[MM] Aktionen gegen Rechte und ihre Gewalt

Infostand Memmingen 2014

Am Karsamstag verteilten Mitglieder und Freunde des Antirassistischen Jugendaktionsbüros mehrere hundert Flugblätter an einem Infostand in der Memminger Innenstadt, um auf den Jahrestag des Mordes an Peter Siebert aufmerksam zu machen. Außerdem hängten Aktivistinnen und Aktivisten am selben Abend 184 schwarze Schleifen in der Fußgängerzone auf, um ein Zeichen im Gedenken an Siebert und die 183 weiteren Todesopfer neonazistischer Gewalt seit 1990 zu setzen. Peter Siebert wurde am 26. April 2008 vom Neonazi Alexander B. mit einem Bajonett erstochen, weshalb am kommenden Samstag eine Demonstration »Gegen Nazis und ihre Umtriebe« in Memmingen veranstaltet wird.

 

»Auch, wenn die Memminger Polizei nicht Müde wird zu wiederholen, dass es sich im Fall Siebert um eine Beziehungstat handelte und so versucht, Menschen von der Teilnahme an der Demonstration abzuhalten«, meint die Aktivistin Marina am Samstag, »sind wir überzeugt: ohne das neonazistische Weltbild des Täters wäre es dazu nicht gekommen.« Tatsächlich räumte Manfred Mürbe, Vizepräsident des Landgerichts Memmingen, laut ZEIT ONLINE zwei Jahre nach der Verurteilung des Täters ein, dass ein rechtsextremer Hintergrund »wahrscheinlich« sei und stellte so das damalige Urteil in Frage. Trotzdem taucht der Fall Peter Siebert wie so viele bis heute nicht in den offiziellen Statistiken der Todesopfer rechter Gewalt auf, wird aber nun neben vielen weiteren einer erneuten Prüfung unterzogen. Doch die jungen Aktivist_innen wollen nicht nur den Opfern rechter Gewalt gedenken: »Dass Neonazis nach wie vor eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen, zeigen etwa die Morde des NSU oder der Totschlag auf dem letztjährigen Kaufbeurer Tänzelfest. Das Mobilisierungs- und Gewaltpotential der örtlichen Faschisten um die Skinhead-Kameradschaft »Voice of Anger« zeigte zuletzt deren Treffen in Apfeltrach.«

 

Am Samstag vor drei Wochen trafen sich in dem kleinen Ort nahe Mindelheim 60 Neonazis aus der Region und dem südlichen Bayern. Bei Kontrollen der Teilnehmer der vorgeblichen Verlobungsfeier wurden Waffen sowie Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sichergestellt. Laut den Nazigegnern schreckt die Szene auch vor dem Einsatz solcher Waffen nicht zurück, was ein Messerangriff auf Andersdenkende in der Nacht 5./6.10.2013 zeige. Auch unternehmerisch sind die Memminger Rechten aktiv. So betreibt Benjamin Einsiedler laut dem Veranstalter der Demonstration den »Einsiedler Print Store«, oder »EPS Werbetechnik« in der Lindenbadstraße. Hier wird nicht nur über Aufträge Unbedarfter Geld in die Szene gebracht, auch etwa »Voice of Anger« Clubjacken und deren Träger seien hier zu sehen.

Den größeren Teil seines Umsatzes dürfte Einsiedler allerdings mit dem klar neonazistischen Sortiment seines Versandhandels und Musiklabels »Oldschool Records« machen. Es liege nahe, dass dessen Produktion ebenfalls in den Räumen der Lindenbadstraße 8 statt finde. Jedenfalls bis vor einer Woche. Seit dem finde offensichtlich ein Auszug statt. Vermutlich scheue der Betrieb die ihm jüngst zu Teil werdende Öffentlichkeit. Vor kurzem versuchte Einsiedler bereits den Onlineauftritt von »Oldschool Records« zu anonymisieren und so seine Verantwortlichkeit zu verschleiern. An welchem Ort zukünftig produziert werde, sei noch unklar, für eine Aufgabe des Geschäfts spricht aber nichts, schließt der Aktivist.

 

Die Demonstration »In Gedenken an Peter Siebert - Gegen Nazis und ihre Umtriebe« soll am Samstag, den 26. April um 14 Uhr am Memminger Bahnhof mit Kundgebungen beginnen und erfährt bereits überregionale Beachtung. So wurden in Ulm und München bereits Veranstaltungen zur Information und Mobilisierung zur Demonstration abgehalten und Zugtreffpunkte zur Anreise aus weiter entfernten Städten vereinbart. Lokal wird die Demonstration unter anderem von verschiedenen Parteien, Gewerkschaften und dem Stadtjugendring unterstützt.

 

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