Früherer NPD-Funktionär verurteilt

Erstveröffentlicht: 
12.10.2009

KEHL/RHEINAU. Seit vielen Jahren nehmen rechtsextreme Kreise den Volkstrauertag zum Anlass, am "Panzergraben"-Mahnmal in Rheinau-Memprechtshofen einen "Heldengedenktag" zu zelebrieren, wie er in der Zeit des Nationalsozialismus zu Ehren der gefallenen deutschen Soldaten begangen wurde. Erstmals war es 2008 an diesem Tag zu einer Eskalation gekommen, die jetzt ein erneutes Nachspiel vor dem Kehler Amtsgericht hatte.


Drei aus Frankreich angereiste Teilnehmer hatten Plakate und Transparente entfernt und zerstört, mit denen Anhänger des Rheinauer Bündnisses "Bunt statt Braun" entlang der Bundesstraße 36 gegen Neonazi-Aktivitäten protestierten. Die drei Franzosen sind inzwischen per Strafbefehl wegen Sachbeschädigung zu Geldstrafen verurteilt worden. Vor dem Amtsgericht Kehl musste sich jetzt ein ehemaliges Mitglied des NPD-Landesvorstands und Bundestagskandidat der Partei bei der Wahl 2005 im Ortenaukreis verantworten. Der 54-jährige Industriemeister aus Rheinau-Diersheim hatte Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt, durch den er wegen Anstiftung zur Sachbeschädigung zu 80 Tagessätzen à 60 Euro bestraft worden war.

Die drei Franzosen waren nämlich noch am Tatort festgenommen worden. In ihrer polizeilichen Vernehmung hatten zwei von ihnen erklärt, sie hätten bei ihrer Aktion "auf Befehl" des Angeklagten gehandelt. Später hatten sie diese Aussage widerrufen und den Widerspruch mit Sprachproblemen erklärt.

Der Angeklagte beteuerte jetzt vor dem Amtsgericht Kehl, "in keinster Weise" Anordnungen zur Zerstörung der Plakate und Parolen gegeben zu haben. Er sei – wie in den Jahren zuvor – für die Koordinierung der Veranstaltung mit den Behörden verantwortlich gewesen, die – wie stets – bemüht waren, Konfrontationen zwischen den Rechtsextremen und ihren Gegnern zu vermeiden. Er sei an einer Eskalation überhaupt nicht interessiert gewesen.

Die als Zeugen geladenen Franzosen waren zum Termin nicht erschienen, andere Zeugen hatten sich aus dienstlichen Gründen entschuldigt, so dass nur ein Kriminalbeamter als Zeuge übrig blieb, der die Täter beobachtet und deren Festnahme veranlasst und selbst mit vorgenommen hatte. Er bestätigte, dass der Hauptakteur der Zerstörungsaktion ihm spontan erklärt habe, sie handelten auf Befehl des Rheinauer Kameraden, bei dem sie sich zuvor getroffen hatten. Der Angeklagte habe sich in etwa 15 bis 20 Meter Entfernung zum Tatort aufgehalten.

Staatsanwalt Christian Broß nahm dem Angeklagten seine Unschuldsbeteuerung nicht ab. Er stützte seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten auf die glaubhafte Aussage des Kriminalbeamten. Den späteren Widerruf der Aussagen der anderen Beteiligten vor der Polizei bezeichnete er als abgesprochen und unglaubwürdig. Lediglich beim Strafmaß kam der Staatsanwalt dem Angeklagten entgegen, weil seine Einkommenssituation damals falsch eingeschätzt worden sei. Er beantragte 40 Tagessätze à 40 Euro.

Richter Thorsten Krapp ging mit dem Strafmaß noch weiter herunter. "Zu entscheiden war nicht über die Gesinnung des Angeklagten, die ich in keiner Weise teile, sondern über eine Sachbeschädigung." Er hielt dem Angeklagten zugute, dass er bisher nicht vorbestraft war und der angerichtete Schaden gering war. Sein Urteil: 40 Tagessätze à 30 Euro wegen Anstiftung zur Sachbeschädigung. Verteidiger Jürgen Häringer aus Villingen-Schwenningen hatte auf Freispruch aus Mangel an Beweisen plädiert.