B: EisfabrikbewohnerInnen: Aktueller Stand und eine Chronologie der frostigen Politik

Eisfabrik

Nach wie vor haben die ehemaligen Bewohnerinnen der Eisfabrik keine feste Unterkunft und übernachten zum großen Teil in Zelten auf der Cuvry Brache. Verantwortlich ist der Bezirk Mitte, der die verwaltungsgerichtliche Anordnung für eine Unterbringung für die Leute von der Eisfabrik einfach ignoniert. Der Bezirk Mitte redet sich heraus, Listen mit Obdachlosenunterkünften zur Verfügung gestellt zu haben, damit wäre für ihn die Sache erledigt. Vielleicht ist es den verantwortlichen PolitikerInnen im Bezirk Mitte nicht bekannt: ab 18 Uhr öffnen die Notunterkünfte, ein Platz ist nicht garantiert, wer einen Platz in den überfüllten Unterkünften ergattert, der muss diese wieder morgens verlassen.

 

Ein Aufenthalt während des Tages oder Unterstellen von Habseligkeiten ist hier nicht erlaubt. Die ehemaligen EisfabrikbewohnerInnen sind aber zum Arbeiten hier und Jobs gehen aber nun mal nicht nur bis um 17:00 Uhr, die meisten Leute finden keine Tagesjobs mit geregelten Arbeitszeiten. Nachtarbeit, Überstunden, etc. sind an der Tagesordnung. Auch könnten die Eisfabrikleute generell keine Nachtjobs annehmen.

 

Ohne Arbeit, keine Wohnung und ohne Wohnung und feste Meldeadresse kein Job. Ein beschissener Kreislauf den ein Bezirk Mitte für die ehemaligen EisfabrikbewohnerInnen mit zu verantworten hat und völlig ignoriert. Dabei gibt es im Bezirk reichlich Leerstand, der im Winter auch noch beheizt wird, es gibt landeseigene Wohnungsbaugesellschaften mit freien Wohnungen... Die Möglichkeiten für den Bezirk Mitte scheinen vielfälltig. Es ist Zeit für Bezirksbürgermeister Frank Henkel, Sozialstadtrat Stefan von Dassel, Bezirksstadträtin Sabine Weißler und die Leute neben und unter ihnen, die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen, dass 23 Menschen zu Obdachlosen gemacht hat.

 

Was bislang geschah:

20 Dez: +++ Urteil +++

Der Bezirk Mitte erzwang vor dem Verwaltungsgericht die Räumung der BewohnerInnen der Eisfabrik an der Köpenicker Strasse. Das Verwaltungsgericht verdonnerte jedoch den Bezirk Mitte „anschließend für eine etwa erforderliche Unterbringung unfreiwillig Obdachloser [zu] sorgen“.

 

27. Dez: +++ Räumung +++ Demo ins Rathaus Mitte +++ Besetzung der St. Michael Kirche +++

Die EisfabrikbewohnerInnen verlassen das Gebäude. Da bis dahin vom Bezirk keine Wohnalternative für die Menschen zur Verfügung gestellt wurde, ging es mit einer kleinen Demo zum Rathaus Mitte, wo die Eisfabrikleute auf ihr Recht auf Unterbringung pochten. Doch niemand schien zuständig zu sein: Bürgermeister Peter Hanke ist im Urlaub, der Sozialstadtrat Stefan von Dassel schien seine Kompetenzen ausgereizt zu haben. Laut Vertretungsordnung war die Bezirksstadträtin Sabine Weißler zuständig. Nach endloser Warterei ließ sie über eine SMS mitteilen, dass der Bürgermeister zuständig sei. Eine einzige Verarsche von Seiten des Bezirk Mitte. Anschließend besetzten die Eisfabrikleute und die UnterstützerInnen die St. Michael Kirche in Berlin-Mitte. Von Gottes Gnaden bot die Diakonie für eine Nacht die Kirche als Unterkunft an. Ansonsten sollen die Eisfabrikleute doch einfach in die Notunterkünfte der Stadt.

 

28. Dez: +++Die Kirchenpforten schließen sich +++ wieder Obdachlos +++ Bezirk Mitte übernimmt Kosten für Hostel +++ Umzug+++

Am Morgen gab es ein Plenum auf dem die Idee enstand Kardinal Woelki der in einer Schöneberger Kirche am Abend predigt, einen Besuch abzustatten. Der Druck auf Bezirk und Kirche zeigten Wirkung. In letzter Minute wurde ein Hostel herbei gezaubert. Von Dassel übernahm freihändig die Kosten und Woelki konnte an diesem Nachmittag in Ruhe seine Predigt halten.

 

8. Jan: +++ Ablauf der Kostenübernahme +++ Besuch bei Henkel und von Dassel +++ wieder auf der Straße +++

Die Kostenübernahme für das Hostel war ausgelaufen und der Hostelbesitzer bemühte seine Hausordnung um die Eisfabrikleute vor die Tür zu setzen. Zusammen mit den UnterstützerInnen ging es zum Treffen mit Bürgermeister und Sozialstadtrat. Versteinerte Mienen ließen sich die Bitten und verzweifelten Wünsche vortragen, aber außer einer Liste von Notunterkünften und der Visitenkarte von Dassel gab es NIX. Man hätte alles nach geltendem Recht getan. Dann fiel dem Bürgermeister Hanke doch noch ein abschließender Satz ein: Aufgrund der Freizügigkeit, die für sie ab 1.1.2014 bestünde, können sie nun einer geregelten Arbeit nachgehen und sich eine Existenz aufbauen und eine Wohnung mieten - man müsse es dann aber auch wollen. Unklar blieb, ob dieses „auch wollen“ die ArbeitgeberInnen und HauseigentümerInnen betraf. Ratlosigkeit machte sich breit.

 

9. Jan: +++ Ver.di wird besucht +++ Pressekonferenz +++

Am frühen Morgen besuchten die Eisfabrikleute und UnterstützerInnen die Ver.di Zentrale und wurden erst mal freundlich empfangen. Die GewerkschaftlerInnen stellten allerdings sofort klar, dass die nicht für Wohnungen zuständig seinen, aber in Arbeitskämpfen würden die Leute ab sofort kontinuierliche Unterstützung bekommen. Es gab eine gemeinsame Pressekonferenz, in der sich der gegenseitigen Solidarität versichert wurde und auch eine symbolische Übernachtung mit Catering ermöglicht wurde. Die Gewerkschaft forderte ein Haus für die Bewohner der Eisfabrik aus dem Besitz des Landes Berlin, das leer steht.

 

10. Jan: wieder auf der Straße +++ Besuch der Links Partei Zentrale +++ LL-Feierlichkeiten wichtiger +++ Notunterkunft in Hostel

Bei der Linkspartei wurden die geräumten EisfabrikbewohnerInnen nicht so freundlich wie Tags zuvor empfangen. Schließlich sei man mitten in den Vorbereitungen zur Rosa-Luxemburg-Konferenz und es gäbe Feierlichkeiten im Haus, aber nur für geladene Gäste. Deshalb könne man nur eine Nacht eine Unterkunft zur Verfügung stellen. Die Parteischergen verwiesen in „Henkel-Niveau“ auf die Notunterkunft in der Fränklinstrasse, neu sei: die hätte auch während des Tages auf und sei somit für die Gruppe wunderbar geeignet. Bei der Nachfrage beim zuständigen Heimleiter, stellte sich dies als glatte Lüge raus. Notunterkünfte öffnen ab 18:00 Uhr und sind am Morgen mit Gepäck zu verlassen. Einige Abgeordnete sorgten dann im Alleingang für eine Lösung und arrangierten Übernachtungen für mehrere Tage in einem Hostel, gesponsert durch türkischstämmige Geschäftsleute.

 

13. Jan: +++ Raus aus Hostel +++ Besetzung der SPD Landeszentrale +++ Rauswurf und Strafandrohung +++

Die symbolische Besetzung des Eingangsbereichs im Kurt-Schuhmacher-Haus im Wedding kam gar nicht gut an. Die Forderung nach Gesprächen über eine Lösung für eine Unterkunft für die zwangsgeräumten Bewohnerinnen der Eisfabrik stieß auf taube Ohren. Wie schon der Bezirk Mitte verwies die Landes-SPD auf die überfüllten Obachlosenunterkünfte. Vielmehr forderten die SPD-Berlin die Eisfabrikleute und deren UnterstützerInnen auf, das Foyer zu verlassen, da die Obdachlosen „die politische Arbeit der SPD stören würden“ und drohten mit der Polizei.

 

14. Jan: +++ Bleibt nur noch die Cuvry Brache +++

Die Leute aus der Eisfabrik leben/frieren seit dem auf der Cuvry-Brache

 

Irgendwann dazwischen: +++ Gericht bestätigt das Urteil des Verwaltungsgerichts+++

Der Senat hatte in der Zwischenzeit noch mal das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20 Dezember überprüfen lassen. Auch die Überprüfung hat ergeben: wenn der Bezirk Mitte Leute durch eine Räumung zu unfreiwilligen Obdachlosen macht, muss der Bezirk auch für die anschließende Unterbringung sorgen.

 

23. Jan: +++ Bauunternehmerin aus Rheinland-Pfalz stellt 5 Leute aus der Eisfabrik ein +++

Eine Bauunternehmerin aus Rheinland-Pfalz hat einen Bericht über die EisfabrikbewohnerInnen und ihr Schicksal auf Spiegel-Online gesehen und hat fünf Leuten einen Job gegeben und für eine Wohnung gesorgt. Spiegel-Online zahlt den Umzug und ist dafür mit der Kamera dabei.

 

23. Jan: +++ Runder Tisch tagt +++ Bezirk Mitte erscheint nicht +++ weiterhin keine Unterkunft+++

Der Runde Tisch verläuft nur mäßig. Es erscheinen u. a. eine SPD-Bundestagsabgeordnete, eine Vertreterin der Integrationssenatorin Dilek Kolat, der bulgarische Konsul, Vertreterinnen von Ver.di, den Grünen und der Linkspartei. Die Bundestagstante will noch mal bei Bezirsbürgermeister Henkel nach haken, warum er seiner Pflicht Unterkünfte für die von ihm Zwangsgeräumten nicht nach kommt. Der Konsul verspricht die Passanträge für geklaute Pässe der Eisfabrikleute schneller zu bearbeiten und lobt Bulgarien, wie schön es doch da für alle ist. Ansonsten viel Gelaber, aber es gibt keine wirklichen Neuigkeiten und Lösungen. Es gibt weiterhin keine Unterkunft.

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Pressemitteilung // Mittwoch, 29.01.2014

Eisfabrik: Bewohner_innen wird ihr Eigentum vorenthalten / Klage bei der Staatsanwaltschaft gegen Bezirksbürgermeister Hanke eingereicht

Die Bewohner_innen der Berliner Eisfabrik in der Köpenickerstraße 40-41, die Ende Dezember durch einen vom Bezirk Mitte erzwungenen Gerichtsbeschluss geräumt wurden, versuchen seit Wochen erfolglos an ihr Eigentum zu kommen. „Wir müssen dringend an unsere Sachen, darunter Winterkleidung, Decken und andere persönliche Gegenstände, die sich noch in der Eisfabrik befinden“, so ein Bewohner. Mehrere Versuche die Gegenstände aus der Eisfabrik zu holen scheiterten am fehlenden Willen des Besitzers Herrn Dr. Durchlaub (Telamon GmbH) und unzureichender Kommunikation des Bezirksamts. Es kann ncht sein, dass nun der Konflikt zwischen Besitzer und Bezirk auf dem Rücken der Bewohner_innen ausgetragen wird.

„Wir werden nun über unsere Anwälte rechtliche Schritte gegen den Besitzer der Eisfabrik einleiten, um an unser Eigentum zu kommen. Dabei wollen wir auch Schadenersatzforderungen prüfen, da wir nun schon seit Wochen nicht an unsere Sachen gelassen werden und wir im Winter dringender denn je darauf angewiesen sind“, so einer der Bewohner weiter.

Während die Bewohner_innen bei zweistelligen Minusgraden im winterlichen Berlin auf der Straße ums Überleben kämpfen, wurde ihr zu Hause mit hohem Kostenaufwand durch eine fünf Meter hohe Steinmauer versiegelt. Trotz Gerichtsbeschluss, der dem Bezirk Mitte neben der Räumung auch eine Unterbringung der Bewohner_innen auferlegt, zeigt sich Bezirksbürgermeister Hanke weiterhin untätig und handelt damit kaltherzig und menschenverachtend. Er lässt Gebäude in Bezirkseigentum, wie die ehemalige Schule in der Adalbertstraße, lieber leer stehen und vergammeln, als sie hilfsbedürftigen Menschen auf der Straße zum Überleben zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund ist bei der Berliner Staatsanwaltschaft nun Anzeige gegen Bezirksbürgermeister Hanke u.a. wegen versuchter fahrlässiger Köperverletzung und unterlassener Hilfeleistung eingereicht worden, um eine Umsetzung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts durch den Bezirk zu erzwingen.

Unterdessen kündigen die Bewohner_innen der Eisfabrik zusammen mit ihren Unterstützer_innen weitere Aktionen an: „Uns geht es derzeit sehr schlecht, wenn sich niemand für uns einsetzt müssen wir selbst tätig werden, um unser Überleben zu sichern, wir werden weiter kämpfen“, so einer der Bewohner.

Die Bewohner_innen der Eisfabrik und Unterstützer_innen

Zum Hintergrund

Die vom Bezirk immer wieder angepriesenen Notunterkünfte für Obdachlose sind nachweislich in der Kälteperiode völlig überfüllt (siehe RBB Beitrag vom 27.01.2014) und daher auch keine Lösung. In diesem Sinne kann von einer Umsetzung des Beschlusses des Berliner Verwaltungsgerichts vom 20.12.2013 durch den Bezirk auch nicht gesprochen werden.

 

Quelle: zwangsraeumungverhindern.blogsport.de

vielleicht könntet ihr noch dazu schreiben, was es mit dieser eisfabrik überhaupt auf sich hat. und was das für menschen sind, die darin gewohnt haben. berlin ist noch immer nicht der nabel der welt, und es gibt eine menge menschen, die noch nie etwas von einer eisfabrik gehört haben.

recht haste. die eisfabrik ist aktuell ein leerstehendes gebäude, ohne strom und wasser. es liegt in Berlin-Mitte an der Grenze zu Kreuzberg, direkt gegenüber der Köpi (sollte bekannt sein). Hier Bilder wie es jetzt aussieht und die feuchten Träume der Elendsverwalter: http://www.nathanhemming.com/website/de/eisfabrik.html

 

Seit Anfang diesen Jahres gilt die sog. "volle Arbeitnehmerfreizügigkeit" für Rumänen und Bulgaren, was einfach bedeutet, dass diese in Deutschland auch legal arbeiten dürfen. Bei den geräumten Bewohner_innen der Eisfabrik handelt es sich um eine Gruppe von ca. 30 Bulgaren (laut Spiegel Sinti und Roma, das hab ich aber vorher noch nicht gehört) welche eben auf der Suche nach diesem Recht sind.  Hier noch das Video von spiegel online: http://www.youtube.com/watch?v=6OFicV8JUmE

alles klar. jetzt lässt sich der obige text in den entsprechenden zusammenhang stellen.

Im Text ist zwei mal die Rede von "Bezirksbürgermeister Frank Henkel", das ist ein Fehler.

Gemeint ist wohl "Bezirksbürgermeister Christian Hanke".

 

Frank Henkel ist der Innensenator von Berlin, der ist wohl nicht gemeint macht aber mindestens die selbe scheiß Politik.

Einen ausführlichen Pressespiegel mit weiteren Materialien gibt es hier:

http://wirbleibenalle.org/?p=1315