Anzeige nach Reizgas-Einsatz

Umgekippte Glascontainer in Lindenau: Ein Teil der Gegendemonstranten war auf Gewalt aus. Foto: Dirk Knofe
Erstveröffentlicht: 
20.05.2014

NPD-Gegner verletzt - Polizei ermittelt / Staatsanwalt prüft Nazi-Plakat

Von Frank Döring

 

Nach dem Reizgas-Einsatz bei Protesten gegen den Aufzug der NPD-Jugendorganisation in Lindenau ermittelt die Polizei in den eigenen Reihen. Am Sonntag war Frank Kimmerle vom Verein Erich-Zeigner-Haus durch einen Beamten an den Augen verletzt worden. "Er hat sein Spray herausgezogen und wild von links nach rechts gesprüht", so Kimmerle, Anmelder einer der Gegenkundgebungen, gestern gegenüber der LVZ. "Ich habe es frontal abbekommen. Dabei gab es keinen Grund, mich anzusprühen. Es brannte in den Augen wie Feuer."

 

Kimmerle wollte gestern Anzeige wegen Körperverletzung erstatten. Doch die Polizei ermittelt bereits von Amts wegen. Denn schon am Sonntag berichtete die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Grüne), die sich in der brenzligen Situation direkt neben Kimmerle befand, von dem Fall an der Kreuzung Demmeringstraße/Merseburger Straße. "Aufgrund dieser Schilderung haben wir eine Anzeige gegen Unbekannt aufgenommen", sagte Polizeipräsident Bernd Merbitz auf Anfrage.

 

Kimmerle werde dazu als Zeuge befragt. Lazar blieb zwar unverletzt, erlitt nur eine leichte Augenreizung, kritisierte aber den Polizeieinsatz scharf. "In dieser Situation war das harte Eingreifen völlig unnötig, es herrschte keinerlei gereizte Stimmung, alle Gegendemonstranten waren entspannt, bis die Polizei aggressiv wurde." Der Beamte, der das Reizgas einsetzte, habe im weiten Bogen gesprüht, auch auf friedliche Demonstranten. Seinen Angaben zufolge sei er zuvor von einem Demonstranten getreten worden. "Es wird untersucht, ob es eine Notwehrsituation war oder nicht", so der Polizeichef. "Wir prüfen jeden Sachverhalt, wenn sich jemand von der Polizei ungerecht oder unverhältnismäßig behandelt fühlt."


Merbitz erinnerte jedoch daran, dass es in Lindenau zu erheblichen Gewaltexzessen durch einen Teil der Gegendemonstranten gekommen sei. Dies sei nicht zu akzeptieren, ein konsequentes Durchgreifen deshalb völlig legitim. 250 der 450 Gegendemonstranten wurden von der Polizei als gewaltbereit eingeschätzt. Fünf Beamte erlitten durch Flaschen- und Steinwürfe leichte Verletzungen. Randalierer hätten aus purer Zerstörungswut abseits der Nazi-Demo Telefonzellen zerstört und Glascontainer auf die Straße gekippt, so Merbitz. 15 Chaoten, die in Gewahrsam gekommen waren, sind wieder auf freiem Fuß.


Ein juristisches Nachspiel hat womöglich auch das Transparent, mit dem NPD-Kader durch Lindenau marschierten: "Nagel, Merbitz, Kasek, Jung sind Leipzigs Beerdigung", war darauf zu lesen, darunter die Konterfeis des Polizeipräsidenten, des Oberbürgermeisters sowie der Linken-Stadträtin und des Grünen-Chefs. Der Fall wird nun der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorgelegt.