Farbanschläge in Neukölln

Erstveröffentlicht: 
12.01.2015

Eine Gruppe vermummter Menschen warf Farbbeutel und zerstörte Fensterscheiben von Banken und Geschäften. Verteilte Flyer fordern die Aufklärung des Todes von Oury Jalloh.

 

Bis zu 50 Vermummte bewarfen am Samstagabend in Berlin das Rathaus und Amtsgericht Neukölln mit Farbbeuteln, teilte die Polizei am Sonntag mit. Außerdem wurden benachbarte Geschäfte, darunter zwei Bank-Filialen, sowie das Fahrzeug eines Sicherheitsdienstes durch Steinwürfe beschädigt. Vor einer Polizeistation in der Rollbergstraße wurden zudem sogenannte spitze Krähenfüsse auf der Straße verteilt. Dabei wurden die Reifen von einem vorbeifahrenden Auto beschädigt. In der Sonnenallee wurde bei einer Polizeistation die Toreinfahrt durch ein Kettenschloss verschlossen.

Nach Polizeiangaben sind vier Tatverdächtige festgenommen worden. Zwei von ihnen wurden dem Staatsschutz übergeben, der die Ermittlungen übernommen hat. In der Umgebung des Neuköllner Rathauses wurden Flugblätter gefunden, auf denen Aufklärung im Fall des gestorbenen Asylbewerbers Oury Jalloh gefordert wird. Jalloh starb vor zehn Jahren bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle, sein Tod ist immer noch ungeklärt und war wiederholt Motiv für Anschläge auf öffentliche Gebäude.

Bereits in der Nacht zu Donnerstag hatten bis zu 50 Vermummte mit Farbbeuteln und Pflastersteinen eine Polizeistation im Leipziger Stadtteil Connewitz angegriffen. Im Internet tauchte daraufhin ein Bekennerschreiben einer Gruppe »Oury Jalloh unvergessen!« auf.

Jalloh starb am 7. Januar 2005 an einer Liege gefesselt bei einem Brand in einer Gewahrsamszelle. Nach Darstellung der Polizei soll der Flüchtling die Matratze mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben. Der BGH hatte 2014 in letzter Instanz die Verurteilung eines ehemaligen Dienstgruppenleiters der Polizei wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10 800 Euro bestätigt. Vorausgegangen waren mehrere Strafprozesse in Sachsen-Anhalt und ein Verfahren vor dem BGH in Karlsruhe. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau prüft seit einem Jahr, ob es weitere Ermittlungsansätze zum Grund für den Ausbruch des Feuers gibt. epd/nd