Prozessbericht zum Unsterblichprozess

Unsterblich Wien banner im Stil von Blood&Honour

Als am 9. September 7 "vermeintliche" Unsterbliche Hooligans neben zwei Aktivisten, einer Mitglied des Vereins ATIGF, der andere Mitglied von KOMintern, auf der Anklagebank sitzen, wurde recht schnell ersichtlich, dass der Prozess offiziell zwar nicht als politischer geführt werde, aber hinter den Masken die Realität nicht abzustreiten eine politische ist.


Im Oktober vergangenen Jahres wurde das Ernst Kirchweger Haus von faschistischen Sympatisanten des Austria- Wien Fanclubs „Unsterblich“ gestürmt. Die Hauteigangstüre des Hauses war verschlossen, aber jene zu den Sälen der ATIGF, in denen sich zu dem Zeitpunkt eine Gewerkschaftsversammlung stattfand, nicht, worauf hin die Faschos nach dem Betreten der Tür ein Mitglied der ATIGF niederschlugen. Im Hintergrund wurde dieses Handeln mit "Heil Hitler"- Rufen gefördert. Am 9. 9. 2014 fand im Landesgericht in der Josefstadt der Prozessauftakt statt, sowohl gegen sieben Faschisten, als auch gegen die zwei bereits genannten Personen, die den Angreifern noch durch das Stiegenhaus bis in einen nahe gelegenen Park gefolgt sind, und sich nun auch im Vorwurf gegen Körperverletzung rechtfertigen müssen. Ein großer Tumult an einem Sonntagnachmittag, der aber auch recht schnell wieder an Relevanz verlor, zu weiteren Angriffen auf das EKH kam es bisher nicht in dieser Form.

Aufgrund der Ankündigungen in verschiedenen Medien wie im Stadtjournal, dass es sich um ein besonderes Verfahren handelt, und aus Angst vor Zusammenstößen, gibt es erhöhte Sicherheitsbestimmungen im Gericht. Außer den Polizist_Innen befinden sich auch Securities der Firma G4S im und vor dem Gerichtssaal. Trotzdem wird von Beginn des Verfahrens an  offensichtlich, dass eine politische Motivation hinter den Angriffen nicht zum Thema gemacht wird, obwohl definitiv von einem Wissen, um welches Haus es sich handelt ausgegangen werden kann, wie es der Erstangeklagte bei der Befragung demonstriert hat. Staatsanwalt Kronawetter, welcher im Fall des Antifaschisten Josef noch von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ in den Innenstadt gesprochen hat, relativiert den Angriff auf das EKH in der Anklageschrift auf Hausfriedensbruch und Körperverletzung. Auch der Richter betont, nachdem einer der Angeklagten angibt, dass er zwar Austria Fan ist, jedoch mit Politik nichts am Hut habe, dass die Verhandlung, die er hier führt, „keine politische“ ist.

Im Verfahren bekennt sich niemand schuldig.

Alle neun Angeklagten sitzen im Gerichtssaal nebeneinander und werden auch nacheinander einvernommen. Für das Gericht ist es scheinbar nicht wichtig, dass die anderen Angeklagten während den jeweiligen Einzelbefragungen anwesend sind. Etwaige Widersprüche in deren Aussagen – beispielsweise zum jeweiligen Bekanntschaftsgrad der Angeklagten untereinander oder zum Fanclub „Unsterblich“- können so nicht aufgedeckt werden.
Während der Einvernahmen wird wiedereinmal deutlich, auf welcher Seite das Gericht und die österreichische Jusitz steht und welche Interessen sie vertritt!
Während die 7 Faschos im Gerichtssaal quasi mit Samthandschuhen angefasst werden- denn einer von ihnen leidet ja bedauerlicherweise seit diesem Tag an Panikattacken (nach dem er offenbar grundlos zusammengeschlagen wurde)- was er auch im Gerichtssaal zu demonstrieren versucht - werden die zwei Aktivisten der Gewerkschaft mit Fragen bezüglich Details über die Größe des Stiegenhauses durchlöchert und auseinandergenommen. Außerdem sucht das Gericht scheinbar verzweifelt nach “plausiblen” Gründe, warum die Aktivisten denn, „bewaffnet“ mit einem Wischmopp den Angreifern hinterhergelaufen sind, obwohl der Staatsschutz doch bereits gerufen worden ist. Den Faschos werden die Worte in den Mund gelegt, etwa wie sie die vermeintlichen Verfolger optisch beschreiben sollen. Den Aktivisten werden die Worte im Mund umgedreht, Aussagen zerpflückt und jede einzelne Lücke zu einem Krater ausgedehnt. Während sie vom Richter, vom Anwalt der Faschisten, sowie vom Staatsanwalt, die bei den anderen Einvernahmen keine einzige Frage gestellt haben, kritisiertwerden, werden sie auch noch während der Einvernahme von den Faschos eindringlich gemustert und angestarrt.
Dem entgegen gehen die Einvernahmen der Faschisten relativ schnell voran. Niemand der Angreifer gibt an, tatsächlich im Haus gewesen zu sein, denn sie wollten ja einfach nur aufs Fußballmatch gehen und haben sich aus rein praktischen Gründen “zufällig in der Nähe” des Ernst- Kirchweger Hauses aufgehalten, da sich dieses “am direkten Weg” ins Stadion befindet. Außerdem kennen sich untereinander angeblich nur flüchtig, denn "mit Unsterblich haben sie ja nichts zu tun" und politisch sowieso nicht. Einer der Angeklagten gibt an, Rapid Fan zu sein- ein scheinbar unwichtiges Detail, welches aber für die Hintergründe des Angriffs von Bedeutung sein könnte, da dieser scheinbar nicht allein von „Unsterblich“- Hools ausging, sondern an dem sich ein größeres faschistisches Netzwerk mit einer eindeutig politischen Intention beteiligt hat. Aber das sei an dieser Stelle dahingestellt.
Durch diese Praktiken im Gericht wird klar, dass vor Gericht nicht alle gleich sind, die Faschisten werden vor und durch das Gericht geschützt: Allein das Aussehen der Faschos war verschönert und verhamlost, sie zeigten sich in neuen Frisuren und  versteckten ihre Tätowierungen. Für das Gericht war das aber scheinbar belanglos. Genauso belangslos waren Ausdrücke wie "Südländer" oder “Türkenstern”, welchen sie angeblich auf den Gürteln der Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft wahrgenommen haben. Diese Aussagen sind aber nicht weiter von Relevanz und wurden vom Richter und der Verteidigung unkritisiert entgegengenommen. Eine nüchterne Abhandlung des Sachverhalts und sein gekonntes Schweigen während der  Einvernahme der Faschos, bestärkten nur den Eindruck, dass sich der Staatsanwalt hier mehr auf sein Handy konzentrierte, während er sich während den Befragungen der Aktivisten das Lächeln unterdrücken versuchte, wenn er nicht gerade Fragen stellte.
Zwar befinden sich viele Antifaschist_Innen im Gerichtssaal, von denen am Ende der Verhandlung  Alerta“-Rufe ausgehen, dennoch saßen unter den ProzessbeobachterInnen ebenfalls FaschistInnen. Zu  Auseinandersetzungen kam es jedoch nicht. Nichtsdestotrotz erscheint es noch wichtiger, das Gericht zu den nächsten Prozesstagen wieder aufzusuchen und das Verfahren zumindestens mit der Präsens von Antifaschist_Innen zu politisieren.

Für die Fortsetzung der Verhandlung am Dienstag, 16. September um 10h im Saal 203 im Landesgericht Josefstadt rufen wir daher wieder zur Prozessbeobachtung auf.

Alerta antifascista! Unseren Hass den könnt ihr haben!