Ein vergleichbares Bündnis gab es in Deutschland wohl noch nie: In der sachsen-anhaltischen Gemeinde Muldestausee sitzen zwei Abgeordnete der rechtskonservativen AfD gemeinsam mit zwei Vertretern der Linkspartei in einer Fraktion, neben Vertretern von Wählergruppen wie der Feuerwehr und einer Einzelbewerberin.
Die Führung der Linkspartei in Sachsen-Anhalt reagierte am Montag empört: "Mit einer Partei, in der Fremdenfeindlichkeit und Nationalchauvinismus den programmatischen Teil bestimmen, ist eine Zusammenarbeit in jeder Form und auf jeder Ebene ausgeschlossen", sagte die Landesvorsitzende Birke Bull.
Die Fraktion "Pro Muldestausee" in der Gemeinde nahe der Grenze zu Sachsen wurde bereits im Sommer gebildet - überregional bekannt wurde die Zusammenarbeit mit der AfD aber erst jetzt. Vorsitzender der Fraktion ist Thomas Ehrlich aus Pouch, einem von 13 Ortschaften, aus denen Muldestausee 2010 gebildet wurde. Parteimitglied ist er nicht, wurde aber auf Wahlvorschlag des Kreisverbandes Anhalt-Bitterfeld in den Gemeinderat gewählt, ebenso wie seine Kollegin Uta Arendt.
Es hackt ja wohl total. In Sachsen-Anhalt bilden #LINKE u.a. gemeinsam mit #AfD eine Fraktion http://t.co/mzgB4kgTAq pic.twitter.com/R6zBEJpAJO
— Katharina König (@KatharinaKoenig) 29. Dezember 2014
Ehrlich will sich vor einem Gespräch mit dem Linke-Kreisvorstand nicht weiter äußern. Dieses werde erst in ein oder zwei Wochen stattfinden, sagte er dem Tagesspiegel. Die beiden AfD-Vertreter in der Fraktion "Pro Muldestausee" sind Parteimitglieder.
Fraktionschef: Es gibt viele Gemeinsamkeiten
Zuvor hatte er sich in einem Gespräch mit n-tv.de positiv zur Zusammenarbeit mit der AfD geäußert. "Es gibt viele Gemeinsamkeiten", sagt der Fraktionschef dem Onlineportal. "Wir Linken sind zu 100 Prozent sozial, von denen kann man nichts anderes behaupten."
"Das geht schlichtweg nicht"
Rechts und links, wie kann das zusammenpassen? Offenbar ganz gut. "Aus Sicht der Linken mag das nicht begrüßenswert sein, aber ich sehe das ziemlich locker", sagt Ehrlich, der bei der Wahl auf der Linken-Liste kandidierte, aber nicht Mitglied ist. "Wie die AfD-Leute setzen wir uns für den Erhalt von Kitas, Schulen und Spielplätzen ein." Nur mit einer möglichst starken Fraktion könne man Politik machen, "sonst hat man keine Chance". Auch Sven Manke, der Fraktionskollege von der AfD, spricht von einer "guten und zuverlässigen Zusammenarbeit". Es gebe keinen Fraktionszwang, "wenn wir mal anderer Meinung sind, dann ist das eben so".
In einer gemeinsamen Erklärung schreiben Linke-Landeschefin Birke Bull und der Kreisvorsitzende Frank Ressel: "Für die Linke ist eine Zusammenarbeit mit der AfD und deren Mitgliedern nicht akzeptabel. Uns trennen grundsätzliche Positionen: Die AfD steht für marktradikale Lösungen und nationale Abschottung, die Linke kämpft dagegen für eine stärkeren sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich. Die Ausgrenzungsstrategie gegen Minderheiten, die Ablehnung von Gleichstellung und von Sozialstaatlichkeit macht die AfD für uns zum politischen Gegner."
Weiter heißt es, diese Unvereinbarkeit habe der Linke-Kreisverband erst kürzlich per Beschluss fixiert. Landeschefin Bull und der Kreisvorsitzende Ressel forderten die beiden parteilosen Mitglieder auf, die Zusammenarbeit mit der AfD umgehend zu beenden. "Andernfalls wird die Linke im Gemeinderat der Gemeinde Muldestausee nicht mehr vertreten sein."
Die Kooperation von Linken und AfD hatte die thüringische Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König publik gemacht. Auf Twitter kommentierte sie: "Es hackt ja wohl total."