Leipzig. Die Messestadt rüstet sich für die längste Nacht des Jahres. Hunderttausende Menschen werden von Mittwoch bis Donnerstag in Leipzig feuchtfröhlich und mit jeder Menge Pyrotechnik gewappnet das neue Jahr begrüßen. Nicht nur in der traditionell latent explosiven Silvesterszenerie rings ums Connewitzer Kreuz müssen sich Sicherheitskräfte, Verkehrsbetriebe und Stadtverwaltung dabei außergewöhnlichen Herausforderungen stellen. Mit Blick auf Anschlagsdrohungen im gesamten Stadtgebiet ist die Lage in diesem Jahr besonders angespannt. Die Polizei reagiert darauf mit außergewöhnlichen Maßnahmen.
Die Beamten richten in der Messestadt einen speziellen Kontrollbereich
ein, hieß es am Dienstag. Die entsprechende Genehmigung dazu habe das
Innenministerium unlängst erteilt. Zu räumlichen und zeitlichen Grenzen
der Zone wurden aus „einsatztaktischen Gründen“ keine Angaben gemacht.
Klar ist nur: Wer sich innerhalb der nicht genau benannten Zone befinde,
müsse damit rechnen, dass die Polizei sie oder ihn verdachtsunabhängig kontrollieren
könne. „Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle gebracht
werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter
erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann“, so die weiteren
Bestimmungen im Sächsischen Polizeigesetz.
Als Begründung für die erweiterten Befugnisse wurde die ernste Lage angesichts des Gewaltaufrufs im Internet genannt, der durch
mehrere Sachbeschädigungen
in den vergangenen Tagen auch noch manifestiert wurde. Seit Mitte Dezember existiert ein Blogbeitrag auf einem
niederländischen Internet-Server mit 50 Zielen
, die am Silvesterabend in Leipzig angegriffen werden sollen – darunter
Immobilienfirmen, Bankfilialen und Wohnungen von bekannten
Rechtsextremen.
Zusätzliche Unterstützung durch Bereitschaftspolizei – Spontandemos möglich
Zur
Umsetzung der Kontrollen, zur Observation der genannten Anschlagsziele
und zur Absicherungen weiterer örtlicher Schwerpunkte in der Stadt
erhalten die Beamten der Leipziger Polizei zudem Unterstützung
durch die Bereitschaftspolizei. „Wir sind personell gut aufgestellt“,
versicherte Sprecher Andreas Loepki am Dienstag gegenüber LVZ-Online.
Auch auf Spontandemonstrationen im Leipziger Süden, so wie im
vergangenen Jahr, sei man vorbereitet.
„Es wird ein Vertreter der Versammlungsbehörde der Stadt vor Ort sein, um gegebenenfalls kurzfristige Anmeldungen
entgegennehmen zu können“, so Loepki weiter. Nicht zuletzt gehöre der
Augustusplatz, wo im vergangenen Jahr mehr als 6000 Menschen das neue
Jahr begrüßten, zum Schwerpunktgebiet der polizeilichen
Sicherheitsbemühungen.
LVB-Automaten außer Betrieb – eingeschränkter Linienbetrieb ab 23 Uhr
Auch
andere Institutionen in der Messestadt arbeiten seit Tagen an
präventiven Maßnahmen. Um Geräte und Mitarbeiter zu schützen, werden die
Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) am Silvesterabend, wie bereits in den
Jahren zuvor, den üblichen Linienbetrieb rings um das Connewitzer Kreuz temporär aussetzen.
Zwischen 23 Uhr und 4 Uhr enden alle Fahrten der Straßenbahnen an der
Haltestelle HTWK. Ersatzbusse von und nach Markkleeberg werden das
Stadtteilzentrum weiträumig umfahren. Genauere Informationen zu
Einschränkungen und zusätzlichen Fahrten auf jeder einzelnen Linie seien
an den Haltestellen und
im Internet zu finden
.
Bereits seit Dienstag ist aus Vorsicht vor Böllern ein Großteil der 155 Fahrkartenautomaten im Stadtgebiet außer Betrieb,
sagte LVB-Sprecher Marc Backhaus. „Nur in der Innenstadt funktionieren
diese derzeit noch. Am Mittwochvormittag werden alle verbliebenen
geleert und abschaltet“, so Backhaus weiter. Wer danach noch ein Ticket
benötige, könne dieses in den Straßenbahnen, in Partner-Supermärkten,
Zeitungskiosken, online im Internet oder via „Easy Go“-App auf dem
Smartphone erwerben. Nach Angaben des Haltestellen-Dienstleisters
JCDecaux werden die Unterstände an der Mathildenstraße und am
Connewitzer Kreuz präventiv entglast.
Aufgrund des zu erwartenden Andrangs im Süden und im Zentrum Leipzigs hat die Stadtverwaltung für den 31. Dezember verschiedene operative Straßensperrungen
erlassen. So wird es ab spätestens 23 Uhr keine Überfahrt des
Augustusplatzes und keine Einfahrt in die Goethestraße südlich der
Ritterstraße geben. Das Connewitzer Kreuz mit seinen Zufahrtswegen
Kochstraße, Selneckerstraße, Wiedebachplatz und Scheffelstraße sei
bereits ab 21 Uhr gesperrt. Mit Aufhebung der Fahrverbote sei frühestens
am 1. Januar ab 5 Uhr – abhängig von den Aufräumarbeiten – zu rechnen.
In den vergangenen Jahren waren die Silvesterfeierlichkeiten in Leipzig überwiegend friedlich
abgelaufen. Vereinzelt kam es nach Abklingen der Böllerei im Leipziger
Süden zu Flaschen und Steinwürfen auf Polizisten und es wurden
Müllcontainer angezündet.