PEGIDA-Ableger „BraMM“ zieht etliche Neonazis / Marsch durch die Innenstadt / Proteste am Neustädtischen Markt

Impressionen

In Brandenburg an der Havel protestierten am frühen Abend mehrere hundert Menschen auf dem Neustädtischen Markt gegen eine „Demo für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung im Sinne der Pegida-Bewegung“ der von den REPUBLIKANERn (REP) gelenkten Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM). An dieser beteiligten sich wiederum ungefähr 150 Personen, hauptsächlich Hooligans, Neonazis und Rassist_innen, die sich in Hör- und Sichtweite der Gegendemonstrant_innen versammelten und von dort über die Steinstraße zum Trauerberg zogen.


BraMM imitiert PEGIDA

 

Die seit 2014 bekannte Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ zeigte sich erstmals auf den Versammlungen der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) in Dresden. Dort trat sie unter anderem am 22. Dezember 2014 mit einem eigenen Hochbanner auf. Seit Ende des vergangenen Jahres ist BraMM nun bestrebt  das PEGIDA Konzept der Montagsaufzüge nach Brandenburg zu tragen. Der heutige Aufmarsch sollte in diesem Sinne den Anfang bilden. Allerdings ist die BraMM selbst im eigenen Lager nicht unumstritten, denn die Mutterorganisation PEGIDA hat sich inzwischen von ihrem Brandenburger Ableger distanziert. Die „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ seien nämlich keine Interessengemeinschaft von Bürger_innen, sondern eine Schöpfung einer politischen Partei, den REPUBLIKANERn. Der Brandenburger Vorsitzende der REPs, Heiko Müller aus Ludwigsfelde, wird als Verantwortlicher der Internetseite von BraMM benannt, nahm heute Abend die Funktion des Versammlungsleiters während des Aufmarsches war und hielt mehrere Redebeiträge.

 

BraMM und die extreme Rechte

 

Des Weiteren ist das Hauptthema der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ nicht die angebliche „Islamisierung des Abendlandes“, sondern der Protest gegen eine vermeintlich zu lockere Asylpolitik. In einem 13 Punkte Papier fordert die Initiative deshalb u.a. die Verschärfung des Asylrechtes bzw. die konsequente Anwendung der geltenden Rechtsnormen. Und auch den Asylsuchenden, deren Asylstatus in der Bundesrepublik anerkannt wurde, soll das Leben offenbar so schwer wie möglich gemacht werden, geht es nach Punkt 10 der BraMM-Forderungen: „(…)gegen die weitere Förderung der deutsche Sozial- und Integrationsindustrie“.

Insofern sind deutliche Anknüpfungspunkte zu Positionen der extremen Rechten erkennbar. Nicht um sonst, wurde die heutige Veranstaltung in Brandenburg an der Havel auch sowohl auf der Internetseite der REPUBLIKANER, als auch in der Chronik der Socialmedia-Auftritte des NPD Kreisverbandes Havel-Nuthe sowie der „NPD Potsdam-Mittelmark“ beworben.

Insofern muss deshalb auch die Initiativenbezeichnung „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ in Frage gestellt werden. Diese suggeriert nämlich das „Meinungsfreiheit“ und „Mitbestimmung“, trotz ausdrücklicher Garantie durch das Grundgesetz, in der Bundesrepublik bisher nicht verwirklicht wurden. Wäre dies der Fall, wäre eine Versammlung oder Meinungskundgabe der „BraMM“ jedoch heute nicht möglich gewesen. Deshalb bleibt die berechtigte Frage, an welche Art der „Meinungsfreiheit“ die Initiative überhaupt interessiert ist. Etwa an Äußerungen, die momentan den Straftatsbestand der Volksverhetzung erfüllen?

Ebenso muss hinterfragt werden, welches Publikum die „BraMM“ erreichen will. Unter den 150 Teilnehmer_innen befanden sich größere Neonaziabordnungen aus Brandenburg an der Havel, dem Havelland, Potsdam, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Ostprignitz-Ruppin.

Die NPD war mit mehreren Kreistagsabgeordneten und Stadtverordneten, darunter Michel Müller aus Rathenow sowie André Schär und Pascal Stolle aus Bad Belzig vertreten.

Aus Grabow war Maik Eminger, Drahtzieher der „Freien Kräfte“ in Potsdam-Mittelmark angereist.

Aus Brandenburg an der Havel nahm der verurteilte Totschläger Sascha Lücke teil. Lücke hatte übrigens während der Versammlung einen verbotenen Gruß gezeigt und wurde daraufhin kurzzeitig von der Polizei in Gewahrsam genommen worden.

Auch einige Ordner_innen sind als Mitglieder der militanten Neonaziszene bekannt, beispielsweise Patrick H. Der Glatzkopf gilt als Sympathisant der „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“ und trug deren Banner bei mehreren Neonaziaufmärschen. Heute trug er eine gelbe Ordnerweste und sicherte den BraMM-Marsch.

Dazu kamen rechte Hooligans des BFC Dynamo und des FC Stahl Brandenburg. Selbst die „Identitäre Bewegung“ zeigte heut Abend Flagge.

Offiziell kritisch beäugt werden die Konkurrenten um die Wählergunst im bürgerlich konservativen Lager hingegen von der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Diese argumentiert ähnlich wie PEGIDA und lehnte die Versammlung in Brandenburg an der Havel bereits im Vorfeld deshalb ab, weil eine politische Partei dazu aufgerufen hatte. Jedoch nahm der Stellvertretende Vorsitzende der AfD Havelland, Norman Wollenzien, auch aktiv an der BraMM-Demo teil. Er hielt dabei ein Schild mit der Aufschrift: „Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern“ in der Hand. Verständlich das die AfD trotz aller Kritik an der Demo so auch nicht an den Protesten gegen BraMM teilnehmen wollte.

 

Proteste gegen BraMM

 

Die Proteste gegen die heutige Veranstaltung der BraMM wurden eher von den großen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in der so genannten „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“ vertreten sind, getragen. Zu einer von dieser Gruppe  unter dem Motto „Für ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“ veranstalteten Gegendemonstration kamen ungefähr 500 Menschen, darunter auch Bildungsminister Günter Baaske (SPD) und Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU).

 

Fotos:

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