Gegner_innen der Rothkötter-Schlachtfabrik dürfen wieder nach Wietze

Celler Land Frischgeflügel

Aufenthaltsverbote rechtswidrig. Nach einem dreimonatigen Eilklageverfahren gegen ein Aufenhaltsverbot rund um die Schlachtfabrik in Wietze (Landkreis Celle) wurde den fünf Umwelt- und Tierbefreiungsaktivist_innen Recht gegeben. Das Verwaltungsgericht Lüneburg erklärte das Vorgehen der Gemeinde Wietze und der Polizei Celle für rechtswidrig. Wenige Tage vor der Großdemonstration “Wir haben Agrarindustrie satt”, während der am 31. August die Rothkötter-Schlachtfabrik im niedersächischen Wietze (Landkreis Celle) mit Menschenketten eingekreist wurde, wurden die halbjährigen Aufenthaltsverbote erteilt. Zudem wurde ihnen ausdrücklich untersagt, an der Großdemonstration teilzunehmen.

 

Das nun aufgehobene Aufenthaltsverbot hat es in sich: Bereits am 3. Juni saßen Vertreter_innen der Gemeinde Wietze, des Landkreises Celle, der Polizeiinspektion Celle und der Firma Celler Land Frischgeflügel zusammen, um unter anderem darüber zu sprechen, wie diejenigen von der Demonstration ausgeschlossen werden können, die sie als “die Extremisten unter den Aktivisten” sehen ¹. Unverhohlen wurde sogleich die PI Celle damit beauftragt, Gefahrenprognosen zu erstellen, die für ein Aufenthaltsverbot reichen würden.

 

Das Verwaltungsgericht Lüneburg (Aktenzeichen: 6 B 40/13) erklärte das Aufenthaltsverbot nun für sowohl formell als auch “materiell” (inhaltlich) rechtswidrig. Formell rechtswidrig, weil es vermeintlich um die Verhinderung von Straftaten ging, und somit die Polizei zuständig gewesen wäre. Materiell rechtswidrig zum einen, weil in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 GG nur auf Grundlage des Versammlungsgesetzes und nicht, wie hier, auf Grundlage des Polizeigesetzes eingegriffen werden darf; und zum anderen, weil das Verbot – selbst, wenn es an sich rechtmäßig gewesen wäre – viel zu lange gegolten hätte.

 

Philipp, der nun wieder nach Wietze darf, meint:

"Für mich war die ganze Zeit klar, dass das, was die Gemeinde Wietze da gemacht hat, nicht dem geltenden Recht entspricht. Und von der Polizei sind wir gewaltvolles Handeln ja schon von vielen Demonstrationen und Aktionen gewohnt."

 

Bezüglich der Einschätzung zur Motivation hinter der Repression ergänzt sein Mitstreiter Karl-Caspar:

"An dem Beispiel unseres Aufenthaltsverbotes lässt sich deutlich erkennen, zu welchen - wenn's sein muss, eben auch illegalen - Mitteln Behörden zu greifen bereit sind, wenn es darum geht, die Profitinteressen eines Konzerns und damit auch ihre eigenen, zumindest potenziellen Steuerquellen zu schützen. Unsere Interessen, zu demonstrieren und sich frei zu bewegen, gelten dagegen nichts. Ganz zu schweigen von denen der betroffenen Hühner."

 

Die ebenfalls Betroffenen Aktivist_innen Isabell und Andre schauen nach vorne:

Heute Abend ab 18 Uhr werden manche von uns an der Mahnwache der Wietzer Bürger_innen-Initiative am Schlachthof-Kreisel teilnehmen. Wir würden uns freuen, mit Interessierten ins Gespräch zu kommen; sei es über erfahrene Repressionen oder Möglichkeiten des gemeinsamen Widerstands.

 

¹ siehe Vermerk der Gemeinde Wietze vom 3.6.2013 und Vermerk des LK Celle vom 5.6.2013

 


 

Pressemitteilung zum Aufenthaltsverbot: antiindustryfarm.blogsport.de/2013/09/0...
taz-Artikel zum Aufenthaltsverbot: taz.de/Demonstrationsrecht/!123166
Hintergründe zum Widerstand gegen die Schlachtfabriken in Wietze und Wietzen: wietze.tk