Prozess gegen antimilitaristen: ein bericht

Broken Gun

Am 3. Dezember fand vor dem Amtsgericht Stadthagen ein Prozess gegen zwei Antimilitaristen statt, die 3 Soldaten zum Husten gebracht haben sollen. Das Ergebnis: 4 Monate Knast auf 2 Jahre Bewährung plus 600,- Euro Strafe, sowie 120 Stunden Zwangsarbeit.

 

Die Angeklagten hatten im Juni 2012 gegen ein Konzert der Bundeswehr-Big-Band im Kurpark von Bad Nenndorf protestiert. Vor der Bühne wurde ein Transparent mit der der Aufschrift „Krieg beginnt hier“ entfaltet. Gleichzeit erscholl eine Sirene aus einem nahe gelegenen Baum und eine kleine Rauchbombe fand ihren Weg vor die Bühne, als die Soldat_innen zu spielen begannen.

Die Antimilitaristen wurden dann wegen „gefährlicher Körperverletzung“ angeklagt, weil 3 Soldaten wegen des Rauchs der Rauchbombe wenige Minuten Hustenreiz verspürt haben sollen.

 

Das Urteil ist eine Farce und Folge einer politischen Justiz, die die militarisierte deutsche Politik repressiv absichert.

Keine/r der 9 ZeugInnen der Anklage hatte gesehen, dass einer der Angeklagten die Rauchbombe geworfen oder gezündet hatte. In der Schadensliste der Bundeswehr wird zudem nur einer der angeblichen Huster aufgeführt – und der hatte den Rauch eingeatmet, als er die Rauchbombe aus freien Stücken von der Bühne wegtrug. Doch das focht den Verurteilungswillen von Staatsanwaltschaft und Richter nicht an.

Der Staatsanwalt forderte 7 Monate Knast auf 3 Jahre Bewährung für den einen und 150 Stunden Zwangsarbeit für den anderen Angeklagten.

Er gab in seinem Plädoyer zu, dass den beiden nicht nachzuweisen sei, dass sie oder einer von beiden das Rauchding geworfen hätte. Allerdings müsse es dann eine unbekannte dritte Person gewesen sein, mit der die Angeklagten sich sicher abgesprochen hätten. Also gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung.

Der Richter widersprach dieser Argumentation, indem er im Urteil einfach behauptete, es sei klar geworden, dass die Angeklagten die Rauchbombe geworfen hätten, weil das die plausibelste Erklärung sei. Dass das Urteil etwas milder ausfiel, lag daran, dass die Verletzungen der Soldaten als minder schwer gewertet wurden.

Aber 4 Monate Knast auf 2 Jahre zur Bewährung, obwohl niemand verletzt wurde und nicht einmal juristisch eine Täterschaft nachweisbar war?

 

Die beiden Antimilitaristen haben zu Beginn und gegen Ende des Prozesses Erklärungen abgegeben, dass sie es weiter richtig und wichtig finden, gegen Militarismus und Kriegspropaganda vor zu gehen und sie sich auch von einer Verurteilung nicht einschüchtern ließen. Ein Deal zur Einstellung des Verfahrens vor Beginn der Hauptverhandlung wurde von ihnen abgelehnt, weil ein Schuldeingeständnis und eine Entschuldigung bei den Soldaten zur Voraussetzung gemacht wurde.

Die Anwälte haben angekündigt, Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen.

 

Wenn solch hohen Urteile auf so fadenscheiniger juristischer Grundlage gesprochen werden, weil angeblich 3 Soldaten kurz husten mussten, zeigt das, unter welch widrigen Umständen eine antimilitaristische Politik hier noch möglich ist.

Warum das Urteil im Sinne der Mächtigen nötig scheint, wurde in den Äußerungen der Soldaten deutlich.Diese betonten, wie sehr die Proteste gegen sie zugenommen hätten und wie sehr sie das belaste. Uns soll das als Hinweis dienen, weiter gegen Kriegspropaganda und -führung aktiv zu sein.

Die Verurteilten sagten vor Gericht:

„Wir werden uns weiter gegen Militarismus und Kriegspropaganda engagieren – und da dieser Staat Kriege führt, muss es uns gleichgültig sein, ob er dieses Engagement als legal oder illegal betrachtet.“ So sieht's aus.

Wenn es eine Berufungsverhandlung vor dem Landgericht gibt, wird dies sicher bekannt gegeben. Achtet auf Ankündigungen und seid solidarisch (es haben sich übrigens 20 Leute früh morgens auf den Weg gemacht, um die Angeklagten zu unterstützen).

 

Eine Prozessbeobachterin

 

Spendenkonto für die Verurteilten:

Rote Hilfe OG Hannover

Konto: 10 808 858

BLZ: 760 100 85

IBAN: DE49 760 100 85 00 10 808 858

BIC: PBNKDEFF

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Seit wann sind Rauchbomben denn Politik?

 

Gegen die Militäreinsätze/Krieg kann man sich doch wirklich Problemlos, öffentlichkeitswirsam und oftmals mit breiter Mehrheit in der Bevölkerung äußern und Kundgebungen abhalten ohne irgendwelche Repressalien befürchten zu müssen....

Warum sollten Rauchbomben keine Politik sein? Bestimmst du das jetzt? Zum Glück nicht...