Recherchen der linken Szene
Antifa spähte Weiler Neonazi aus – und kritisiert Polizei
Die Festnahme eines Weiler Neonazis, der sich Materialen zum Bombenbau besorgt hatte, geht auf die Freiburger Antifa zurück. Diese sagt: "Wir hatten bessere Informationen als die Polizei."
Letztendlich mussten die Ermittler diese Woche nur noch die Handschellen klicken lassen. Der Weiler Bombenbastler aus der Neonazi-Szene wurde ihnen sozusagen auf dem Silbertablett serviert. Die Anzeige kam von Unbekannt. Wer den Fall aufgedeckt und bis in die Details hinein aufgelöst hat, ist dagegen bekannt: Freiburgs Autonome Antifa hat ganze Arbeit geleistet und so offenbar terroristische Pläne vereitelt.
Fahnder sind verblüfft
Noch bevor die Ermittler in Lörrach zur Pressekonferenz eingeladen hatten, hatte die Antifa ein langes Communiqué ins Internet gestellt, das alle Hintergründe der Verhaftung auflistete und keine Fragen offen ließ. Hinter vorgehaltener Hand gaben die verblüfften Fahnder zu, dass die Angaben der "Autonomen Ermittler" aus Freiburg gestimmt haben. Die bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Mengen an Chemikalien hat die Antifa aufs Gramm genau und mit ihrer jeweiligen Bezeichnung im Internet aufgelistet. 22 Kilogramm Rohmaterial nämlich. Eine größere Menge ist bei Neonazis in Deutschland noch nie gefunden worden.
Ein Vertreter der Antifa, welcher der Redaktion namentlich bekannt ist, aber in der Zeitung anonym bleiben möchte, zeigte abgefangene E-Mails des jetzt verhafteten Neonazi. "Wir haben uns jetzt langsam strukturiert und gehen zum Gegenschlag über", heißt es da. Ein anderes Mal bietet sich der jetzt festgenommene Bombenbastler an, inkognito einen Vortrag der Antifa in der Freiburger KTS zu besuchen. Das war im vergangenen Sommer. "Wir wissen nicht, ob er wirklich da war", sagt der BZ-Gesprächspartner.
Für die Autonomen steht auch fest, dass die Neonazis Anschläge planten. Sie glauben auch nicht, dass es sich bei dem Weiler mit seiner Bomben-Idee um einen Einzeltäter handelt. Seine Absichten jedenfalls hat der 22-Jährige in Nachrichten an "Kameraden" nicht verschleiert: Er wolle für den Erhalt und das Überlebensrecht seines Volkes kämpfen, "wenn nötig später auch militant, selbst wenn ich dafür mein Leben opfern müsste", schrieb er schon 2007, laut Mails, welche die Antifa gesichert hat.
Die Ermittlungsarbeit gegen Rechts, wie die Antifa sie mit Verve und Computerfachwissen betreibt, ist – natürlich – nicht legal. Man sehe sich aber dazu gezwungen, weil es sonst niemand tun würde, verteidigt der Gesprächspartner aus der Szene das Vorgehen. Er fragt: "Was macht eigentlich der Verfassungsschutz den ganzen Tag?" Der Bombenbastler habe schließlich auf der Internetplattform SchülerVZ mit seinen Vorhaben geprahlt. "Wir hatten bessere Infos als die Polizei", sagt der Mann aus der linken Szene.
Die Autonomen glauben, dass mit der Enttarnung des Weiler Rechtsradikalen der Neonaziszene ein schwerer Schlag beigebracht worden ist: Der Kopf sei erst einmal abgesägt. Aber es gebe noch andere Fälle, die unter Beobachtung stünden. Die Autonomen wollen am Ball bleiben: "Wir vertrauen der Polizei nicht,wir vertrauen nur uns selbst."