Unter den rund 14.500 Kandidaten für die Gemeindevertretungen, für Kreistage und Ortsbeiräte haben 15 keinen deutschen Pass. Das geht - weil sie EU-Bürger sind und ihren Hauptwohnsitz länger als drei Monate in Brandenburg haben. In Treuenbrietzen zum Beispiel schickt die CDU eine Österreicherin ins Rennen.Von Susanne Hakenjos
Unter den rund 14.500 Kandidaten für die Gemeindevertretungen, für Kreistage und Ortsbeiräte haben 15 keinen deutschen Pass. Das geht - weil sie EU-Bürger sind und ihren Hauptwohnsitz länger als drei Monate in Brandenburg haben. In Treuenbrietzen zum Beispiel schickt die CDU eine Österreicherin ins Rennen.Von Susanne Hakenjos
"Ich habe tatsächlich einen österreichischen Pass", sagt Nicola Brandstetter. "Mein Sohn auch - wir sind also beide österreichische Staatsbürger." Ihren österreichischen Akzent, der ihre nicht-deutsche Herkunft verraten könnte, hat die 34-Jährige aber fast abgelegt: Als Kandidatin mit Einwanderungs-Hintergrund ist sie im Normalfall kaum erkennbar.
Ängste, als "Fremde", als "Zugereiste", auf Ablehnung zu treffen, hatte sie anfangs trotzdem: "Dass es Andeutungen geben könnte, man sollte das gar nicht tun, man gehöre hier gar nicht hin, dass man keine Geschichte hat hier in Brandenburg... Aber das ist mir zum Glück gar nicht begegnet." Vielmehr wurde sie von der CDU Treuenbrietzen überhaupt erst angesprochen, zur Kandidatur motiviert.
Mitgestalten ist Nicola Brandstetter wichtig
Aufgewachsen ist Nicola Brandstetter südlich von Wien. Sie kam vor elf Jahren nach Deutschland, lebte zunächst in Nordrhein-Westfalen. Vor drei Jahren zog sie dann nach Treuenbrietzen und lebt mit ihrem zwölfjährigen Sohn jetzt in der Altstadt. Im Nachbarort Brück arbeitet sie als Erzieherin. Sie hat sich eingelebt, will bleiben - und sich einmischen.
Dass das Kommunalwahlrecht EU-Ausländern das auch problemlos erlaubt, findet sie einfach sinnvoll: "Weil ich es ganz wichtig finde, dass man sich dort einbringt, wo man tatsächlich lebt und wo die unmittelbare Umgebung ist, die man mit gestalten kann. Und es für mich wenig Sinn hätte, eine Umgebung mit gestalten zu wollen, wo ich mich nicht mehr aufhalte."
Lokale Mitbestimmung, ohne gleich den eigenen Pass abgeben zu müssen, begrüßt die CDU-Kandidatin. Denn Mitgestalten ist ihr wichtig, so Brandstetter. "Das regionale Flair ist immer ein ganz anderes. Egal, ob es eine ganze Strecke ist, die man innerhalb Deutschlands zuwandert, oder ob es von außerhalb Deutschland ist. Und ich denke, da muss man sich in jedem Fall einfinden, ganz egal woher man kommt. Und wenn man das geschafft hat und sagt, 'o.k., hier bleibe ich' - dann ist es doch gut, wenn man das kann."
Ein Sitz in der Gemeindeverwaltung wäre der erste Schritt
Vor allem der gemeinsame politisch-konservative Hintergrund prägt die Themen der CDU-Kandidatin. Bereits ihre Mutter war in der österreichischen ÖVP aktiv. Dennoch will sie auch ihre eigenen Zuwanderer-Erfahrungen in die politische Arbeit einbringen: "Wo man manchmal auf Grenzen stößt, die man so nicht erwartet hätte: Zum Beispiel, dass ich lange daran arbeiten musste, dass meine eigene Ausbildung als Erzieherin hier in Deutschland anerkannt wurde und ich tatsächlich ins Berufsleben eintreten konnte. Und wo man sich dann einbringen kann und sagt: 'Mensch, wieso ist das für die Leute so schwierig, wenn wir in der Europäischen Union sind. Wieso ist es so schwierig, Ausbildungen länderübergreifend anzuerkennen?' So etwas kann doch auch einfacher gehen."
Ein Sitz in der Gemeindevertretung, auch ohne deutschen Pass, das wäre der erste Schritt, findet Brandstetter. Wie alles weitergeht, das lässt die Treuenbrietzenerin erst einmal lieber offen: "Ich glaube nicht, dass ich eine Bürgermeisterin von Treuenbrietzen werde, noch will ich es werden", sagt sie. Aber immerhin sei ja auch Arnold Schwarzenegger als Zugewanderter Gouverneur in Kalifornien geworden, auch wenn er damals schon kein österreichischer Staatsbürger mehr war, sondern amerikanischer. "Für mich hat dieser Pass keine Signalwirkung, aber ich behalte ihn sehr gerne."