Proteste gegen Neonazikundgebung in Brandenburg an der Havel

Proteste gegen Neonazikundgebung am 05.07.2014 in Brandenburg

Am vergangenen Samstag protestierten mehrere dutzend Menschen gegen eine Kundgebung von Neonazis in Brandenburg an der Havel. Zu der relativ spontanen Gegenaktion hatten sich insbesondere viele Jugendliche, aber auch Vertreter_innen von Parteien und Initiativen zusammengefunden, um ihre Ablehnung  gegenüber der neonazistischen Versammlung durch Plakate und Pfiffe Ausdruck zugeben. Zudem wurden passierende Autofahrer_innen durch plakative Aufforderungen zum „Hupen gegen Nazis“ erfolgreich in die Proteste mit eingebunden.


Neonazis solidarisierten sich mit Holocaustleugner Horst Mahler

Unter dem Motto „Meinungsfreiheit statt Verbote“ hatten sich in der Zeit von 10.30 bis 12.00 Uhr ungefähr 25 Neonazis mit Bannern und einem Lautsprecherwagen gegenüber dem Neustädtischen Markt in Brandenburgs Innenstadt versammelt. Angemeldet wurde die Veranstaltung laut MAZ (1.) von einer Einzelperson im Namen der bisher noch nicht in Erscheinung getretenen Vereinigung „Alternative Jugend Havelland“. Tatsächlich traten aber vor allem Personen aus dem Spektrum der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland / Prignitz“ (NSFKN) auf. Dazu gesellten sich Gesinnungsgenossen der NPD Jugendorganisation JN und Neonazis aus Bad Belzig (Landkreis Potsdam-Mittelmark), Premnitz (Landkreis Havelland), dem Landkreis Oberhavel und dem Landkreis Teltow-Fläming. Zu dem waren drei Kommunalpolitiker der NPD, Stadtrat Dave Trick aus Neuruppin, Stadtrat Pascal Stolle aus Bad Belzig und Gemeinderat Burkhardt Sahner aus Schönwalde – Glien anwesend.
Sie alle hatten sich offenbar in Brandenburg an der Havel eingefunden um an ihren in der JVA Brandenburg inhaftierten Gesinnungsgenossen Horst Mahler zu erinnern. Zumindest deuten dies die „Freien Kräfte Neuruppin“ in einem Aktionsbericht auf ihrer Webside an (2.). Auch ein während der Kundgebung gezeigtes Banner mit der Aufschrift „Meinungsfreiheit bedeutet in der BRD 12 Jahre Haft“ war deutlich an den Fall Mahler angelegt. 
Mahler verbüßt nämlich gerade in Brandenburg an der Havel eine Gesamthaftstrafe von zwölf Jahren, weil er in mehreren Fällen und zudem als Wiederholungstäter, der Volksverhetzung überführt wurde. Weiterhin wurde ihm im Juli vor fünf Jahren die Anwaltslizenz entzogen. Dass dies nichts mit einem Verstoß gegen die „Meinungsfreiheit“ zu tun hat, interessiert die Neonazis natürlich wenig. Bemerkenswert ist jedoch der deutliche Schulterschluss von NPD Mandatsträgern mit dem notorischen Holocaustleugner Horst Mahler. Dies deutet auf einen fortschreitenden Radikalisierungsprozess innerhalb der „Nationaldemokraten“ hin.
Auch die beiden Redner auf der Versammlung gelten als langjährige NPD Funktionäre. Pierre Boddin wurde so zwar als Sprecher des „freien Spektrums Ostprignitz-Ruppins“ angekündigt (3.), war jedoch mindestens 2010 Ersatzdelegierter für den Landesparteitag der Brandenburger „Nationaldemokraten“. Ähnliches gilt für den Hauptredner Wolfram Nahrath, der zwar in seiner Tätigkeit als „Strafverteidiger“ (4.) vorgestellt wurde, jedoch eben auch Mitglied der NPD ist.

Pilgerfahrt mit Tradition

Es war übrigens auch nicht das erst mal, dass sich Neonazis mit dem inhaftierten Mahler solidarisieren. Bereits am 26. März 2011 versammelten sich ungefähr 250 Sympathisanten Mahlers aus der ganzen Welt vor der JVA Brandenburg an der Havel um die Freiheit ihres Gesinnungsgenossen zu fordern. Auch damals hielt Wolfram Nahrath die Hauptrede. Auch damals waren Pierre Boddin und Dave Trick anwesend. Beide hielten ein Banner mit der Aufschrift „Freiheit ist alles was wir wollen“. Das gleiche Stoffstück wurde auch wieder am vergangenen Samstag gezeigt.

Proteste laufen besser

Auch wenn neonazistische Kundgebungen in letzter Zeit wieder häufiger in Brandenburg an der Havel auftreten, so kann doch eindeutig gesagt werden, dass die Bereitschaft innerhalb der Stadt solche Versammlungen zu ignorieren oder zu tolerieren deutlich abnimmt. Brandenburg tritt den Neonazis heute viel selbstbewusster gegenüber, als beispielsweise noch vor drei Jahren an der JVA. Selbst in Teilen der Verwaltung und in der Stadtverordnetenversammlung scheint inzwischen die Meinung gereift zu sein, dass neonazistische Kundgebungen keine Aushängeschild einer „weltoffene Stadt“ sind. 

Fotos: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157645525434...

 

Quellen:

 

(1.)    http://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Brandenburger-bieten-...
(2.)    nsfkn.info/?p=2004
(3.)    wie vor
(4.)    wie vor