Im Rahmen der Kampagne Antifa Teheran
rufen wir am 17. Oktober zu einer Kundgebung in Griesheim auf. Dort ist
einer der Standorte der Knauf Gips KG, die auch Niederlassungen im Iran
betreibt. Als die Revolte im Iran ausbrach, drohte das deutsche
Unternehmen seinen iransichen Angestellten mit Entlassungen, sollten
sie sich an den Protesten beteiligen. So etwas ist für uns absolut
nicht hinnehmbar. Wir sind solidarisch mit den fortschrittlichen
Menschen im Iran und sehen diejenigen als unsere GegnerInnen an, die
eine Revolte im Iran verhindern wollen. So auch die Knauf Gips KG.
Gegen die islamische Republik und ihre UnterstützerInnen!
Auch wenn die Revolte im Iran vorerst weitgehend niedergeschlagen worden ist, so ist durch sie doch klar geworden, dass es im Iran ein emanzipatorisches Potenzial gibt, welches sich mit der dort herrschenden islamistischen Diktatur nicht abfinden will.
Viele der zuvor Protestierenden sind jetzt eingekerkert, viele wurden und werden immer noch gefoltert, vergewaltigt oder gar getötet. Doch auch wenn die Proteste gewaltsam unterdrückt worden sind, das Bewusstsein, das sie ausgelöst hat, bleibt. Das Regime ist geschwächt - dass es weitere und hoffentlich erfolgreichere Auseinandersetzungen mit dem islamistischen Staat geben wird, ist nicht unwahrscheinlich.
Die Proteste im Iran effektiv zu unterstützen gestaltet sich schwierig, schon allein aufgrund der enormen geografischen Entfernung. Hinzu kommt die relative Schwäche der radikalen Linken in den westlichen Staaten, insbesondere in Deutschland. Außerdem ist die Linke gerade beim Thema Iran weitgehend unentschlossen oder sogar vollkommen desinteressiert. In Anbetracht dieser schwierigen Lage wäre es fatal nur auszuharren, bis die Proteste im Iran wieder auf eine Größenordnung anwachsen, wie es nach den vergangenen Wahlen der Fall war. Erst dann spontan solidarische Aktionen durchzuführen, die tatsächliche Auswirkungen auf die dortigen Machtverhältnisse haben könnten, ist vollkommen unrealistisch. Dies kann nur gelingen, wenn die emanzipatorische Linke kontinuierlich Druck auf die KollaborateurInnen des Regimes und so auf dieses selbst aufbauen kann. Diese Aufgabe mag schwierig sein, doch die unmenschlichen Verhältnisse im Iran und die reelle Chance auf einen Umsturz machen es unmöglich untätig zu bleiben, sofern der eigene emanzipatorische Anspruch halbwegs ernst gemeint wird.
Es muss eingeräumt werden, dass es kaum ersichtlich ist, welche Strömungen in der dortigen Protestbewegung wie stark vertreten sind. Proteste, die nur den Ausgang der Wahl in Frage stellen und deren Ziel nur die Machtübernahme eines der anderen Kandidaten ist, haben kein fortschrittliches Potenzial, da schon allein durch die Kontrolle des Wächterrats und die Verfassung der islamischen Republik gewährleistet wird, dass niemand zur Wahl zugelassen wird, der die Grundstruktur und die politische Linie dieses Machtkonstrukts in Frage stellen könnte. Dies kann aber kein Grund für eine fortschrittliche Linke sein, denjenigen Teilen dieser Bewegung ihre Hilfe zu versagen, welchen es an einem wirklichen Umsturz und an tatsächlicher Emanzipation gelegen ist.
Doch es gibt viele Punkte die veranschaulichen, dass es vielen der Demonstrierenden im Iran um mehr geht. Offensichtlich sind die westliche Prägung vieler DemonstrantInnen und die aktive Beteiligung vieler Frauen an den Demos und Krawallen. Beides mag aus hiesiger Sicht geradezu banal erscheinen, ist jedoch unvereinbar mit der islamistischen Ideologie und geht somit weit über die dort bestehende Ordnung hinaus. Wenn bei öffentlichen Gebeten die Anwesenden statt den geforderten antisemitischen Rufen nach der Vernichtung Israels und der USA stattdessen das Gleiche für China und Russlands proklamieren, welche die Verbündeten des Regimes sind, lässt sich dieses nur als Ablehnung des Staates selbst verstehen. Und wenn „nieder mit der Diktatur“ zu einer der Parolen auf den Demonstrationen wird, die bis nach Europa vordringt, so wird einmal mehr klar, dass hier fortschrittliche Menschen aktiv sind. Ihnen muss die Solidarität der radikalen Linken zuteil werden!
Es gibt viele Gründe, um einen Umsturz im Iran zu befürworten. Dort bilden die islamistischen Dogmen und die Scharia die Grundlage aller gesellschaftlicher und staatlicher Normierung und Reglementierung. Das ist an sich schon schrecklich genug, doch es wird zudem noch mit brutaler Gewalt durchgesetzt. Die Folge sind die Unterdrückung von Frauen und die Verfolgung derer, die sich dagegen zu wehren versuchen. Ebenso verfolgt werden alle, die der islamistischen Norm nicht entsprechen können oder wollen: Homosexuelle, Linke, FreundInnen westlicher Kultur, AtheistInnen, HedonistInnen, oder Menschen, die einfach nur Alkohol trinken, um lediglich ein paar Beispiele zu nennen. Da im Iran selbst bürgerliche Mindeststandards wie Menschenrechte oder Rechtsstaatlichkeit nicht angekommen sind, werden derartige AbweichlerInnen einfach auf offener Straße zusammengeschlagen, gefoltert oder ermordet. Schon um diesen unerträglichen Verhältnissen ein Ende zu machen, ist ein Umsturz im Iran zu erkämpfen.
Die Durchsetzung von bürgerlichen Errungenschaften wie Meinungs-, Presse- und Demonstrationsfreiheit oder Rechtsstaatlichkeit macht nicht nur Sinn, um den Menschen im Iran ein, im Vergleich zum jetzigen Zustand, einigermaßen erträgliches Leben zu ermöglichen. Durch sie wird auch die Möglichkeit zu Theorie und Praxis eröffnet, die auch über die im Iran noch zu erkämpfende bürgerliche Gesellschaft hinausgeht. Diese zu erreichen, macht also auch aus kommunistischer Perspektive durchaus Sinn.
Nicht zu vergessen ist die militärische Brisanz der gesamten Situation im Nahen Osten. Dabei besonders hervorzuheben sind die Bestrebungen des Iran, eine eigene Atombombe zu entwickeln, die, ungeachtet der möglichen eigenen Vernichtung, im antisemitischen Vernichtungswahn gegen den jüdischen Staat eingesetzt werden soll. Der Wunsch einer Auslöschung Israels wird von den Vertretern des Regimes offen propagiert. Die Unterstützung von antisemitischen Kampfverbänden wie der Hisbollah und der Hamas durch die iranische Regierung, lässt keinen Grund, an diesen Worten zu zweifeln. Die einzige Hoffnung, dass dieser antisemitisch motivierte Vernichtungswahn gestoppt wird, ohne dass es zu größeren kriegerischen Auseinandersetzungen - oder gar einem Atomkrieg - kommt, liegt darin, dass die IranerInnen selbst dem ein Ende machen. Allein mit der Überwindung der islamischen Republik Iran wird es sicherlich nicht zu einem Ende der Auseinandersetzungen im Nahen Osten kommen, doch mit diesem Staat und seinen herrschenden Eliten ist ein Ende unmöglich.
Unter dem Label „Antifa Teheran“ haben verschiedene linksradikale Gruppen erste Versuche unternommen die Proteste im Iran aktiv zu unterstützen, indem Firmen angegangen wurden, die den iranischen Repressionsapparat mit Technik und Ausrüstung beliefern. Dabei ist klar, dass der Versuch hoffnungslos ist, den jeweiligen AkteurInnen argumentativ klar zu machen, dass die Unterstützung des Iranischen Regimes und seines Repressionsapparates scheiße ist. Schließlich geht es hier um ökonomische Interessen und nicht um das Wohlergehen der Menschen im Iran oder sonst irgendwo. Ziel der Kampagne ist es also, den Preis für die Unterstützung des islamischen Gottesstaats in die Höhe zu treiben - etwa durch Imageschäden - in der Hoffnung, dass sich die Unterstützung des Irans letztlich doch nicht mehr rechnet und aus ökonomischen Gründen Abstand genommen wird. Mehr kann innerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik einfach nicht erwartet werden.
Diese Unterstützung artikuliert sich auch in vielen anderen Formen als nur im direkten Warentausch. Deshalb rufen wir exemplarisch zu einer Kundgebung gegen die Knauf Gips KG auf. Das aus Bayern stammende Unternehmen betreibt Niederlassungen in der ganzen Welt, so auch im Iran. Als es dort nach der Wahl zu Protesten kam, wurde allen iranischen Angestellten schriftlich mitgeteilt, dass ihnen die Beteiligung an den Protesten verboten sei. Wer sich bei dem Versuch erwischen lässt, sich unter Lebensgefahr Rechte zu erkämpfen, die hierzulande selbstverständlich sind, wird von der deutschen Knauf Gips KG kurzerhand entlassen. Ein solches Verhalten ist nicht hinnehmbar!
Die Verantwortlichen haben sich zwar mittlerweile entschuldigt, doch dies war lediglich eine Folge des entstandenen öffentlichen Drucks. Zudem ist die Aussage, das Schreiben sei nur „unglücklich formuliert“ gewesen, geradezu lächerlich. Auch wenn die Firma versichert haben mag, dass niemand mehr wegen der Teilnahme an Demonstrationen oder ähnlichen entlassen werden soll: Wir sind weder gewillt, dem ohne weiteres Glauben zu schenken, noch werden wir diese oder jede andere Kollaboration mit dem islamistischen Regime einfach so hinnehmen oder vergessen. Der Staat im Iran steht für Antisemitismus, Sexismus, Homophobie und eine Diktatur, die jede Freiheitsbewegung und jedes Abweichen von seiner fundamentalen, islamistischen Ideologie mit brutaler Gewalt beantwortet. Wer sich auf seine Seite schlägt, muss bekämpft werden, um die Menschen im Iran zu unterstützen, die dem ein Ende machen wollen.
Gegen Patriarchat, Homophobie, Antisemitismus und religiösen Fundamentalismus!
Nieder mit der islamischen Republik!