"Menschenunwürdig und unchristlich" - Massive Kritik an Sachsens Abschiebe-Praxis

Erstveröffentlicht: 
29.12.2014

Leipzig. Der LVZ-Bericht über die nächtliche Abschiebung einer 18-jährigen Tschetschenin kurz vor Weihnachten hat Wellen geschlagen. Zahlreiche Reaktionen gingen und gehen seitdem ein.

 

Als einer der ersten meldete sich Ex-Thomaskirchenpfarrer Christian Wolff, der das Drama zum Anlass genommen hat, einen Blog im Internet einzurichten. "Was kurz vor Weihnachten in Leipzig geschah, ist leider kein Einzelfall", schreibt er. In Sachsen habe es sich inzwischen zum schändlichen Ritual entwickelt, dass nachts entweder der Vater oder ein gerade volljährig gewordenes Kind einer Familie abgeschoben wird - in der Erwartung, dass die ganze Familie "freiwillig" nachreise. Zugleich prahle Innenminister Markus Ulbig (CDU), der für dieses Vorgehen die politische Verantwortung trage, damit, dass Sachsen bundesweit die höchste Abschiebequote hat. Dies seien "Nacht- und Nebelaktionen, die eines demokratischen Staatswesens unwürdig sind", so Wolff. In einem Schreiben an die sächsischen Bischöfe fordert der Theologe, dass beide Kirchen "zeitnah, unmissverständlich und vor allem öffentlich gegen diese Praxis" protestieren.

"Mit Bestürzung" hat LVZ-Leser Bernd Pietsch den Artikel gelesen. Ein solches Vorgehen sei "ein beschämendes Armutszeugnis für unsere Gesellschaft und die Politik". SPD-Stadtrat Christopher Zenker erklärt: "Die Umstände der Abschiebung der jungen Tschetschenin sind menschenunwürdig, unethisch und unchristlich." Ähnlich äußerten sich Gisela Kallenbach (Grüne) und viele weitere.

Unter dem Motto "Keine Winterabschiebung in Sachsen: Asyl ist eine Frage der Menschlichkeit!" haben Leipziger Pfarrer eine Weihnachtskampagne gestartet sowie eine Online-Petition auf der Plattform "Open Petition" initiiert (die LVZ berichtete). Die Initiative soll Druck für die Entscheidungssitzung im Innenausschuss am 15. Januar machen.