Bürgermeister verhindert Flüchtlingsheim in Gundelfingen

Erstveröffentlicht: 
18.07.2014

In Gundelfingen wird es vorerst keine Asylunterkunft geben: Plänen, auf dem Gelände einer Freikirche Platz für 40 Flüchtlinge zu schaffen, erteilte der Bürgermeister eine Absage. Das Landratsamt reagiert zerknirscht.

 

Viele Gundelfinger waren irritiert oder zumindest stark überrascht angesichts des Verlaufs der Infoveranstaltung zu einer geplanten Unterkunft für 40 Flüchtlinge. Die evangelische Freikirche wollte ein 1000 Quadratmeter Grundstück bereitstellen, der Landkreis darauf bauen. Doch Bürgermeister Reinhard Bentler sieht den Standort im Herzen der Gemeinde als nicht geeignet an, was ihm ein Polizist bestätigt habe.

 

"Die Nachbarn haben Ängste geäußert, eine Person ist fast zusammengebrochen", sagte Bentler. Er sprach von 40 afrikanischen, jungen Männern, die kommen werden. Gundelfingen sei sehr eng bebaut und die Situation mit den angrenzenden Gärten würde einem Bau widersprechen. "Es scheitert nicht am guten Willen, aber wir haben einfach eine spezielle Situation im Ort." Man könne nicht nur nach der Einwohnerzahl gehen, sondern müsse auch die Fläche berücksichtigen. "Neustadt ist zum Beispiel zehnmal größer", behauptete der Bürgermeister.

Laut Bentler wolle die Freikirche den Platz direkt vor ihrem Gotteshaus frei halten, weil sie dort erweitern möchte. Dann hätte die Sammelunterkunft nur neben den Gärten der Nachbarn Platz. "Ich habe einen Mitarbeiter der Landespolizeidirektion um eine Einschätzung gebeten. Er hat gesagt: Liebe Gemeinde, dieser Standort ist nicht geeignet", so Bentler.

Freikirche wollte Nachbarschaft nicht aufwühlen


Stefan Jung, der Pastor der Freikirche, berichtete von E-Mails, Briefen und Gesprächen mit Anwohnern. Auf 60 bis 70 Personen schätzt er den Personenkreis, der Druck auf die Kirche ausgeübt habe. "Ich bedauere es, wenn unsere Idee für Ängste und schlaflose Nächte gesorgt hat. Wir wollen keine Lösung gegen die Nachbarschaft durchsetzen", sagte Jung. Er respektiere die Entscheidung: "Wenn das politisch nicht gewollt ist, dann ziehen wir uns zurück." Mit Bentler habe er jüngst sehr viel telefoniert. Er wehrte sich gegen Darstellungen des Bürgermeisters, wonach sich die Freikirche gegen einen Standort direkt neben der Kirche ausgesprochen habe. Man hatte geplant, dass der Architekt der Freikirche und der Architekt des Landkreises gemeinsam einen Entwurf ausarbeiten. "Doch so weit sind wir gar nicht gekommen."

 

Die Sozialdezernentin des Landkreises, Eva-Maria Münzer, erschien komplett in Schwarz: Kleid, Nagellack und Brillengestell waren aufeinander abgestimmt. Nicht ohne Grund, denn erst am Donnerstagvormittag hatte Bentler sie über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt, was sie sehr bedauerte. Eigentlich waren mehr Podiumsgäste eingeladen, die den Gundelfingern aus ihren Erfahrungen mit Asylbewerbern berichten sollten – doch vielen wurde offenbar sehr kurzfristig abgesagt. "Mit der Freikirche hatten wir einen starken Partner an unserer Seite, das hatten wir noch nie", sagte Münzer. Sie konnte nicht nachvollziehen, warum der Standort nicht geeignet sei und warum ein Polizist darüber entscheide. Der Kreis hätte es in Titisee-Neustadt, Kirchzarten oder Altglashütten auch hinbekommen, dass es ein gutes Miteinander mit den Nachbarn gebe. "Damit ist der Kelch nicht an Gundelfingen vorbeigegangen. Ich werde weiter nach Wohnungen und Grundstücken suchen", sagte sie und bat die Gundelfinger um Hilfe.

Polemik-Vorwürfe an Bentler


In der folgenden Diskussion gab es sowohl Beifall als auch massive Kritik für Bentler, dem sogar Polemik vorgeworfen wurde. "Ich hätte die direkt vor der Nase. Meine Wohnung hätte eine Wertminderung von 50.000 Euro", sagte ein Anwohner. "Ich bin sehr enttäuscht, dass alles im Vorfeld abgeschmettert wurde und wir als offene, wohlsituierte und sozial eingestellte Gemeinde nicht einmal die Möglichkeit bekommen, so eine Idee umzusetzen", sagte eine andere Anwohnerin. "Dass heute eine Entscheidung getroffen wird, war nicht geplant. Es sollte ein Informationsabend werden – und der ist zusammengebrochen", so Martin Kasemann von der Freikirche.

Bruno Zimmermann (SPD) sagte, dass der Ältestenrat über ein Polizeigutachten nicht informiert gewesen sei. "Wir sind alle überrascht worden." Gemeinderat Thomas Danner (CDU) zeigte sich ebenfalls überrumpelt. "Uns wurde ein Konzept im nichtöffentlichen Teil einer Gemeinderatssitzung vorgestellt, aber wir haben noch nicht darüber diskutiert." Ein Vorschlag aus der Bürgerschaft lautete, die 40 Flüchtlinge auf zwei Standorte zu verteilen, was sowohl Bentler als auch Münzer als Option sahen. Wobei sich die Sozialdezernentin skeptisch äußerte, ob in Gundelfingen ein zweiter Standort gefunden werden kann.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Am Montag soll es laut Bentler ein Treffen der Fraktionssprecher des Gemeinderats geben, bei dem das weitere Vorgehen festgelegt wird.

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