Weniger NPD-Kandidaten im Leipziger Umland

Die NPD hängt in der Luft. Hier szenisch dargestellt von Frank Kretzschmar aus Leipzig-Leutzsch.

Im Landkreis Leipzig und Nordsachsen startet die NPD personell stark geschwächt in den Kommunalwahlkampf. So wird die Partei im Vergleich zu 2009 deutlich weniger Kandidaten ins Rennen schicken, in Wurzen überhaupt keinen. Damit zeichnet sich für den 25. Mai der Verlust bisheriger Hochburgen ab.

 

Besonders schlecht stehen die Aussichten für die NPD im Landkreis Leipzig. Dort gab es bei den Wahlen für die Stadt- und Gemeinderäte vor fünf Jahren noch mehr als 50 Bewerber, jetzt sind es nur noch fünf. Sie verteilen sich auf Borna, Brandis, Geithain, Parthenstein und Trebsen. Doch 2009 hatte es allein für diese Orte 16 Kandidaten gegeben. Der Verlust bisheriger Mandate in Bad Lausick, Großbothen, Machern, Mutzschen, Thallwitz und Wurzen steht damit schon knapp ein halbes Jahr vor dem Wahltermin fest.

 

Zuletzt hatte die NPD im Landkreis Leipzig insgesamt 2,6 Prozent der Stimmen erhalten. Das lag leicht über dem Landesschnitt (2,3 Prozent) und entsprach zwölf Sitzen in Stadt- und Gemeinderäten. Nur im allerbesten Fall wird es diesmal für fünf Mandate reichen. Für die zeitgleich stattfindende Kreistagswahl will die NPD zehn Direktbewerber einsetzen, zuletzt waren es 26. Letztlich hatte die NPD 2008 vier Sitze im Kreistag errungen. Von den damals erfolgreichen Bewerbern gehört heute keiner mehr der NPD an.

 

Einschlägige Kandidaten


Schwund gibt’s auch im Landkreis Nordsachsen. Dort hatte die NPD bei den Kommunalwahlen 2009 mit nur 1,4 Prozent sogar unterdurchschnittlich abgeschnitten. Neuerdings will die NPD zwar auch in Taucha und Cavertitz antreten. Dennoch stehen diesmal weniger als die 14 Bewerber vor fünf Jahren zur Verfügung. Einige sind verhindert: Andreas Siegel (Oschatz) verstarb 2010. Und Lars Schönrock, der zuvor neben Maik Scheffler in Delitzsch kandidiert hatte, sitzt in Haft. Er war im vergangenen Jahr zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden und gilt als Kopf eines Rings aus Drogenschmugglern und -händlern, die in großem Stil Cannabis und Crystal Meth in Umlauf brachten.

 

Video: MDR Exakt, Nordsachsen: Neonazis als Dealer -- Die Verstrickungen von rechter und krimineller Szene

 

Im Landkreis Leipzig sieht es nicht besser aus: Tony Keil, 2009 für die NPD in den Bornaer Stadtrat gewählt, schied infolge einer Haftstrafe wegen Körperverletzung aus. Trotz Mandats ist der Bornaer Stadtrat NPD-frei. Und in Bennewitz kandidierte 2009 Chris Rox, doch im Jahr darauf wurde er zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, weil er an einem Überfall auf Fans und Spieler des Fußballvereins „Roter Stern Leipzig“ in Brandis beteiligt war. Zudem gilt Rox als Mitglied der „Terror Crew Muldental“, gegen die weiterhin wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt wird. Die Personalie Rox wird der Partei im neuen Verbotsantrag des Bundesrates zur Last gelegt.

 

Kreisverband noch immer am Boden


Die große Zahl der Bewerber bei den Kommunalwahlen 2009 war einer Öffnung der NPD-Listen für „Freie Kräfte“ und Angehörige der Kameradschafts-Szene zu verdanken. Gesteuert wurde die Zusammenarbeit damals durch Maik Scheffler, Kopf des „Freien Netzes“ (inklusive dem Drogenschmuggler Schönrock), in Absprache mit Holger Apfel. Positive Effekte dieser Zusammenarbeit sind mittlerweile ebenso verpufft wie Apfel selbst.

 

Zwischendrin gab es erhebliche Reibungsverluste: Anfang 2012 hatte der Vorstand des NPD-Kreisverbandes im Landkreis Leipzig hingeschmissen. Es folgten etliche Parteiaustritte, denen sich auch kommunale Mandatsträger anschlossen. Der Bruch war perfekt, als der Landesvorstand die Austritte öffentlich begrüßte und den „organisatorischen Notstand“ über den Kreisverband verhängte. Seitdem existierte er faktisch nicht mehr. Zwischenzeitlich wurde Maik Scheffler zum Kreisvorsitzenden ernannt, den glücklosen Posten hat Ende 2013 Manuel Tripp (Geithain) übernommen.

 

Kommunale Entankerung


Tripp versprach sogleich im Hinblick auf die Kommunalwahlen, „an vorhandene Erfolge im Muldental anzuknüpfen, sowie neue Regionen im Leipziger Land zu erschließen“. Aber das ist schon angesichts des mageren Kandidaten-Aufgebots ausgeschlossen – in früheren Hochburgen, insbesondere der Kreisstadt Wurzen, ist die NPD nicht einmal mehr zu einer Kandidatur in der Lage. Das Ziel einer „kommunalen Verankerung“ der Partei, die bisher durch flächendeckende Wahlantritte abgesichert werden sollte, wird damit demonstrativ verfehlt.

 

Noch nicht bekannt gegeben wurde, welche Kandidaten in der Stadt Leipzig aufgestellt werden. Im Jahr 2009 gab es mit 23 Bewerbern ein Großaufgebot für den Stadtrat. Aber einflussreiche Kader wie Istvan Repaczki haben der NPD den Rücken gekehrt, Tommy Naumann ist verzogen und selbst der damals gewählte NPD-Stadtrat Rudi Gerhard hat mittendrin aufgegeben. Klaus Ufer sitzt seitdem allein für die Partei im Stadtrat und erzielt keinerlei Wirkung in der Öffentlichkeit. Dass mittlerweile Maik Scheffler plant, den Leipziger NPD-Verband zu übernehmen, dürfte angesichts der von ihm maßgeblich beeinflussten Negativ-Entwicklung im Umland alles andere als ein Erfolgsgarant sein.

 

Abwärtstrend hält an


Aber mit Erfolgen wird die Partei derzeit auch nicht verwöhnt. Zwar erklärte der neue NPD-Vorsitzende Udo Pastörs die „Affäre Apfel“ am vergangenen Wochenende für „beendet“. Er wies aber auch auf die prekäre Finanzlage und die schmaler werdende Personaldecke der Partei hin, die beim kommenden Bundesparteitag nochmals ins Rutschen kommen könnte. Innerparteilich ist nämlich klar, dass die „Affäre Apfel“ über Jahre gedeckelt wurde: Neben der angeblichen Grabscherei Apfels gegen den Leipziger Nachwuchs-Nazi Daniel Speck wird noch über einen weiteren, vergleichbaren Fall verhandelt. Der soll sich in Gröditz ereignet haben und bald sechs Jahre zurückliegen.

 

SzenekennerInnen nehmen nun an, dass die Partei schwerpunktmäßig nicht auf die Kommunal-, sondern auf die gleichzeitige Europawahl sowie die sächsische Landtagswahl Ende August fokussieren will. Dabei wird die NPD insbesondere versuchen, mit rassistischen Themen zu punkten – aktuell wird schon ein neuer „Lichtellauf“ in Schneeberg vorbereitet. Fraglich bleibt, ob das die NPD retten kann: Jüngste Umfragen sehen sie auf dem absteigenden Ast, der bedeutsame Wiedereinzug in den sächsischen Landtag steht in der Sternen. Und seit mehreren Jahren verliert die NPD bundesweit stetig an Mitgliedern, die Schmelze betrifft im Jahresschnitt etwa 300 Personen. Das Ausscheiden des bisherigen Parteivorsitzenden Apfel wird daran nichts ändern – weil der Trend schon vor ihm einsetzte.

 

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