Faschistische Aktivitäten in der Region Heilbronn 2013

NPD-Wahlkampfkundgebung in Heilbronn am 31.August 2013

Auch im neuen Jahr: Für einen aktiven Antifaschismus!
Seit 2010 veröffentlichen wir jeweils zum Jahresende und ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine „Chronik faschistischer Aktivitäten in der Region Heilbronn“.
Auch für das zurückliegende Jahr 2013 liegt diese Zusammenstellung, mit der wir gleichzeitig einen Überblick über rechte Strukturen in unserer Region geben möchten, nun vor.


Die Notwendigkeit eigenständiger antifaschistischer Recherche- und Dokumentationsarbeit ist unserer Meinung nach offensichtlich. Wer sich auf staatliche oder staatlich kontrollierte Quellen und „Aufklärungsinitiativen“ über Nazis verlässt, wird in der Regel schlecht informiert und bekommt vor allem nicht die Informationen, auf die eine effektive antifaschistische Politik angewiesen ist.

Dazu gehört das Wissen über Aktivitäten, wichtige Personen, zentrale Strukturen und die Infrastruktur der Faschisten.
Diese Kenntnisse sind notwendig, um eine realistische Einschätzung rechter Bestrebungen erlangen und die angemessene Gegenwehr aufbauen zu können.
Dass diese Gegenwehr gegen Nazis die Aufgabe der Zivilgesellschaft ist, also selbst in die Hände genommen werden muss, ist im Zuge der Debatten um den NSU und das diesbezügliche staatliche Versagen oft genug gesagt worden. Das ändert aber nichts an der Richtigkeit dieser Erkenntnis.
Nur ein vielfältiger Widerstand in allen gesellschaftlichen Bereichen und mit den verschiedensten Mitteln kann es schaffen, die Nazis zu schwächen und rassistische und antisemitische Ideologien zurückzudrängen.
In Heilbronn gab es im Jahr 2013 zahlreiche Initiativen und Aktionen, die wichtige Impulse in diesem Kampf setzen konnten.
Wir denken hierbei an die Mobilisierung des Bündnisses „Heilbronn stellt sich quer“ gegen die NPD-Kundgebung im August und an die Kampagne gegen Nazi-Terror, Rassismus und den „Verfassungsschutz“ im Oktober und November.
Wir denken genauso an die zahlreichen kreativen Aktionen gegen die Infostände der Rechtspopulisten von „Pro Heilbronn“, an die Präsentation des Dokumentationsfilms „Blut muss fließen“ im Arthaus-Kino, an die „Refugees Liberation Tour“ gegen die miserablen Lebensbedingungen geflüchteter Menschen und an zahlreiche spontane und direkte antifaschistische Interventionen im Alltag.
Auch wenn vieles davon noch ausbaufähig ist, konnten mit diesen Aktivitäten insgesamt die Bedingungen für Nazis und rechtes Gedankengut in unserer Region verschlechtert werden.
Im Jahr 2013 hat sich endgültig gezeigt, dass der von den Faschisten erhoffte Effekt des großen Naziaufmarschs am 1.Mai 2011, mit dem sie auch ihre lokalen Strukturen stärken wollten, durch kontinuierliche antifaschistische Arbeit verhindert werden konnte.
Dies lässt sich auch ganz konkret z.B. durch das Verschwinden der „Aktionsgruppe Heilbronn“ (AG Heilbronn) oder den Verzicht auf größere öffentlichkeitswirksame Aktionsformen nachweisen.
Auch wenn hierbei sicherlich auch interne Probleme und das momentan vergleichsweise große mediale Interesse am Thema eine Rolle spielen, wird es vor allem die Aufgabe von uns und allen AntifaschistInnen in der Region sein, daran auch im neuen Jahr fest zu halten und den Druck auf die Nazis noch zu erhöhen. 

Für einen starken antifaschistischen Widerstand 2014!

 


 

Wichtigste Struktur der Nazis: NPD und JN

Weiterhin bleibt es dabei, dass der Kreisverband der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) und der „Stützpunkt Heilbronn-Hohenlohe“ der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) die zentralen Strukturen der faschistischen Szene in der Region sind.
Das Netzwerk der NPD Heilbronn ist über viele Jahre gewachsen und wird von erfahrenen Kaderfiguren wie dem Kreisvorsitzenden Matthias Brodbeck oder dem Altnazi Siegfried Gärttner aus Brackenheim, aber auch von jüngeren Parteimitgliedern wie Daniel Reiß, Martin Jannasch oder Tobias Erdmann gepflegt.
Regelmäßige „Stammtische“ des NPD-Kreisverbandes, bei denen aktuelle Themen besprochen und Termine bekannt gegeben werden, finden im Raum Heilbronn, im Raum Hohenlohe und im Main-Tauber-Kreis statt.
Wie unserer Chronik zu entnehmen ist, führt die NPD in der Region immer wieder Feste, Rednerabende und „kulturelle“ Veranstaltungen im Rahmen der „Brauchtumspflege“ durch. Diese Aktivitäten dienen größtenteils der internen Schulung, der „Kameradschaftspflege“ und der Einbindung von Interessierten aus dem Umfeld. Öffentlichkeitswirksam tritt der NPD-Kreisverband nur vereinzelt mit Informationsständen in Erscheinung.
Die von uns schon im letzten Jahr beschriebenen Mobilisierungsschwierigkeiten der lokalen NPD setzten sich auch im Jahr 2013 fort.
So konnten die Faschisten den Bundestagswahlkampf nur mühsam durchführen und schafften es beispielsweise nicht, in der Stadt Heilbronn mit Plakaten präsent zu sein. Auch auf in vorigen Wahlkämpfen immer wieder eingesetzte Mittel wie Kundgebungen oder „Lautsprecherfahrten“ musste die NPD verzichten. An der von Bundes-Funktionären organisierten Wahlkampfkundgebung der NPD im August in der Heilbronner Innenstadt waren die lokalen NPDler nicht beteiligt.
Diese Schwächen sind teilweise auf die massiven Probleme zurückzuführen, die die NPD aktuell bundesweit hat (keine Führung, Finanzdebakel, Verbotsverfahren).
Sicherlich spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, z.B. die fehlende Verankerung in der Stadt (der eine hohe Präsenz in Städten im Landkreis entspricht).
Der Kreisvorsitzende Matthias Brodbeck ist zudem im Zuge der „NSU-Aufklärung“ persönlich in Bedrängnis gekommen. Die ehemalige V-Frau des baden-württembergischen „Landesamtes für Verfassungsschutz“ Petra Senghaas alias „Krokus“ bringt ihn und weitere NPD-Aktivisten aus der Region (z.B. die Friseurin Nelly Rühle aus Wolpertshausen) mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Verbindung. Mittlerweile wohnt Brodbeck in Weikersheim (Main-Tauber-Kreis) und ist damit im Landkreis Heilbronn wenig präsent.
Nichtsdestotrotz gehört die Heilbronner NPD zu den mitgliederstärksten und aktivsten Gliederungen der Partei in Baden-Württemberg und ist u.a. durch das Engagement von Brodbeck im Landesvorstand überregional eingebunden.

Die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) versuchten 2013, die Schwächen ihrer Mutterpartei mit einem regen Aktivismus zu kompensieren und für Nachwuchs zu sorgen.
Der Stützpunkt „Heilbronn-Hohenlohe“ setzte dabei weiterhin auf regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit über soziale Netzwerke (Twitter, Facebook) und verschiedene spontane Auftritte und Verteilaktionen in der Stadt, bei denen u.a. auch die „Schulhof-CD“ des JN-Landesverbandes zum Einsatz kam.
Auch die Zusammenarbeit mit parteiunabhängigen „autonomen“ Nazigruppierungen setzten die JN Heilbronn-Hohenlohe im Jahr 2013 fort.

Hier sind v.a. die „Freien Nationalisten Kraichgau“ (FN Kraichgau) und die „Autonomen Nationalisten Göppingen“ (AN Göppingen) zu nennen.
In Heilbronn selbst gibt es seit dem Verschwinden der im Vorfeld des Naziaufmarsches am 1.Mai 2011 gegründeten „Aktionsgruppe Heilbronn (AG Heilbronn) keine Struktur dieses Spektrums mehr.
Mehr als fraglich ist, ob sich hinter dem Kürzel „Freie Nationalisten Heilbronn“ (FN Heilbronn), das in der zweiten Jahreshälfte von den JN Heilbronn-Hohenlohe benutzt wurde, mehr verbirgt als eine Wortspielerei von Einzelpersonen.
Maßgeblich verantwortlich für den Aktivismus der JN Heilbronn-Hohenlohe ist die Stützpunktleiterin Isabel Zentarra, die wir im Juni 2013 als Studentin der Verwaltungswissenschaften und Praktikantin der Stadt Lauffen am Neckar outeten. Durch das Outing, das für Presseartikel und Druck auf die Stadtverwaltung sorgte, konnte der reibungslose Durchmarsch von Zentarra in den „gehobenen Verwaltungsdienst“ effektiv gestört werden. Die „Heilbronner Stimme“ titelte am 21.Juni 2013: „Stadt will keine NPD-Kader in der Verwaltung“ und der Lauffener Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger erklärte, er werde einem bevorstehenden weiteren Ausbildungsabschnitt von Zentarra in der Verwaltung nicht zustimmen.

Parteiunabhängige Nazis

Im Gegensatz zur NPD, die zumindest versucht, eine hohe Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, gibt es in der Region Netzwerke und Zusammenschlüsse von Nazis, die nur sporadisch oder gar nicht offen auftreten und die sich nicht am Parteikonzept der NPD beteiligen wollen.
Besonders in Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) aktiv ist die bereits erwähnte Gruppe „Freie Nationalisten Kraichgau“ (FN Kraichgau), die sich aus gewaltbereiten „autonomen Nationalisten“ zusammensetzt und sowohl mit dem NPD-Kreisverband Rhein-Neckar als auch mit den JN Heilbronn-Hohenlohe zusammen arbeitet.
In Sinsheim treten die Vertreter der FN Kraichgau äußerst selbstbewusst auf und bedrohen regelmäßig politisch missliebige Personen und NazigegnerInnen. Bei einer Veranstaltung mit der Politikwissenschaftlerin Ellen Esen am 5.November 2013 in der Kraichgau-Realschule in Sinsheim tauchten Vertreter der Gruppe zusammen mit dem Kreisvorsitzenden der NPD Rhein-Neckar auf.
Aber auch Personen aus dem Landkreis Heilbronn gehören zu den „FN Kraichgau“. Diese sind gleichzeitig mit der sogenannten „Weissen Rebellion“ (WR) verbunden, einem militanten faschistischen „Skinhead“- Zusammenschluss, der vor allem in den Städten Eppingen und Brackenheim (Landkreis Heilbronn) eine Rolle spielt.
Mitglieder der „Weissen Rebellion“ aus Eppingen und Sinsheim waren am 17.April 2011 an einem brutalen Angriff auf zwei vermeintliche Antifaschisten am Sinsheimer Bahnhof beteiligt, bei dem diese schwer verletzt wurden. Einer der Faschisten saß daraufhin in Untersuchungshaft, da er kurz zuvor vom Landgericht Koblenz wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war.
Die in den 2000er Jahren recht aktive „Skinhead-Kameradschaft“ und „Blood and Honour“-Nachfolgeorganisation „Furchtlos & Treu“ (F&T) tritt offen als Gruppe nicht mehr in Erscheinung. Trotzdem schmücken sich ehemalige F&T-Mitglieder in der Region weiterhin mit dem Logo der Organisation und bilden ein informelles Netzwerk, das von außen nur schwer zu durchschauen ist und teilweise Bezüge zu „Rockergruppierungen“ aufweist.
Gründer von „Furchtlos & Treu“ war der deutsch-kroatische Faschist Markus Frntic aus Kirchheim am Neckar (Landkreis Ludwigsburg).

Nicht vergessen werden sollte auch, dass der mehrfach u.a. wegen Volksverhetzung vorbestrafte Lars Käppler weiterhin als Inhaber des „LK Medien Vertrieb“ in Neckarwestheim (Landkreis Heilbronn) den großen Internet-Handel „Weltnetzladen“ für die rechte Szene betreibt.
Käppler trennte sich im Jahr 1999 aufgrund interner Streitigkeiten von der Heilbronner NPD und gründete das „Bildungswerk deutsche Volksgemeinschaft“, das später in „Bewegung deutsche Volksgemeinschaft“ (BDVG) umbenannt wurde und zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen in Schwäbisch Hall organisierte.
Später näherte sich Käppler wieder der NPD an und kandidierte 2006 für die Partei bei den Landtagswahlen, mittlerweile hat er sich aus der politischen Arbeit zurückgezogen und widmet sich vorrangig seinem Versandhandel.

Rechtspopulistische Gruppen

Die Aktivitäten verschiedener extrem rechter Kleingruppierungen und Initiativen, die am ehesten unter dem Begriff „Rechtspopulismus“ zusammengefasst werden können, klammern wir in unserer Chronik weiterhin aus.
Sie vertreten zwar zum Teil eindeutig nationalistische, rassistische und antisemitische Inhalte und müssen deshalb genauso Zielobjekt antifaschistischer Politik sein, unterscheiden sich aber mit ihrer Herangehensweise, Gesellschaftsanalyse und Praxis deutlich von faschistischen Gruppen wie der NPD oder „Freien Nationalisten“.

Die bekannteste Organisation in diesem Spektrum ist die aus den „Republikanern“ (REP) hervorgegangene „Bürgerbewegung Pro Heilbronn“ um den Gärtnermeister Alfred Dagenbach aus Heilbronn-Böckingen.
„Pro Heilbronn“ war auch im Jahr 2013 in erster Linie bemüht, sich als vielseitiger Hüter von BürgerInneninteressen zu inszenieren und engagierte sich u.a. gegen „düstere Brückenunterführungen“ im Stadtbild, fehlende Straßenschilder, „Graffiti-Schmierereien“, zu eng stehende „Poller“ an der Götzenturmbrücke und fehlende Toiletten an Stadtbahnhaltestellen.
Gleichzeitig führte „Pro Heilbronn“ die Hetzkampagne gegen den geplanten Bau einer DITIB-Moschee in der Weinsberger Straße unter dem Motto „Keine provokante Moschee an unserem Berliner Platz! Stoppt die Parallelgesellschaft!“ fort und betreibt dazu einen eigenen Internet-Blog.
Auch mit einer Unterschriftensammlung wollen die Rechtspopulisten gegen den Moscheebau vorgehen.
Die Vertreter von „Pro Heilbronn“ lassen zudem keine Gelegenheit aus, in antikommunistischer Manier gegen fortschrittliche und linke Strukturen in der Stadt zu agitieren und die Gefahr für Menschen durch faschistische Gruppen zu relativieren.
So stellten die Stadträte Heiko Auchter und Alfred Dagenbach mehrere Anfragen an die Stadtverwaltung, wie gegen angeblich zunehmende „linksextremistische“ Straftaten in Heilbronn vorgegangen werden solle.
In einer Erklärung vom 8.Juli 2013 erklärten sie, dass „die linke Gewalt bis heute ein Mehrfaches der umgekehrten Seite ausmacht“ und am 22.5.2013 wurde gefordert, das Zeigen des roten Sterns ebenso zu verbieten wie das Zeigen des Hakenkreuzes.
Die Krönung der „Anti-Antifa“-Arbeit von „Pro Heilbronn“ ist ein Strafverfahren gegen junge AntifaschistInnen, die im Jahr 2013 mit kreativen Aktionen mehrfach gegen Informationsstände der Rechtspopulisten protestiert hatten. Einem der Aktivisten, der im Januar 2014 vor dem Amtsgericht Heilbronn stehen wird, wird vorgeworfen, die Mitglieder von „Pro Heilbronn“ als „Rassisten“ bezeichnet zu haben.

Der mittlerweile bundesweit bekannte Islamhasser und Internet-Blogger Karl Michael Merkle alias „Michael Mannheimer“ aus Heilbronn hatte sich im Jahr 2013 zwei mal vor Heilbronner Gerichten zu verantworten.

Er hatte einen Gemeinderat aus Rottenburg am Neckar im Jahr 2011 unter der Überschrift „Die Feinde Deutschlands“ als „SED-Mann“ bezeichnet und ein Foto des Kommunalpolitikers nebst SED-Emblem ins Internet gestellt. Hintergrund war, dass der Stadtrat sich gegen den Verkauf eines städtischen Geländes an den rechten „Kopp“-Verlag ausgesprochen hatte.
Merkle wurde zunächst im April 2013 vom Amtsgericht wegen Beleidigung und Verstoßes gegen das Urheberrecht zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Landgericht Heilbronn bestätigte dieses Urteil in einem Berufungsverfahren im November 2013 und erhöhte zudem die Geldstrafe. Sowohl Merkle als auch sein Rechtsanwalt verloren im Prozessverlauf die Fassung und bezeichneten den Rottenburger Stadtrat als „Appeaser“ und „Pressesprecher von Al Quaida“.
„Michael Mannheimer“ ist Mitglied der islamfeindlichen „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE), die ihre Bundesgeschäftsstelle in Gemmingen im Landkreis Heilbronn unterhält. Bei Kundgebungen der BPE in Stuttgart am 10.August 2013, am 24.August 2013 und am 28.September 2013 trat Karl Michael Merkle als Redner auf.

Der Heilbronner Ableger der an die Ideologie der französischen „Nouvelle Droite“ angelehnten rassistischen „Identitären Bewegung“ hat es bisher kaum geschafft, jenseits kleiner Stammtischrunden und Facebook-Aktivitäten an Relevanz zu gewinnen.
Auch eine im Internet beworbene weitere Gruppe der „Identitären Bewegung Hohenlohe“ und vereinzelt auftauchende Aufkleber in der Stadt können darüber nicht hinwegtäuschen.
Erschwerend kommt für die „Identitären“ hinzu, dass die „Jungen Nationaldemokraten“(JN) mit ihrer Kampagne „Identität – Werde wer du bist“ deren Slogan einfach übernommen und professionell und jugendgerecht aufbereitet haben.

 

 



Chronik faschistischer Aktivitäten in Heilbronn und der Region im Jahr 2013:

6.Januar: Mitglieder der „Jungen Nationaldemokraten Heilbronn-Hohenlohe“ (JN Heilbronn-Hohenlohe) verteilen Flugblätter in Ilsfeld (Landkreis Heilbronn)

12.Januar: Mitglieder der „Jungen Nationaldemokraten Heilbronn-Hohenlohe“ verteilen Flugblätter in Talheim (Landkreis Heilbronn) und Schozach (Teilort von Ilsfeld)

20.Januar: Vertreter des NPD-Kreisverbandes Heilbronn nehmen nach einer Sitzung des NPD-Landesvorstandes an der traditionellen „Reichsgründungsfeier“ des NPD- Landesverbandes Baden-Württemberg teil. Moderiert wird die Veranstaltung von Sepp Biber, einem ehemaligen Mitglied der  SS- Panzerdivision.

10.Februar: Delegierte der „Jungen Nationaldemokraten Heilbronn-Hohenlohe“ nehmen am JN-Landeskongress in Mannheim teil.
Als Redner treten der stellvertretende JN-Bundesvorsitzende Julian Monaco (Dresden), der NPD-Landesgeschäftsführer und ehemalige JN-Landesvorsitzende Alexander Neidlein (jetzt NPD-Landesvorsitzender) und der Vorsitzende der NPD Rhein-Neckar, Jan Jaeschke, auf.

 

Geleitet wird der Kongress vom JN-Landesvorsitzenden und stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden Martin Krämer aus Stuttgart. Auf dem Kongress ziehen die JN-Kader eine positive Bilanz und proklamieren, die „Hauptprobleme der JN im Ländle“ gelöst zu haben. Hervorgehoben wird die „Arbeit des Stützpunktes Heilbronn im Hinblick auf den geplanten Moscheeneubau in der Ausländerhochburg“ (Homepage JN-Bundesverband).

13.Februar: Nazis aus der Region Heilbronn fahren zum faschistischen „Trauermarsch“ in Dresden. Es bleibt allerdings bei einem Aufmarschversuch, da die Demonstration durch Blockaden von rund 5000 Menschen verhindert wird. Die „JN Heilbronn-Hohenlohe“ fassen den Tag auf ihrer Facebook-Seite am 14.2.2013 gut zusammen: „Von Trauermarsch konnte gestern nicht die Rede sein.“

2.März: Die JN Heilbronn-Hohenlohe veranstalten ihren mittlerweile dritten „Aktionstag“ gegen den geplanten Bau einer Moschee in Heilbronn. Nach eigenen Angaben verteilen sie -unterstützt von „freien Kräften“- in der Innenstadt Flugblätter und „Schulhof-CDs“ an Jugendliche und gehen danach gemeinsam essen.
Die „Schulhof-CD“ ist ein vom JN-Landesverband Baden-Württemberg produzierter und professionell aufgemachter Musik-Sampler, auf dem bspw. die Bands „n`Socialist Soundsystem“, „Carpe Diem“ und „Division Germania“ mit Liedern vertreten sind. Auf der CD befinden sich außerdem zwei Werbe-Filme für die JN.
Mit ihrer Aktion seien sie auf „große Zustimmung“  in der Bevölkerung gestoßen, da diese auch der Meinung sei, „dass Heilbronn nicht noch stärkerer Anziehungspunkt für Ausländer sein sollte.“ (Facebook-Seite JN Heilbronn-Hohenlohe)
„Aktionstage“, d.h. Verteilaktionen der JN zum selben Thema unter dem Motto „Wir oder Scharia“ hatten bereits am 17.November 2012 und am 16.Dezember 2012 in der Heilbronner Innenstadt statt gefunden.

8.März: Rednerveranstaltung des NPD-Kreisverbands Heilbronn mit Arne Schimmer. Schimmer ist Diplom-Ökonom, seit 1998 Mitglied des Sächsischen Landtags und Obmann der NPD im sächsischen NSU-Untersuchungsausschuss. Er hält bundesweit Vorträge unter dem Motto „Vorsicht, staatliche Brandstifter! Das NSU-Phantom und die Geheimdienste“.

16.März: Der NPD-Kreisverband Heilbronn führt in der „Sülmer City“ in Heilbronn nahe dem Einkaufszentrum „K3“ einen Infostand durch. Unterstützung kommt von Nazis aus anderen Regionen.
Anwesend sind u.a. der JN-Landesvorsitzende Martin Krämer, der Vorsitzende des NPD- Kreisverbands Rhein-Neckar Jan Jaeschke, der Stuttgarter JN-Stützpunktleiter Dennis Engels und der Heilbronner NPD-Aktivist Daniel Reiß. Der 26-jährige Reiß aus Wüstenrot (Landkreis Heilbronn) ist Bundestagskandidat der NPD im Wahlkreis Neckar-Zaber und beruflich Oberkellner.

17.März: 49.ordentlicher Landesparteitag der NPD Baden-Württemberg in der Gaststätte „Schwarzer Ochsen“ in Weinheim-Sulzbach (Rhein-Neckar-Kreis).
„Tagungspräsident“ und Moderator ist der Heilbronner NPD-Kreisvorsitzende Matthias Brodbeck, der bisher Beisitzer im Landesvorstand war und nun zum stellvertretenden (geschäftsführenden) Landesvorsitzenden der NPD Baden-Württemberg gewählt wird. Dieses Amt teilt sich Brodbeck mit dem JN-Landesvorsitzenden Martin Krämer, der in Weinheim ebenfalls gewählt wird.
Neuer Landesvorsitzender wird der 39-jährige Alexander Neidlein aus Crailsheim (Landkreis Schwäbisch Hall), der seit Ende 2011 im bayerischen Gastenfelden/Buch am Wald (Landkreis Ansbach) lebt.
Neidlein war seit 2006 Landesgeschäftsführer der NPD Baden-Württemberg und bis Anfang 2013 außerdem Kreisvorsitzender der NPD Schwäbisch Hall.
Der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel bezeichnet den verurteilten Posträuber und Kroatien-Söldner in seiner Rede auf dem Parteitag als „hemdsärmeligen Mann der Tat“, Neidlein selbst charakterisiert seinen Führungsstil in einem Interview mit der „Deutschen Stimme“ am 19.März 2013 mit den Worten: „Wer alles ausdiskutieren will, soll zu den Grünen gehen. Wir stehen für Disziplin und Gehorsam.“

23.März: Die JN Baden-Württemberg führt gemeinsam mit „Freien Kräften“ mit einem angemieteten Bus eine „Kaffeefahrt“ durch. 
Erster Halt ist Heilbronn, wo die Faschisten zunächst Flugblätter verteilen und dann vor die Moschee im benachbarten Neckarsulm (Landkreis Heilbronn) ziehen. Dort malen die Nazis die Parole „Islam, nein Danke“ auf den Boden und stellen sich mit Transparenten und Fahnen vor der Moschee auf.
Gegen die Moschee in Neckarsulm hatten die JN Heilbronn bereits während der Bauphase im Jahr 2007 mit einer Kampagne unter dem Motto “Keine Großmoschee in unserer Stadt! Keine Parallelgesellschaft in Neckarsulm!“ mobil gemacht.
Anschließend fahren die „Nationaldemokraten“ nach Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) und halten dort eine Kundgebung unter dem Motto „Todesstrafe für Kinderschänder“ ab, bei der u.a. die „familienpolitische Sprecherin“ des NPD-Bundesvorstands Ricarda Riefling (Pirmasens) und der hessische NPD-Landesvorsitzende Daniel Knebel zu Wort kommen.
Mit dem Halt in Sinsheim unterstützen die baden-württembergischen JN-Nazis die „Freien Nationalisten Kraichgau“ (FN Kraichgau), die dort seit 2010 Kundgebungen organisieren.
Beendet wird die Tour mit einer Kundgebung unter dem Motto „Jugend ist Zukunft“ in Speyer, wo zu den baden-württembergischen Nazis „Kameraden“ aus der Pfalz stoßen.
Von der Heilbronner NPD sind u.a. Daniel Reiß und die JN-Stützpunktleiterin Isabel Zentarra an den Aktionen im Rahmen der „Kaffeefahrt“ beteiligt.

1.April: Die JN Heilbronn-Hohenlohe verteilen Flugblätter der Kampagne „Wir oder Scharia“ und für die Mobilisierung zur NPD-Kundgebung am 1.Mai 2013 in Frankfurt am Main.

19.April: Mitglieder der JN Heilbronn-Hohenlohe kritzeln mit Kreide Parolen in der Heilbronner Innenstadt.  Zu lesen sind u.a. die Parolen bzw. Worte „Nationaler Widerstand jetzt“,  „Identität“, „Moschee Nein Danke“, „Werde, wer Du bist“, „Eine Jugend rebelliert“ und Logos der JN bzw. deren Internetadressen. Davor waren die Nazis bei einem „Stammtisch“ der NPD Heilbronn in der Gaststätte „Zum Nordmann“ in Kirchheim am Neckar.

30.April: In der Heilbronner Südstadt werden mehrere große Hakenkreuze an Wände und Stromkästen gemalt.

1.Mai: Die NPD sagt eine angekündigte „Großkundgebung“ unter dem Motto „Raus aus dem Euro“ in Frankfurt am Main kurzfristig ab, da über 2000 AntifaschistInnen Blockaden rund um den Ostbahnhof errichten und unter anderem die Bahngleise besetzen. An einem „Ersatzaufmarsch“ von  kaum mehr als 150 Nazis in Hanau beteiligen sich auch einzelne Vertreter der Heilbronner NPD.
Wie der Facebook-Seite der JN Heilbronn-Hohenlohe am 2.Mai 2013 zu entnehmen ist, zeigte der Tag und die „Super Sponti in Hanau“, dass „gegen die einzigste Alternative in Deutschland eine solche Hetzte betrieben wird“ (Fehler im Original).

8.Mai: An mehreren Stellen in Ilsfeld werden Hakenkreuze, SS- Runen und Nazi- Parolen gesprüht. Das Jugendhaus „Gnascht“ wird mit dem Spruch „NS Jetzt“, einem Keltenkreuz und den Schriftzügen „Hass“ und „Wir kriegen euch Allee“ (Fehler im Original) beschmiert. Das Logo des Jugendhauses wird durchgestrichen und durch das Wort „Hitler“ ersetzt.
Fast 10 Tage später steht in der „Heilbronner Stimme“ vom 17.Mai 2013, dass der Staatsschutz Ermittlungen aufgenommen habe.

11.Mai: Infostand des NPD-Kreisverbandes Heilbronn in der „Sülmer City“ im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages der Partei zum „Vorwahlkampf“. Beteiligt sind u.a. der NPD-Kreisvorsitzende Matthias Brodbeck (Weikersheim) und Daniel Reiß aus Wüstenrot

19.Mai: Gemeinsames Treffen der JN Heilbronn-Hohenlohe und der JN Stuttgart, u.a. messen sich die Nazis beim Bogenschießen.

23.Mai: Gegen vier Betreiber des größten deutschsprachigen Nazi-Internetforums „thiazi.net“ wird Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und gemeinschaftlich begangener Volksverhetzung in mehreren hundert Fällen erhoben. Eine der angeklagten Personen ist Daniela Wagner aus Untereisesheim (Landkreis Heilbronn), die unter dem Pseudonym „Fjörgyn“ für die technische Infrastruktur des Portals zuständig gewesen sein soll. Die Wohnung von Wagner war im Juni 2012 bei einer Großrazzia des BKA durchsucht und dabei mehrere Computer beschlagnahmt worden.
Weniger als einen Monat nach der Anklageerhebung veröffentlichen Nazis auf der Internet-Seite „Altermedia“ Ermittlungsakten des BKA zum „Thiazi“-Verfahren und beschuldigen „Fjörgyn“ aufgrund ihrer umfangreichen Aussagen als „Verräterin“.

25.Mai: An einem bundesweiten Aufmarschversuch faschistischer Gruppen unter dem Motto „Freiheit für alle Nationalisten“ in Karlsruhe beteiligen sich auch Heilbronner Nazis, u.a. die JN- Stützpunktleiterin Isabel Zentarra. Die Demonstration wird durch antifaschistische Blockaden von über 2000 Menschen verhindert.

Anfang Juni: Wanderung der JN Heilbronn-Hohenlohe und der JN Stuttgart in der Hörschbachschlucht bei Murrhardt (Rems-Murr-Kreis).

20.Juni: In Spiegelberg im Rems-Murr-Kreis beendet die Polizei vorzeitig die gemeinsame „Sonnwendfeier“ des baden-württembergischen NPD-Landesverbandes, des JN-Landesverbandes und des „Ring Nationaler Frauen“ (RNF).
Bis zu 100 Nazis, darunter zahlreiche Personen aus der Region Heilbronn, hatten sich auf einer Waldwiese versammelt und wollten dort nach „Wikingerwettkämpfen für Groß und Klein“ u.a. einer Rede des NPD-Politikers Dr. Olaf Rose aus Pirna lauschen.
Die Polizei lässt nach Presseberichten einen vorhandenen Holzstapel kleinsägen, räumt den Platz und veranlasst eine Bewässerung des Geländes durch die Feuerwehr. 

6.Juli: Grillfest des NPD-Kreisverbandes Heilbronn im Weinsberger Tal mit einer Rede des Kreisvorsitzenden Matthias Brodbeck, gemeinsamem Singen und jeder Menge Bier.

9.Juli: Das Büro des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen wird mit einem Aufkleber beklebt, auf dem mit einem roten Balken der Schriftzug „Die Grünen“ durchgestrichen ist. Außerdem werfen Nazis ein Exemplar der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ (Nr.07/13) in den Briefkasten. Auf dem Titelblatt der Zeitung wurde folgendes handschriftlich hinterlassen: „Hallo ihr Volksverräter!“Schade“ das es mit eurer Chaotenkette nicht so echt geklappt hat. Ihr lacht nur noch bis zur Revolution!!!“
Offensichtlich beziehen sich die Nazis dabei auf den Versuch zur Bildung einer „Menschenkette gegen Rechts“ zwischen Heilbronn und Bietigheim-Bissingen am 6.Juli 2013, zu der verschiedene Organisationen aufgerufen hatten.

24.Juli: Am Ende einer Veranstaltung mit der Politikwissenschaftlerin Ellen Esen im Heilbronner Gewerkschaftshaus über rechte Strukturen in der Region Heilbronn gibt sich ein NPD-Anhänger zu erkennen. Er ist erst nach mehrfachen Aufforderungen bereit, den Saal und das Gebäude zu verlassen.

27./28.Juli: Ausflug der JN Heilbronn-Hohenlohe, der JN Stuttgart und „freier Kräfte“ ins mittelalterliche Freilandmuseum in Wackershofen (Schwäbisch Hall) mit anschließendem Biergartenbesuch.

29.Juli: Nazis führen eine spontane abendliche Aktion vor der JVA „Hohenasperg“ durch, um ihre Solidarität mit dem faschistischen Kriegsverbrecher Erich Priebke anlässlich dessen 100. Geburtstages zum Ausdruck zu bringen. Sie tragen ein Transparent mit der Aufschrift „Freiheit für Erich Priebke!!!“
Vermummt beteiligt ist auch die Heilbronner JN-Stützpunktleiterin Isabel Zentarra.
Priebke war SS-Hauptsturmführer und am Massaker an Zivilisten in den Ardeatinischen Höhlen in der Nähe von Rom 1944 beteiligt. Er wurde 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt, die er aufgrund seines schlechten gesundheitlichen Zustandes in Form eines Hausarrestes verbüßte. Obwohl ihm die jungen Nazis am 29.Juli 2013 vor der JVA noch „alles Gute und viel Kraft“ wünschen, stirbt Priebke am 11.Oktober 2013.

Mitte August: Die Heilbronner NPD beginnt mit dem Plakatieren für die Bundestagswahl am 22.September 2013, u.a. ist auf den Wahlplakaten die Parole „Geld für die Oma statt für Sinti & Roma“ zu lesen. In den folgenden Monaten werden mehrere Ermittlungsverfahren gegen die NPD aufgrund dieses Spruches wegen Verdacht auf Volksverhetzung eingeleitet, schließlich aber eingestellt.

31.August: In der Gerberstraße neben dem Heilbronner Rathaus findet eine Kundgebung der NPD zum Bundestagswahlkampf statt. 10 Nazis kommen im Rahmen einer bundesweiten „Deutschlandfahrt“ mit einem LKW gefahren und stellen sich von über 300 Polizisten beschützt auf dem mit Gittern abgeriegelten Kundgebungsort auf.
Vor den Redebeiträgen des baden-württembergischen NPD-Landesvorsitzenden Alexander Neidlein und des Bundesvorsitzenden Holger Apfel spielen die Faschisten den „Badonviller Marsch“ („Badenweiler Marsch“) ab. Das Lied beschreibt einen Sieg der deutschen Armee im ersten Weltkrieg 1914 und gilt als Lieblingsmarsch und Auftrittsmusik von Adolf Hitler.
Sowohl die Musik als auch die Reden der NPD werden von einer Gegenkundgebung von 300 Menschen übertönt, zu der das regionale Bündnis „Heilbronn stellt sich quer“ aufgerufen hatte.
Obwohl der NPD-Kreisvorsitzende Matthias Brodbeck kurz vor Eintreffen des NPD-LKWs um den Kundgebungsort herum flaniert, sind lokale Nazis an der Durchführung der Aktion nicht beteiligt.

Anfang September: Das Amtsgericht Heilbronn verurteilt einen 28-jährigen Mann aus dem Landkreis Heilbronn wegen Volksverhetzung und dem Besitz kinder- und jugendpornografischer Schriften zu einer Bewährungsstrafe mit Geldauflage. Der Mann hatte auf seiner Facebook-Seite seine Bewunderung für Adolf Hitler ausgedrückt und u.a. geschrieben: “Juda erweiche aus unserem deutschen Haus...Dem Hakenkreuze ergeben sind wir.“ Bei einer Hausdurchsuchung waren rund 30 kinderpornografische Bilder gefunden worden.

9.September: Die Heilbronner NPD/JN- Mitglieder Martin Jannasch und Isabel Zentarra und ihr PKW werden in Talheim beim Aufhängen von NPD-Wahlplakaten von NazigegnerInnen mit einem Kantholz angegriffen und beschädigt. Die Faschisten rufen die Polizei zu Hilfe und stellen Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung.
In einer an Peinlichkeit kaum zu überbietenden Darstellung des Geschehens schreiben die JN Heilbronn-Hohenlohe auf ihrer Facebook-Seite am 11.September 2013 dazu: „Wir lassen uns nicht angreifen und schauen dabei zu. Solche Täter müssen bestraft werden (…) Dies wollen und werden wir nicht auf uns sitzen lassen und uns dafür einsetzen, dass dieses Verfahren ordentlich durchgeführt werden. Die Täter sollen eine ordentliche Bestrafung bekommen und hoffentlich daraus lernen.“ (Fehler im Original).

10.September: Während im „Sozialen Zentrum Käthe“ in der Wollhausstraße in Heilbronn das monatliche „Offene Antifaschistische Treffen“ (OAT) statt findet, sammeln sich vor dem Gebäude einige Nazis. Als Antifas das Haus verlassen, um sich ein Bild zu verschaffen, ziehen sich die Faschisten zurück.
Ob es sich bei dem Provokationsversuch um eine Trotzreaktion auf das Geschehen am 9.September 2013 handelt, ist nicht bekannt.

16.September: Der 21-jährige Florian Heilig aus Eppingen (Landkreis Heilbronn) verbrennt im Auto seines Vaters am Rande des Volksfestgeländes „Cannstatter Wasen“ in Stuttgart-Bad Cannstatt. Laut Polizeiangaben hat sich Florian Heilig aus Liebeskummer selbst angezündet, die Familie glaubt nicht an einen Selbstmord und äußert dies auch offen.
Heilig war in der Naziszene der Region Heilbronn aktiv und wurde Anfang 2012 wegen dem öffentlichen Zeigen des Hitlergrußes verurteilt. Er wurde im staatlichen Aussteigerprogramm „Big Rex“ betreut und im Januar 2012 vom LKA Baden Württemberg im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Mord an der Polizistin Michéle Kiesewetter 2007 in Heilbronn befragt.
In diesem Gespräch mit dem LKA äußerte Heilig, dass es neben dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) noch eine „zweite radikalste Gruppe“ militanter Nazis mit dem Namen „Neoschutzstaffel“ (NSS) geben würde. In Öhringen (Hohenlohekreis) hätten zudem Treffen von Mitgliedern des NSU und der NSS statt gefunden.
Am Nachmittag des 16.September 2013, dem Tag seines Todes, hatte Florian Heilig einen weiteren Termin beim LKA, bei dem er nochmals zur faschistischen Szene in der Region befragt werden sollte.

22.September: Bei der Bundestagswahl kann die NPD im Wahlkreis Heilbronn die landesweit besten Ergebnisse erzielen.
Sie erreicht hier 1,6% der Zweitstimmen (2.672 Stimmen) und 2,3% der Erststimmen (3.905 Stimmen) und kann damit ihr Ergebnis von 2009 kaum verbessern (2009: 2,2% Erststimmen und 1,6% Zweitstimmen für die NPD im Wahlkreis Heilbronn).
Insgesamt wählen in Baden-Württemberg 1,2% (66.608 Stimmen) der WählerInnen mit ihrer Erststimme und 1,0% (56.302 Stimmen) der WählerInnen mit ihrer Zweitstimme die NPD.
In einigen vom NPD-Kreisverband Heilbronn betreuten Gemeinden hat die NPD eine besonders große Wählerschaft, z.B. in Hardthausen am Kocher, wo 3,7% der Zweitstimmen und 4,7% der Erststimmen an die NPD gehen oder in der Gemeinde Zaberfeld, wo die NPD 3,2% der Zweitstimmen und 5,4% der Erststimmen bekommt.

Als Kandidaten stellt die NPD im Wahlkreis Heilbronn den 1972 in Neckarsulm geborenen Technischen Angestellten Matthias Brodbeck (Weikersheim) auf.
Brodbeck ist seit Jahren die zentrale Figur der Heilbronner NPD und seit 1998 Vorsitzender des Kreisverbands. Im März 2013 wurde er außerdem zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD Baden-Württemberg gewählt, womit er sein jahrelanges Engagement in Landes- und Bundesstrukturen der NPD fortsetzt.

Im Wahlkreis Neckar-Zaber wirbt der 1986 in Havelberg geborene Oberkellner Daniel Reiß (Wüstenrot) für die NPD. Reiß, der erst seit wenigen Jahren für die NPD aktiv ist, fasst seine Motivation in der Heilbronner Stimme vom 12.August 2013 zusammen: „Der Grund, warum ich politisch tätig geworden bin, ist die deutschfeindliche Politik der etablierten Parteien und der Verlust nationaler Souveränität.“

Im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe tritt für die NPD der 1953 in Crailsheim geborene Friedrich Kellermann (Kirchberg an der Jagst) an. Kellermann ist gelernter Metzger und war bereits als Bundeswehr-Feldkoch, Handelsvertreter und GEZ-Mitarbeiter beschäftigt. Er war zeitweise bei den „Republikanern“ (REP) engagiert und Kandidat der NPD in Schwäbisch Hall bei den Landtagswahlen 2011. Engen Kontakt hält Kellermann zu Alexander Neidlein, der seit März 2013 NPD-Landesvorsitzender ist.

Im Wahlkreis Odenwald-Tauber kandidiert für die NPD der 1984 in Rothenburg ob der Tauber geborene Technische Angestellte Tobias Erdmann (Weikersheim).
Erdmann ist seit 2005 NPD-Mitglied  und war von 2006 bis 2010 Beisitzer im Kreisvorstand Heilbronn, bis er zum Kreisverband Schwäbisch Hall/Main-Tauber wechselte. In seiner Kurzbeschreibung zur Bundestagswahl auf der Homepage der Heilbronner NPD fordert er allerhand – von der „Volksrente für alle deutschen Staatsangehörigen“, einem „Kinderbonus, gestaffelt nach Kinderzahl“ bis zum Ende von „Masseneinwanderung“ und „Integration“ und der „Wiedereinführung der Todesstrafe“.
Privat interessiert sich Erdmann eher für Tierschutz, Tätowierungen und NS-Metal und huldigt einer skurrilen Gothic-Ästhetik.

Die „Republikaner“ (REP) treten mit einer Landesliste zur Bundestagswahl an, die vom Landesvorsitzenden Ulrich Deuschle aus Notzingen (Landkreis Esslingen) angeführt wird.
Der am 16.4.1952 in Notzingen geborene Diplomvolkswirt Deuschle löste 2003 Christian Käs als Landesvorsitzende der baden-württembergischen REPs ab und kandidierte bereits im Jahr 2005 für den Bundestag.
Außerdem stehen auf der Landesliste der Bundesvorsitzende Dr. Rolf Schlierer, der Bezirksvorsitzende Nord-Baden und stellvertretende Landesvorsitzende Wolfgang Meier (Wehr), der Bezirksvorsitzende Nord-Baden Lothar Seidemann (Dornstetten) und die stellvertretende Landesschriftführerin Gisela Neumann (Kressbronn).
Die „Republikaner“ bekommen insgesamt in Baden-Württemberg 0,1% der Erststimmen (8.245 Stimmen) und 0,4% der Zweitstimmen (21.847 Stimmen) und sind damit auch in ihrer ehemaligen „Hochburg“ nahezu bedeutungslos.
Im Wahlkreis Heilbronn erhalten die REPs 0,4% der Zweitstimmen (715 Stimmen) und verlieren damit zahlreiche WählerInnen (2009: 1,1% bzw. 1.853 Stimmen).
Das schlechte Abschneiden seiner Partei führt der Landesvorsitzende und baden-württembergische Spitzenkandidat Ulrich Deuschle in einer Pressemitteilung am 9.11.2013
u.a. auf den „Lagerwahlkampf zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün“ und die starke Konkurrenz „durch die medial bevorzugte“ „Alternative für Deutschland“ (AfD) zurück.
Die AfD kommt in Baden-Württemberg auf 5,2% der Zweitstimmen (295.988 Stimmen)  und im Wahlkreis Heilbronn auf 5,4% (9.271 Stimmen).


In der Region Heilbronn spielen die „Republikaner“ kaum noch eine Rolle, seit der langjährige Kreisvorsitzende Alfred Dagenbach (Heilbronn-Böckingen) im April 2006 die Partei im Streit verließ. Er gründete die „Bürgerbewegung Pro Heilbronn“, der sich fast alle damals aktiven Heilbronner REPs anschlossen und die Teil der 2005 gegründeten bundesweiten Kleinpartei „Bürgerbewegung pro Deutschland“ ist.
Die „Bürgerbewegung pro Deutschland“ trat zur Bundestagswahl 2013 in Baden-Württemberg mit einer eigenen Landesliste an.
Vier der fünf Listenplätze belegten Vertreter von „Pro Heilbronn“.
Insgesamt bekam „Pro Deutschland“ in Baden-Württemberg 0,1% der Zweitstimmen (4.595 Stimmen), im Wahlkreis Heilbronn erreichte die Partei trotz starker regionaler Bekanntheit nur 0,2% der Zweitstimmen (261 Stimmen).

12.Oktober: Nazis aus der Region Heilbronn beteiligen sich an einem Aufmarsch von 140 Faschisten in Göppingen. Unter ihnen befinden sich die JN-Stützpunktleiterin Isabel Zentarra mit einer Fahne der JN Heilbronn und Mitglieder der „Freien Nationalisten Kraichgau“ (FN Kraichgau).

2.November: Zwischen 450 und 500 Menschen aus verschiedenen Spektren demonstrieren unter dem Motto „Naziterror und Rassismus bekämpfen! Verfassungsschutz auflösen!“ durch Heilbronn: Sie fordern eine konsequente Aufklärung des „NSU-Netzwerks“ und einen aktiven Antifaschismus.
Weniger als eine Handvoll Nazis aus dem Umfeld der JN Heilbronn-Hohenlohe und der „Freien Nationalisten Kraichgau“ (FN Kraichgau) beobachten den Demonstrationszug und machen pixelige Fotos aus sicherer Distanz.
Bei einer Zwischenkundgebung auf dem Kiliansplatz mischt sich der Islamhasser Karl Michael Merkle alias „Michael Mannheimer“ unter die TeilnehmerInnen und fotografiert diese. Er führt einen Presseausweis mit sich und entfernt sich erst nach mehrmaliger Aufforderung vom Platz.

16.November: An einem Aufmarsch von Nazis im bayerischen Wunsiedel zum sogenannten „Volkstrauertag“ beteiligen sich auch Faschisten aus der Region Heilbronn, darunter die JN-Stützpunktleiterin Isabel Zentarra.
Sie tragen ein eigenes Transparent mit der Aufschrift „Frauen geschändet, die Kinder gehängt. Wir vergessen nicht! FN/JN Heilbronn“. 

Anfang Dezember: Das Landgericht Heilbronn verurteilt einen 21-jährigen Faschisten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten ohne Bewährung und bestätigt damit in der Berufungsverhandlung ein Urteil des Schwäbisch Haller Amtsgerichts vom 19.Juni 2013.
In das Urteil waren mehrere vorherige Verurteilungen u.a. wegen Volksverhetzung eingeflossen.
Der junge Nazi hatte im März 2013 in einem Linienbus in Schwäbisch Hall eine Frau rassistisch beleidigt und den Hitlergruß gezeigt. Zum Tatzeitpunkt befand er sich im Aussteigerprogramm des LKA für „Rechtsextremisten“.

Mitte Dezember: Die JN Heilbronn-Hohenlohe verteilen auf dem Heilbronner und auf dem Ludwigsburger Weihnachtsmarkt gemeinsam mit sogenannten „Freien Nationalisten Heilbronn“ (FN Heilbronn) kleine Päckchen an die PassantInnen. Darin befinden sich selbst gebackene Plätzchen und Flugblätter, die den „Multi-Kulti-Wahn“ und die angebliche Zerstörung deutscher Kultur und Tradition beklagen und abschließen mit den Parolen: „Stirbt die Tradition, stirbt auch dein Volk! Volkstod stoppen - Kultur bewahren.“
Bereits im vergangenen Jahr hatten die JN Heilbronn-Hohenlohe eine solche Aktion auf dem Weihnachtsmarkt in Heilbronn durchgeführt.

21.Dezember: „Wintersonnwendfeier“ des NPD-Kreisverbandes Heilbronn. Nach einem kurzen Fackelmarsch trägt der Kreisvorsitzende Matthias Brodbeck ein Gedicht des in Künzelsau aufgewachsenen NS-Schreiberlings und SS-Obersturmführers Gerhard Schumann vor. Anschließend werden „Feuersprüche“ zum Besten gegeben, ein Holzstoß abgefackelt, Reden gehalten, „traditionelle Lieder“ gesungen und „heiße Würste“ verzehrt.

Antifaschistische Aktion Heilbronn, Dezember 2013

 

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