Liebe FreundInnen und Freunde, wir wollen euch über den Start einer Solidaritätskampagne mit den Stadtteilprojekten in revolutionären Kiezen in Istanbul informieren. Wir haben uns vor einiger Zeit entschieden, zu versuchen, die Erfahrungen des Kampfes in den Armenvierteln und Gecekondus der Türkei der Linken hierzulande vorzustellen, damit wollen wir bei einer ersten Veranstaltung am 5. Oktober beginnen. Wir wollen euch einige von politischen Gefangenen gemalte Öl-Bilder zeigen (die man auch erwerben kann), ein paar Videos zum Anschauen mitbringen und ab 17:30 wird euch Peter Schaber (lower class magazine) erzählen, wie er die Stadtteilprojekte der Revolutionäre in Istanbul bei seinen letzten Besuchen erlebte. Kommt vorbei.
Aufruf:
Von der Taksim-Kommune in die revolutionären Kieze
Als die Gezi-Proteste im Mai und Juni 2013 die Türkei erschütterten, gingen Millionen Menschen mit ganz unterschiedlichen Motivationen auf die Straße und eigneten sich öffentliche Plätze an. Gegen die “urbane Transformation” genannte massive Gentrifizierung der Metropolen des Landes, gegen Unterdrückung von AlevitInnen und KurdInnen, gegen das frauenfeindliche Weltbild der AKP-Regierung, die Diskriminierung von LGTB-Menschen und die neo-osmanische Außenpolitik von Premier Tayyip Erdogan genauso wie gegen Ausbeutung und Neoliberalismus.
Gezi war aber nicht einfach ein Aufbruch gegen all den Mist, den die Menschen in der Türkei tagtäglich ertragen müssen, sondern wies auch einen Weg für etwas Neues. Als die Bullen militant vom Taksim-Platz vertrieben worden waren, entstand für einige wenige Tage die “Kommune vom Taksim” als Gegenentwurf zum schlechten Bestehenden. Der zentrale Gedanke hier: Ein selbstorganisiertes Leben jenseits von Staat und Kapital aufzubauen – wenn auch nur als Keimform.
Dieser Gedanke aber spielte schon vor Gezi eine zentrale Rolle in jenen Stadtteilen, auf die Medien und Öffentlichkeit weniger häufig achten, weil hier ärmere Schichten der Bevölkerung leben. Okmeydani, Gazi, Kücük Armutlu sind drei dieser vorwiegend alevitischen Kieze, in denen die revolutionäre Linke der Türkei ihre Hochburgen hat.
In ihnen hat der Staat nur noch eingeschränkt Zugriff, denn die RevolutionärInnen sind hier fest in der Bevölkerung verankert und wissen sich zu währen, wenn es sein muss auch mit Waffen. In den Kiezen entstehen indessen Ansätze eines eigenen Umbaus der Bezirke als Gegenprojekt zur allgegenwärtigen Vertreibung und Gentrifizierung. In Kücük Armutlu versucht man mit Hilfe linker ArchitektInnen und IngenieurInnen, Nahrungsmittel- und Stromversorgung selbst in die Hand zu nehmen, in Gazi entsteht ein selbstorganisiertes Rehabilitationszentrum für Drogenkranke. In Gazi, Okmeydani, Kücük Armutlu und einigen anderen Bezirken Istanbuls passiert genau das, was David Harvey als den Kampf um das “Recht auf Stadt” beschrieben hat. Nämlich, “zu beanspruchen, den Prozess der Urbanisierung selbst bestimmen zu können, entscheiden zu können, über die Art, wie unsere Städte produziert und reproduziert werden und das auf eine fundamentale, radikale Weise zu tun.”
Wir wollen die Projekte der türkischen Linken hierzulande bekannter machen und versuchen, sie materiell von hier aus zu unterstützen. Aber auch jenseits der materiellen Hilfe wollen wir einen Erfahrungsaustausch zwischen hier und da organisieren, durch Vorträge, Delegationsreisen und Medienarbeit.
Wenn ihr Fragen habt, euch beteiligen wollt oder eineN VortragendeN zum Thema braucht, meldet euch gerne unter: rebelcityistanbul@riseup.net