Knastarbeit und Mindestlohn

Raus aus dem Knast!

Knastarbeit und Mindestlohn – eine politisch-juristische Kontroverse

Die Debatte um den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn geht in die letzte Runde. Im Bundestag finden die parlamentarischen Lesungen statt und Anfang Juli dieses Jahres soll das Mindestlohn-Gesetz vor der Sommerpause verabschiedet werden. Eine unserer zentralen Forderungen lautet, dass beschäftigte Inhaftierte nicht weiter in der öffentlichen Debatte um den Mindestverdienst pro Arbeitsstunde übergangen werden. Die Devise ist klar: Mindestlohn für gefangene Arbeiter und Arbeiterinnen!

 

Mit unserer Initiative schließen wir uns der generellen Forderung von engagierten Gewerkschaftern und Gewerkschafterinnen des DGB sowie von Basisgewerkschaften wie den Industrial Workers of the World (IWW) und der Freien Arbeiter- und Arbeiterinnen Union (FAU) an, keinerlei Ausnahme hinsichtlich des Mindestlohns zuzulassen. Jeder Türspalt, der beim Mindestlohn für Ausnahmetatbestände geöffnet wird, bedeutet im Kern, dass (Alltags-)Armut trotz (Lohn-)Arbeit eine ständige „Begleiterscheinung“ ist.

 

Die Mindestlohndebatte

 

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen (UN), formulierte schon 1970 für ihre mehr als 180 Mitgliedsstaaten eine Absichtserklärung zur Einführung von Verfahren zur vertraglichen Festlegung von Mindestlöhnen. Diese Empfehlung, die von der Mehrheit der industrialisierten Staaten des Nordens angenommen wurde, spielte offenbar für Generationen von Verantwortlichen und Aktivisten und Aktivistinnen in gewerkschaftlichen Kreisen keine wesentliche Rolle.

 

Insbesondere kam der schwerfällige Apparat des DGB erst durch inneren Druck der Mitgliedsbasis und äußere Anschübe in den letzten Jahren in Bewegung. Einige Einzelgewerkschaften des DGB, vor allem die IG BCE und die IG BAU, widersetzten sich lange der Forderung nach einem staatlich festgesetzten Mindestlohn. Diese eher dem rechten Flügel des DGB zu zuordnenden Einzelgewerkschaften sahen darin eine Einschränkung der Tarifautonomie der sogenannten Sozialpartner (das Lager der Vertretungen der Beschäftigten und das der Unternehmer und Konzerne). Eine staatliche Festsetzung von Lohnuntergrenzen bedeute diesen zufolge, dass den „Sozialpartnern“ die Macht genommen werde, Tariflöhne in Eigenregie auszuhandeln.

 

Im Grunde stellt die Einführung des Mindestlohns eine Bankrotterklärung der (staatstragenden) Gewerkschaften dar, da sie sich in der vergangenen Zeit nicht in der Lage sahen, den Beschäftigten ein auskömmliches Einkommen im Rahmen von Tarifverhandlungen zu erstreiten.

 

Letztlich konnte sich der DGB dieser gesellschaftspolitischen Debatte nicht mehr verschließen und verkündete auf dem Bundeskongress 2006 eine Initiative zur Durchsetzung eines Mindestlohns. Der damals mit € 7,50 taxierte Mindestlohn wurde auf dem DGB-Bundeskongress 2010 auf den Level von € 8,50 angehoben. Seitdem betrachten sich die Hauptamtlichen des DGB als Vorreiter der Einführung eines universellen Mindestlohns.

 

Das Mindestlohngesetz (MiLoG)

 

Die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) verfolgt die Absicht, dass der aus ihrem Ministerium vorgelegte Gesetzesentwurf für alle Branchen den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn festlegen würde. Somit käme eine mehr als ein Jahrzehnt währende gesellschaftliche Debatte um das Pro und Contra einer sogenannten Lohnuntergrenze zu seinem (gesetzgeberischen) Abschluss. Allerdings wird bis zuletzt in der Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD darum gefeilscht, welche Bevölkerungsgruppe von einer Inanspruchnahme der staatlich verordneten Minimumregel für Lohnarbeiten ausgeschlossen werden soll. Die Unternehmens- und Wirtschaftsvereinigungen (BDI, BDA) machen ihrerseits Stimmung, um weitergehende Klauseln der Einschränkung über öffentlichen Druck zu erwirken.

 

Zumindest können wir festhalten: Mit der Etablierung des Mindestlohns ist ein Rückgewinn an „institutionellen Machtressourcen“ zu verzeichnen. Damit ist gemeint, dass aufgrund von bspw. gesetzlichen Regelungen Rechte und Standards fest verankert sind, die man auch einklagen kann.

 

Die Unterhöhlung des Mindestlohns durch Ausnahmen findet bereits im Vertrag der Großen Koalition seinen Ausdruck. Ehrenamtliche Tätigkeiten, Menschen, die ein Praktikum während ihrer schulischen oder universitären Ausbildung machen oder generell in der Ausbildung stecken, fallen nicht unter diese Regelung. Im Verlauf der Beratungsrunden zwischen den Koalitionsparteien wurden weitere Gruppen von der Lohnuntergrenze ausgeschlossen: Lohnabhängige unter 18 Jahre und Langzeitarbeitslose, die im ersten halben Jahr ihrer Anstellung vom Mindestlohn ausgenommen sind. Somit wurde Stück für Stück der ursprünglich als flächendeckend bezeichnete Mindestlohn durchlöchert.

 

Es ist vorgesehen, dass Abstufungen nach unten beim Mindestlohngesetz bis zum 31.12.2016 durch bestehende bzw. laufende Tarifverträge möglich sein sollen. Erst ab 01.01.2017 soll der löchrige Mindestlohn uneingeschränkt gelten. In einer sogenannte Kommission der Tarifparteien, damit sind die Gewerkschaften und die Arbeitgeber- und Kapitalverbände gemeint, soll mit Wirkung zum 01.01.2018 die Lohnhöhe überprüft und in einem bislang nicht definierten Modus der allgemeinen Lohnentwicklung und Preissteigerung angepasst werden.

 

Die DGB-Einzelgewerkschaft verdi geht bereits einen Schritt weiter. Von € 8,50 Mindestlohn kann man seine materielle Existenz nicht sichern. Verdi fordert, den Mindestlohn zügig auf € 10,00 pro Arbeitsstunde zu erhöhen. Auch wenn dies einen Fortschritt darstellt, handelt es sich noch immer um ein karges Auskommen. Um eine solide finanzielle Absicherung zu haben, sind eher € 12,50 pro Arbeitsstunde erforderlich.

 

Mindestlohn als faktischer Armutslohn

 

Ein Mindestlohnsatz von € 8,50, so Kritiker und Kritikerinnen aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, schafft den Niedriglohnbereich nicht ab, sondern reguliert diesen nach unten hin. D.h., es soll eine ins Bodenlose reichende Lohnabsenkung verhindert werden.

 

Der Mindestlohn nimmt mehr den Charakter einer „Fürsorgeleistung“ an, als dass er einen Lebensstandard fixiert, der Lohnabhängige vor Dumping- und Hungerlöhnen schützt. Der Mindestlohn kann zudem zu einer Art Lohnleitlinie für Tarifverhandlungen werden, nach der Löhne und Gehälter oberhalb dieser Marke als „zu hoch“ gelten.

 

Wie unzureichend der geplante Mindestlohn von 8,50 ist, zeigt allein, dass die Niedriglohngrenze (Lohn unterhalb von zwei Dritteln des mittleren Einkommens) nach den Richtlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zurzeit in der Bundesrepublik im europäischen Vergleich bei knapp über € 9,50 liegt. Etwa 24% der Vollzeitbeschäftigten erhält ein Salär unterhalb der Niedriglohngrenze und etwa 17% der Lohnabhängigen muss mit weniger als € 8,50 brutto in der Lohntüte auskommen, was etwa 5,6, Mio. Beschäftigte in diesem Land sind.

 

Ein bereits oben kurz erwähntes Grundproblem ist, dass der Mindestlohn nicht automatisch an die Entwicklung der Bruttolöhne und Gehaltssummen angeglichen wird. Ein Inflationsausgleich erfolgt gleichfalls nicht umgehend.

 

Die Debatte um die Lohnhöhe auf einem Mindestniveau bewegt sich vornehmlich am unteren Ende der Lohnskala und verdeckt dabei die legitime Forderung nach einem Ausgleich des permanenten Reallohnverlusts.

 

Die geplanten Ausnahmen verstoßen des Weiteren gegen ILO-Standards und die Europäische Menschenrechtskonvention, denn es ist bspw. jede unmittelbare oder mittelbare Altersdiskriminierung abzuschaffen. Die Ausnahme für beschäftigte Jugendliche im MiLoG stellt aber gerade einen solchen Verstoß dar.

 

Bei Langzeitarbeitslosen wird per Gesetzeskraft der Anreiz bei Unternehmern und Unternehmerinnen geschaffen, diese lediglich für sechs Monate einzustellen, damit sie nicht in die Mindestlohnregelung fallen. Wir können es uns an einer Hand abzählen, dass  offene Stellen in Firmen künftig nicht mehr mit Praktikanten und Praktikantinnen gefüllt werden, sondern von halbjährlich ausgetauschten Langzeitarbeitslosen.

 

Wir halten fest: Von Kritikern und Kritikerinnen des vorgelegten Gesetzes-Entwurfs zum Mindestlohn wird angemerkt, dass mit dieser Regelung faktisch ein Niedriglohnsektor etabliert wird. € 8,50 stellen einen Entlohnungssatz dar, mit dem das viel diskutierte Armutsrisiko nicht ausgeschaltet wird, sondern weiterhin besteht.

 

Trotz dieser berechtigten Einwände bedeuten die Mindestlohn-Forderung seitens der Gefangenen und deren Umsetzung einen wichtigen Schritt auf dem Weg einer perspektivischen tarifpolitischen Erkämpfung von gerechtem Lohn für arbeitende Inhaftierte.

 

Gefangene ohne Mindestlohn

 

Eine gesellschaftliche Gruppe fällt bislang völlig unter den Tisch. Inhaftierte, die in den Haftanstalten arbeiten, werden mit keiner Silbe erwähnt. Zehntausende von ihnen verrichten Arbeiten für auswärtige Konzerne, die die billige Arbeitskraft der Gefangenen gerne ausschöpfen, um an den ortüblichen Marktpreisen vorbei Produkte fertigen zu lassen.

 

Staatliche Behörden sind ein Hauptnutznießer der Billiglöhnerei in den Knästen. Der gesamte Verwaltungsapparat des Landes Berlin lebt von dem Nachschub, der durch die Arbeitsleistung der Inhaftierten Tag um Tag bewerkstelligt wird. Keine Amtsstube, keine Schule, die nicht auf die Produkte der Knastarbeit zurückgreift.

 

Auch Gefangene haben nichts weiter anzubieten als ihre Ware Arbeitskraft. Sie stellen diese gegen ein Arbeitsentgelt, eine Vergütung zur Verfügung.

 

Den Inhaftierten wird jedoch der sogenannte Arbeitnehmer-Status verwehrt, denn die Knastarbeit wird im Rahmen des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) als therapeutische Maßnahme ausgelegt. Durch diese Konstruktion wird es ermöglicht, die Maloche hinter Gittern als „Beschäftigungstherapie“ zu verkaufen. Der Gefangene steht demnach in einem sogenannten öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener Art, nicht in einem Arbeitsverhältnis.

 

Die Bemessungsgrundlage für das Arbeitsentgelt der beschäftigten Inhaftierten bildet das durchschnittliche Arbeitsentgelt aller Versicherten der Rentenversicherung. D.h., um es auf eine komplizierte Formel zubringen, dass die Höhe dieser Vergütung neun von Hundert des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller  Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ohne Auszubildende des vorvergangenen Kalenderjahrs beträgt.

 

Die Knastarbeit wird nach fünf Vergütungsstufen „entlohnt“. Der Tagessatz bewegt sich aktuell zwischen € 8,96 in der Vergütungsstufe I. bis zu einem Entgelt eines vollen Arbeitstages von € 14,93 bei der Vergütungsstufe V. Im Einzelfalle können arbeitende Gefangene Leistungszulagen von maximal 25% erzielen. Eine Zulage, die allerdings in der JVA Tegel immer widerwilliger und seltener gewährt wird.

 

Bei der überwiegenden Mehrzahl der Inhaftierten wird dieses schmale Salär dazu verwendet, um sich bspw. über den externen Zusatzeinkauf mit notwendigen Lebensmitteln einzudecken und Familienangehörige draußen finanziell zu unterstützen.

 

Mindestlohn für Gefangene durchsetzen

 

Ob die Beschäftigten hinter Gittern einen Mindestlohn für die von ihnen verrichteten Tätigkeiten erhalten oder nicht, ist wesentlich von ihren Machtmitteln abhängig. Hierbei werden mehrere Machtfaktoren unterschieden, über die gewerkschaftliche Initiativen verfügen müssen, damit sie in den Auseinandersetzungen um ökonomische Tagesfragen nicht unterliegen. Die Verfügung über strukturelle Macht (Produktions- und Marktmacht), Organisationsmacht (Organisierungsgrad, Mitgliederaktivierung), institutionelle Macht (Verfassungsregeln, altbewährte Beziehungsgeflechte des Klassenkompromisses) und nicht zuletzt soziale Macht (Kooperations- und Meinungsmacht) bildet die Voraussetzung, um bspw. in der Mindestlohnfrage nicht nur Gehör zu finden, sondern um selbst berechtigte Forderungen durchsetzen zu können. Diese mangelnde Durchsetzungskraft ist gleichbedeutend mit einer großen Schwäche der Gewerkschaften, wenn sie ihrer Rolle als „sozialer Schutzmacht“ der abhängig Beschäftigten nicht mehr im erforderlichen Maß nachkommen kann.

 

In anderen Ländern der Europäischen Union (EU) ist der Mindestlohn für die Beschäftigten hinter Gittern längst Realität. In Österreich und Italien erhalten die arbeitenden Gefangenen den landestypischen Mindestlohn ausgezahlt. Aber auch in anderen Kontinenten konnten agile Interessenvertretungen Inhaftierter den Mindestlohn hinter den Knastmauern für die Insassen durchdrücken. In Argentinien setzte sich die Gefangenen-Gewerkschaft SUTPLA für die Entlohnung auf Mindestniveau ein. Die SUTPLA ist integrierter Teil des argentinischen Gewerkschaftsdachverbands CTA.

 

Es geht uns als Gefangene um eine (stückweise) Wiedererlangung von Selbstbestimmung und Eigenständigkeit; ja, um Autonomie. Wir sind zwar inhaftiert, d.h. die (relative) Freiheit ist uns genommen, aber wir sind nicht ausnahmslos aller bedeutenden Grundrechte beraubt. Wir nehmen das wahr, was uns rechtlich zusteht. Das, was uns verweigert wird, versuchen wir politisch durchzusetzen.

 

Unser Ziel ist es, mit dem Mindestlohn einen Schritt aus der administrativen Entmündigung zu gehen. Die anfallenden Haftkosten könnten dann, wie im offenen Vollzug üblich, anteilig übernommen werden.


Arbeitswelt JVA Tegel

 

Die JVA Tegel  im Berliner Stadtbezirk Reinickendorf verfügt über vierzehn  anstaltseigene handwerkliche Betriebe (u.a. Glaserei, Tischlerei, Schlosserei, Schneiderei, Polsterei, Buchbinderei, Bäckerei), die mitunter zu den deutschlandweit größten Handwerks- und Meisterbetrieben zählen.

 

Die Polsterei hat z.B. nicht nur das Berliner Abgeordnetenhaus mit einer neuen Bestuhlung ausstaffiert, sondern liefert auch frische Bezüge für die Sitzmöbel der Zugabteile der Deutschen Bundesbahn (DB). Die Fachkräfte aus der Polsterei sind in den kleinen städtischen Betrieben nach ihrer Haftentlassung begehrte Arbeitnehmer, da sie sich im Anstaltsbetrieb ein hohes und spezialisiertes Fachwissen aneignen konnten. Die JVA-Polsterei ist in Berlin ausschließlich in der Lage, bestimmte Sitz- und Liegemöbel bspw. aus der Biedermeierzeit fachgerecht aufzuarbeiten und zu restaurieren.

 

In den sogenannten Unternehmerbetrieben der JVA werkeln die Gefangenen auf einer Stücklohnbasis für Fremdfirmen, die die Akkordhetze der Inhaftierten sprichwörtlich in Kauf nehmen. Unklar ist, inwieweit das Vergütungssystem der 5 Entgeltstufen der Anstalt mit der Stücklohnberechnung in Einklang gebracht wird. Hier besteht Aufklärungsbedarf.

 

Undurchsichtig sind zudem die Lohnabrechnungen, da auf dem Lohnstreifen bspw. Fehlzeiten bei einer täglichen Arbeitszeit von 444 Minuten nicht aufgeschlüsselt sind, so dass für den arbeitenden Beschäftigten nicht nachvollziehbar wird, welche Anzahl von vermeintlichen Fehlminuten verlorengegangen sind. Lohneinbußen können somit nicht überprüft werden.

 

Um die rechtlose Situation in den bundesdeutschen Haftanstalten an einem weiteren Beispiel zu dokumentieren, sei darauf verwiesen, dass eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nicht vorgesehen ist. Simple sozialrechtliche Standards gelten offenkundig nicht hinter den Knastmauern.

 

Gegen Lohndumping und Hungerlöhne in den Haftanstalten

 

Als Gefangenen-Gewerkschaft der JVA Tegel setzen wir auf sechs Aspekte, die unsere politische Stoßrichtung hinsichtlich der Debatte um die Lohnfrage im besonderen und die Arbeitsbedingungen im allgemeinen im Knast definieren:

 

·         Es sollte im Interesse der Gewerkschaften sein, dass in den Knästen nicht zu Dumpinglöhnen gearbeitet wird, die vor den Anstaltstoren nicht zu unterbieten sind. Diese Preisdrückerei wird von den Anstalten auch noch als Werbemittel angepriesen, um sich als besonders günstiger Wettbewerber im „Marktgetümmel“ in Szene zu setzen.

 

·         Knäste werden so zu „Sonderwirtschaftsregionen“, in denen arbeitsrechtliche Standards, für die Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen in früherer Zeit vor uns gekämpft haben, ausgehebelt werden. Konzerne funktionalisieren Knäste als verlängerte Werkbank, die bestimmte Tätigkeiten in die JVA-Betriebe auslagern.

 

·         Der Trend der teilprivatisierten Knäste hält auch in der Bundesrepublik Einzug. Die Haftanstalt Burg in Sachsen-Anhalt ist ein Beispiel hierfür. In den USA ist das Modell, Knäste zu Massenproduktionsstätten zu machen, unter dem Stichwort „Prison Industrial Complex“ (PIC) bekannt. Dieses System des „gefängnisindustriellen Komplexes“ benötigt billige und gefügige Arbeitskräfte, die weder auf´s Entgelt blicken noch ihre Rechte einklagen.

 

·         Die Abschaffung der anstaltsinternen Arbeitspflicht, die im § 41 StVollzG verankert ist, ist umgehend in Berlin und anderswo umzusetzen, zumal die Verpflichtung zur Arbeit in den Haftanstalten in der noch nicht verabschiedeten Neufassung des Strafvollzugsgesetzes nicht mehr vorgesehen ist. Der administrative Zwang zur Arbeitsaufnahme vor dem Hintergrund der Billiglöhnerei ist grundsätzlich abzulehnen.

 

·         Der Kampf gegen prekäre Arbeitsverhältnisse kann nicht vor den Stahltoren der Haftanstalten haltmachen. Es gehört zu den ureigenen Aufgaben selbstorganisierter basisgewerkschaftlicher Initiativen, solche Zustände nicht nur anzuprangern, sondern abzuschaffen. Die Hebung der ökonomischen Klassenlage ist ein Minimalziel.

 

·         Es geht uns als Gefangenen-Gewerkschaft der JVA Tegel um die Erlangung der vollen Gewerkschaftsrechte – auch hinter Gittern. Das bedeutet, dass wir – wie unsere Kollegen und Kolleginnen draußen – nicht auf Arbeitskampfmittel verzichten wollen, die zur „Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ geeignet sind. Die Lohnfrage ist hierbei eine zentrale Frage des ökonomischen Kampfes.

 

Gefangenen-Gewerkschaft der JVA Tegel

 

Juni 2014

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

ich begrüße und unterstütze Eure Forderung.

Allerdings wird es mit einer reinen Arbeitsniederlegung nicht funktionieren.

Ihr müsst dann vielleicht noch zu radikaleren Methoden greifen wenn Ihr Erfolg haben wollt - Rede-, Besuchs-, Hunger- und Durststreik.

 

Viel Erfolg - Venceremos!