Das Ganze hier soll kein vollständiger Bericht o.ä. werden. Es ist viel mehr ein Versuch, die Situation zu schildern und die erlebten Eindrücke zu verarbeiten.
Um was es geht: Ende letzten Jahres gab es mehrere Berichte in der Presse zu möglichen Unterkünften für Asylsuchende aus Osteuropa. Als einer dieser Standorte wurde das alte Forsthaus bzw. der naheliegende Betriebshof der Stadt Garbsen genannt.
Dieses Gelände liegt am Rande eines Waldgebietes an der Grenze zum Garbsener Stadtteil Havelse. Die Bürger reagierten größtenteils überrascht und wütend über die „Nominierung“ IHRES Stadtteils. Auch der Garbsener Bürgermeister Alexander Heuer(SPD) reagierte. Er verfasste einen offenen Brief an Hannovers Oberbürgermeister Schostok, mit der Bitte von der Idee hier eine Flüchtlingsunterkunft zu errichten, abzusehen. Gründe dafür sind laut Herrn Heuer: Die eh schon schwierige soziale Lage in Garbsen, die schlechte Verkehrsanbindung und als stärkstes Argument, die Angst der Bürger vor diesen Fremden.
7. Februar:
Seit einigen Tagen wurden in Havelse Zettel/Plakate ausgehängt, welche auf die heutige Veranstaltung hinwiesen. Gegen 11:30 Uhr versammelten sich immer mehr Menschen an genannten Standort in unmittelbarer Nähe zum Möglichen Standort der Unterkunft. Der Großteil der Menschen waren, wahrscheinlich auch auf Grund der ungünstigen Zeit, ältere Personen. Jedoch waren nicht ausschließlich ältere Menschen vor Ort. Unter diesen Menschen waren mindestens 3 Personen der rechtspopulistischen Partei „Die Hannoveraner“ und zwei Nazis in Thor-Steinar Klamotten.
Die Lage war angespannt und es kamen immer mehr Menschen. Am Ende waren es wohl so um die 100 ( Die Veranstalter sprechen von 200!). Die Polizei war insgesamt mit 3 Beamten vor Ort. Die Veranstalter (in Person von Herrn Heuer) hatten wohl nicht mit einem so großem Interesse gerechnet. So gab es Anfangs keine Lautsprecheranlage o.ä., diese wurde dann hektisch nachgeordert.
In der so entstandenen Zwischenzeit unterhielten sich die Menschen in kleineren Gruppen über die Situation. Es wurde bei allen Gesprächen die ich mitbekommen habe ausschließlich von „kriminellen Sinti und Roma“ oder einfach nur von „diesen scheiß Zigeunern“ geredet. Man war der Meinung, dass man „diese Kriminellen hier nicht bräuchte“ und Angst vor ihnen habe. Man könne ja schließlich nicht jedem helfen und Kriminellen erst recht nicht.
Diese durchgängig rassistische und Vorurteils behaftete Situation wurde auch von den anwesenden Politikern in Person von Herrn Büttner (CDU) und Herrn Heuer weiter bekräftigt. Letzterer antwortete auf die Frage, wie die SPD denn FÜR die Zuwanderung von Osteuropäern stehen könne, mit der Begründung: „man hätte ja nichts gegen die gut ausgebildeten Rumänen und Bulgaren, sondern das Problem seien die ganzen Sinti und Roma! Nur das dürfe man in Deutschland ja so nicht sagen, da das ja genau so nen Tabu-Thema wie das ganze mit den Juden!“
Eine weitere Gruppe diskutierte darüber, was man doch machen könnte? „Wenn die unsere Kirchen anzünden müssen wir halt was von denen anzünden!“ Dieser Vorschlag fand bei der Gruppe große Zustimmung. Des weiteren gab es mehrmals die Idee „doch eine Bürgerinitiative zu gründen. Klappt doch andernorts auch!“
Die Rede von Herrn Heuer handelte dann wieder von den „klassischen Argumenten“ wie am Anfang schon beschrieben. Auch diese Rede war wieder voll mit rassistischen Argumenten. Anschließend gab es die Möglichkeit für andere Personen sich zu äußern.
Hier ergriff zuerst eine Frau das Mikro, welche versuchte für ein besseres Miteinander und einen offenen Umgang mit neuen Menschen zu appellieren. Sie wurde, ohne auch nur irgend etwas erklären zu können, ausgepfiffen, angeschrien sie hätte keine Ahnung und sie solle sich endlich verpissen. Auch hier war wieder die extrem aggressive Stimmung gegen Andere bzw. Andersdenkende ganz offensichtlich zu sehen. Viele dieser Aussagen gegen diese Frau waren voller Hass und Unverständnis.
Anschließend kam ein Mann zu Wort, welcher Angst um sein Haus und sein Leben Habe. Außerdem kämen „diese Zigeuner“ eh nur wegen dem Kindergeld, von welchem sie ausschließlich leben würden. Aus diesem Grund hätten Sie auch so viele Kinder, ob es nun ihre eigenen sein oder irgendwelche Fremden. Auch diese Aussagen wurden wieder mit lautem Applaus bestätigt.
Auch der Versuch eines Journalisten der örtlichen Zeitung, die rassistischen Vorurteile zu widerlegen wurde durch laute Bu-Rufe, Pfiffe und Beleidigungen ("Scheiß Presse!!") unmöglich gemacht. Es folgten weitere Menschen, welche die immer gleichen Vorurteile unter großem wiederholten. Die Polizisten, welche vor Ort waren hielten sich komplett zurück, nickten zustimmend oder klatschten bei einigen Aussagen.
In der “Raus mit den Zigeunern“ -rufenden Masse der “besorgten Bürger“ waren nicht nur Rentner sondern auch Lehrer, Politiker von SPD und CDU, Mitglieder der Feuerwehr und Polizisten (welche nicht im Dienst waren und Fotos von sich ganz und gar nicht schön fanden). Mit Ausnahme einiger weniger lag eine komplett rassistische, aggressive Stimmung vor, welche mir für weitere Aktionen bzw. die weitere Entwicklung des Ganzen Angst bereitet.
Die Politik heizt hier die Stimmung noch weiter an. Dies macht eine normale Diskussion über die Situation und jedes Argument für einen friedlichen Umgang mit den möglichen Flüchtlingen unmöglich! Aussagen wie “Man solle doch etwas von ihnen anzünden/abfackeln“ - zwei Tage nachdem in Hamburg drei Asylsuchende bei einem Brand ums Leben gekommen sind - zeigt einmal mehr wie extrem menschenverachtend diese Einstellung ist!
Kein Mensch ist illegal! (A)
Vielen Dank für diesen Bericht
Er ergänzt die unzureichenden Presseberichte sehr gut und macht die erschreckende Stimmung eindrucksvoll deutlich.
http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Region/Garbsen/Nachrichten/Obdachlose...
http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Region/Garbsen/Nachrichten/Garbsens-B...