Demonstrationen Anti-Israel-Proteste verunsichern Juden in Deutschland Heidelberg/Berlin. Die pro-palästinensischen Proteste schockieren viele Juden in Deutschland. Einige trauten sich nicht mehr, draußen ihre Kopfbedeckung aufzusetzen, so ein Experte. Dass die Berliner Staatsanwaltschaft anti-semitische Rufe nicht als Volksverhetzung, sondern lediglich als Beleidigung einstufe, sorgt für Kritik. Die Demonstrationen gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen verängstigen aus Sicht des Rektors der Heidelberger Hochschule für Jüdische Studien viele Juden.
"Das Sicherheitsgefühl der Juden in Deutschland hat sich durch die Demos einmal mehr verschlechtert", sagte Johannes Heil der Deutschen Presse-Agentur. "Es haben schon vor den Demos viele Juden in Deutschland gezögert, öffentlich ihre Kippa zu tragen - dieses Gefühl hat sich jetzt noch verstärkt." In mehreren Städten hatte es in den vergangenen Tagen Proteste gegen die Angriffe Israels im Gazastreifen gegeben. "Man fühlt sich als Jude angesichts der Demonstrationen persönlich ausgegrenzt und ängstlich, weil man nicht weiß, was passiert, wenn man in die Hände dieses Mobs fällt", sagte Heil, der selbt allerdings kein Jude ist. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Annette Groth wehrt den Eindruck ab, bei anti-israelischen Protestkundgebungen werde die Schwelle zum Antisemitismus überschritten.
"Ich habe den Eindruck, man fokussiert sich auf den Antisemitismus", sagte sagte Groth dem in Konstanz erscheinenden "Südkurier". "Damit ist der Fokus weg von Gaza, weg von den über 600 Toten, darunter weit über 100 Kinder." Groth war 2010 auch in den eigenen Reihen in die Kritik geraten, nachdem sie an der so genannten Solidaritätsflotte für Gaza teilgenommen hatte. Angst vor "französischen Verhältnissen" Der Erziehungswissenschaftler und Judaist Micha Brumlik sagte der "Frankfurter Rundschau": "Wir müssen durch Dialog, aber auch mit Mitteln des Strafrechts Brandmauern errichten, damit die Funken dieser nahöstlichen Konflikte nicht auf die Bundesrepublik überspringen und wir am Ende Verhältnisse wie in Frankreich haben." So sei es ein Fehler, dass die Berliner Staatsanwaltschaft anti-semitische Rufe nicht als Volksverhetzung, sondern lediglich als Beleidigung einstufe. Der Heidelberger Wissenschaftler Heil will nicht von einem neuen Antisemitismus sprechen. "Ich sehe keinen neuen Antisemitismus, denn es sind keine neuen Motive dazugekommen, nur ein aktueller Anlass", betonte er. "Es ist erschreckend zu sehen, wie massiv sich das Hasspotenzial Ausdruck verschafft und wie viele Menschen sich hinter diesen Parolen verschanzen."