Drei Polizisten auf einen Hool

Erstveröffentlicht: 
15.11.2014

HoGeSa-Demonstration in Hannover

 

Radikale Anti-Islamisten versammeln sich in Hannover zur Kundgebung, die Polizei reagiert mit massiver Präsenz - wie es aussieht, mit Erfolg. "Wir werden immer mehr", krakeelt ein Rechtspopulist auf der Veranstaltung, doch es kommen weit weniger Hooligans und Rechtsextreme als erwartet.

 

Von Carsten Eberts, Hannover

Wie viele Polizisten passen in eine Innenstadt? Es ist kein Aufgebot an diesem Samstag in Hannover, es sind eher Truppen, die versuchen, den Hannoveraner Hauptbahnhof zu sichern. Vor drei Wochen in Köln hatte sich die Polizei von der großen Anzahl Hooligans überraschen lassen, die sich dem Aufruf der Gruppierung "HoGeSa" (Hooligans gegen Salafisten) angeschlossen hatten. Das soll in Hannover nicht passieren.

Tausende Beamte mit Westen, Helmen und Schlagstöcken sind unterwegs. Lange Ketten an Polizeiwagen und Wasserwerfern stehen rund um den Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB), wo die Kundgebung stattfand. Am Raschplatz, wo sich zwischen zwei Kinos sonst die Leute tummeln: Sperrgebiet, kein Normalbürger darf herein. Eine gespenstische Atmosphäre.

 

Abschreckende Polizeipräsenz

Die Polizei hätte die Veranstaltung gerne verboten, doch das Verwaltungsgericht widersprach im Sinne der Versammlungsfreiheit. Nun reagiert sie auf ihre Weise: mit massiver Präsenz. Einen größeren Polizeieinsatz hat es in der jüngeren Hannoveraner Vergangenheit nicht gegeben. Auf ein Mitglied der Hooligan-Demonstration kommen schätzungsweise drei Polizisten. Die sonst so friedlich-trubelige Innenstadt nördlich des Bahnhofs: lahmgelegt.

 

Die Hooligans reagieren auf ihre Weise. Es war ja ohnehin die Frage, ob die Vielzahl der Auflagen ihnen nicht von vornherein den Spaß vermiesen würde. Die Anzahl der vom Gericht erlassenen Einschränkungen war beträchtlich: Allgemeines Alkoholverbot, auch in Regionalbahnen während der Anreise. Genaue Auswahl der Ordner. Verbot von Auftritten rechtsnationaler Bands. Vor allem aber: Nur eine räumlich eng begrenzte Versammlung. Einen Demonstrationszug wie in Köln sollte es nicht geben.

Es dauert bis 13 Uhr, ehe die Versammlung beginnen kann. Vielen Hooligans wird die Anreise erschwert, oder sie machen kehrt, von der Polizeipräsenz abgeschreckt. Die Parolen, die sie rufen, sind indes dieselben wie in Köln: "Deutschland, Deutschland, hoch die Faust, Isis-Schweine raus." Isis, das ist die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS), gegen die die "HoGeSa" demonstriert - das vermeintlich einzige Ziel der Gruppierung.

Scheinbar einfache Bürger sind unter den Demonstranten, einer trägt einen Deutschland-Hut, als käme er gerade vom Fußball. Andere tragen White-Power-Abzeichen, die in Deutschland verboten sind. Eine bunte Gruppe national denkender Menschen, die bei Weitem nicht so harmlos ist, wie die Köpfe der "HoGeSa" es glauben machen wollen.

 

Das verzerrte Bild der Hooligans

Sie versuchen, die "HoGeSa" in die Opferrolle zu rücken. Dass aus den Protesten im öffentlichen Bild eine Horde gewaltbereiter Hooligans geworden ist, läge nur an den Medien, heißt es. Überhaupt sei die große Mehrheit der Teilnehmer friedlich, überparteilich, ausschließlich "um das deutsche Vaterland" besorgt, wie es Michael Stürzenberger ausdrückt, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei "Die Freiheit".

 

Weniger Anti-Islamisten als erwartet

Er ist der erste Redner am ZOB. "Bravo für eure Standfestigkeit", ruft er den Teilnehmern zu, lauter Applaus schallt ihm entgegen: "Wir haben gesehen, dass Türken euch provoziert haben. Ihr seid cool geblieben."

Die Hooligans skandieren: "Wir sind das Volk", wie auf den Montagsdemonstrationen 1989. Ein sehr verzerrtes Bild. Stürzenberger krakeelt: "Wir werden immer mehr, es tut sich was." Bis zum Nachmittag sind jedoch nur 3000 gekommen - statt 5000, mit denen die Veranstalter gerechnet hatten. Und Dutzende verlassen die Kundgebung vorzeitig. Einem Hooligan-Sprecher zufolge war es ihnen zu langweilig, berichtet der NDR in seinem Liveticker.

Unweit des ZOB formieren sich die linken Gruppen zur Gegendemonstration. Weit mehr als 2000 Menschen sammeln sich etwa am Steintor, um von dort ihren Zug zu starten. Es geht friedlich zu, Passanten werden aufgefordert, sich anzuschließen. Punkmusik dröhnt aus den Boxen. Auf einem Plakat steht: "Kein Sex mit Nazis."

Auf Höhe der Marktkirche stoppt der Zug. Über Lautsprecher werden die Polizisten aufgefordert, ihre Helme abzunehmen. Die Helme seien eine Provokation - "wir sind hier die Guten", ruft einer. Als erste Beamte die Helme abnehmen, ertönt Applaus. Der Großteil der Polizisten behält die Helme aber auf.

 

Böller und Flaschen fliegen durch die Luft

Erst später kommt es zu Zwischenfällen, als Linke und Rechte versuchen, die Polizeiabsperrungen zu durchbrechen, um zum jeweils anderen Lager zu gelangen. Einzelne Böller gehen in die Luft, Flaschen fliegen, die Polizei droht mit dem Einsatz von Wasserwerfern. Ein Polizeiauto wird demoliert. Dann beruhigt sich die Lage wieder. Früher als geplant endet die Hooligan-Demo.

Hannover wird einige Tage brauchen, um sich von diesem Samstag zu erholen. Die Hotels am Raschplatz hatten vorsorglich alle Gäste ausquartiert und die Eingänge mit Holzplatten verrammelt. Auch viele Geschäfts hatten vorsorglich geschlossen, aus Angst vor Randalen. Die Polizei hat die große Eskalation diesmal verhindern können. Mit einem monströsen Einsatz, dessen Kosten bis weit in die Millionen gehen.