Das Macker Massaker fand in diesem Jahr vom 13.-16. Mai im AZ Mülheim statt. An diesem langen Wochenende gab es Raum und Zeit, um sich mit Themen rund um Männlichkeit(en), Mackertum und (Anti-)Sexismus auseinanderzusetzen. Das folgende Selbstinterview soll einen resümierenden Überblick über die Veranstaltung geben.
Selbstinterview zum Resümee des Macker Massakers
Zur Erinnerung: Was war denn das Macker Massaker 2010?
Das
Macker Massaker fand vom 13. - 16. Mai 2010 zum ersten Mal statt. Es
war eine viertägige Veranstaltung im AZ Mülheim (www.az-muelheim.de) mit
Vorträgen und Diskussionen und Platz für persönlichen Austausch und
Vernetzung. Die Themenschwerpunkte der Veranstaltung waren
„Männlichkeit(en), Mackertum und (Anti-)Sexismus“. Beworben wurde die
Veranstaltung bundesweit sowie in Österreich, den Niederlanden und der
Schweiz mit Flyern, Plakaten, im Internet und in einigen linken
Zeitungen und Zeitschriften.
Was sollte damit erreicht werden?
Die
Veranstaltung sollte ein Anstoß zur Diskussion und persönlichen
Auseinandersetzung über die und mit den genannten Themenschwerpunkte/n
sein. Hierbei war unser Ziel, die Diskussion und Auseinandersetzung
gerade auch in den „männlich“ dominierten Teilen, der sich selber als
emanzipatorisch verstehenden (radikalen) Linken zu führen. Wir als
organisierende Menschen sind diesem Widerspruch zwischen Theorie und
Praxis immer wieder in unserer politischen Arbeit bzw. im Alltag von
politischen Gruppen und Zentren begegnet, was mit einer der Gründe für
die Planung und Durchführung der Veranstaltung war. Hierbei wollten wir
nicht Menschen von unserer vermeintlich richtigen Einstellung
überzeugen, sondern vor allem die Selbstreflexion auch im politischen
Kontext ermöglichen, und dieses vor allem angstfrei. Vieles geht auch
bereits aus unserem unter mackermassaker.blogsport.de veröffentlichten
Selbstverständnis hervor.
Habt Ihr denn die Menschen erreicht, die Ihr erreichen wolltet?
Unsere
Zielgruppe waren ganz allgemein Menschen, die bereit sind, sich mit dem
Thema auseinanderzusetzen. Über die vier Tage verteilt wurde das Macker
Massaker insgesamt (mit Kommen und Gehen) von irgendwas um die 200
Personen besucht. Durchgehend vor Ort waren bis zu 100 Leute. Trotz des
Schwerpunktes „Männlichkeit“ waren viele Gender vertreten, und auch der
FrauenLesbenTrans*-Schlafbereich wurde genutzt. Dabei waren unserer
Wahrnehmung nach Menschen aus allen linken bis linksradikalen Spektren
vertreten, jedoch, wie in der gesamten Linken, People of Color und
Menschen mit Migrationshintergrund deutlich unterrepräsentiert.
Überraschend war, dass die teilnehmenden Menschen vor allem von weiter
weg erschienen sind, während Leute aus der direkten Umgebung eher wenig
teilgenommen haben, insbesondere aus dem AZ Mülheim selbst.
Der
Großteil der „Besucher_innen“ war schon im Thema eingearbeitet oder
machte zumindest diesen Eindruck, was wir durchaus begrüßten und auch
als hilfreich für Austausch und Vernetzung ansahen. Trotzdem hätten wir
uns gewünscht mehr „neue“ Leute zu erreichen und auch mehr
Ortsansässige, die sich sonst nicht (tiefergehend) mit der Thematik rund
um „Männlichkeit“ und Sexismus auseinander setzen. Über Strategien, um
diese zu erreichen, müssen wir uns offenbar noch mehr Gedanken machen.
Ebenso wie zu dem Punkt, warum so wenige People of Color Teil der
(radikalen) Linken sind.
Wie ist denn das Macker Massaker aus eurer Sicht gelaufen?
Insgesamt
ist die Veranstaltung viel besser gelaufen, als wir das erwartet
hätten. Die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung und auch die
Diskussionen im privaten Bereich bis spät in den Abend haben uns echt
positiv überrascht. Dabei war die Diskussionsfreude richtig groß, und
auch das Diskussionsverhalten war sehr rücksichtsvoll und wertschätzend.
Teilweise waren die Diskussionen auch so intensiv und ausufernd, dass
es uns richtig leid tat, dass wir wegen des doch recht engen Zeitrahmens
oftmals die Diskussionen abbrechen mussten, um überhaupt zum nächsten
Vortrag übergehen zu können.
Trotz einiger Fehler und berechtigter Kritik (s.u.) sehen wir dieses erste Macker Massaker aber als Erfolg an.
Gab es Unterschiede zwischen eurer Veranstaltung und anderen (queer-)femistischen Veranstaltungen im AZ Mülheim?
Ja.
Mit den Themen rund um „Männlichkeit(en)“ hat sich das Macker Massaker
inhaltlich vom Großteil anderer (queer-/pro-)feministischer Gruppen im
AZ abgesetzt, da dort meistens andere wichtige Schwerpunkte, wie z.B.
das Empowering für/von FrauenLesbenTrans* gesetzt wurden und werden. Die
schwerpunktmäßige Auseinandersetzung mit „Männlichkeit(en)“ muss ja
auch nicht Aufgabe von FrauenLesbenTrans* sein.
Was die Vorbereitung
und Durchführung unserer Veranstaltung angeht, wurden wir vom AZ, im
Gegensatz zu ähnlich ausgerichteten Gruppen, gut unterstützt oder
zumindest nicht behindert. Das hatten wir so nicht erwartet, da die
Erfahrungen mit anderen feministischen Veranstaltungen von
FrauenLesbenTrans*-Gruppen nicht so positiv waren und eher auf
Widerstände gestoßen sind.
Vielleicht hat es was damit zu tun, dass
wir von vornherein gesagt haben, dass die Veranstaltung für alle Gender
offen ist, oder dass wir von den Kämpfen von FLT*-Gruppen der letzten
Jahre profitieren konnten, aber vielleicht auch deshalb, weil wir
einfach „männlich“ definiert sind und dadurch Privilegien genießen bzw.
zugesprochen bekommen. Zumindest hatten wir nicht die Schwierigkeiten
und Widerstände, mit denen zum Beispiel die Ladyfest-Gruppe, die
TransLesbenFrauen-Skatekneipe oder auch die Genderterror-Party zu
kämpfen hatten.
Generell scheint es auch einfacher zu sein eine
Veranstaltung für „männlich“ definierte Menschen zu planen, da es viele
Problematiken, wie etwa einen zu hohen „Männeranteil“ bei Ladyfesten
oder einen zu hohen Heteroanteil bei Queer-Parties, schlichtweg (in
dieser Form) nicht gibt.
Gab es denn ein Feedback von den Teilnehmenden?
Gab
es. Auf dem Abschlussplenum wurden sehr viele lobende Worte über die
Veranstaltungen verloren. Also insgesamt waren die teilnehmenden
Menschen sehr zufrieden mit der Veranstaltung. Auch war der Wunsch groß,
das Macker Massaker nochmal statt finden zu lassen. Vor allem die
dahinter stehende Idee, dass sich „männlich“ definierte Menschen mit den
Geschlechterverhältnissen auseinandersetzen sollen, fand viel Anklang.
Es war wohl höchste Zeit dafür. Aber auch hier wollen wir betonen, dass
wenn es Anregungen oder Kritik gab, diese freundschaftlich und sachlich
vorgetragen wurde.
Wie sahen denn die Anregungen oder Kritiken aus?
Die
Kritik bezog sich oftmals auf die Rahmenbedingungen oder aber auch auf
unsere inhaltlich blinden Flecken, die wir ja auch gesehen haben. So gab
es zum Beispiel keine Veranstaltung zum Thema Intersektionalität. Auch
wurde der Critical-Whiteness-Ansatz vernachlässigt. Die Auswahl der
Referent_innen war durchgehend weiß und oftmals männlich geprägt, was
zurecht bemängelt wurde, und auch der Ausfall des „Antifa und
Männlichkeit“-Workshops durch Krankheit des Referenten war für
Teilnehmer_innen bedauerlich. Dadurch ist auch der Anteil der gehaltenen
Vorträge enorm gestiegen, im Vergleich zu fehlenden praktischen
Workshops zur Reflexion der eigenen „Männlichkeit“ und Privilegien oder
persönlicheren Foren zur Selbstauseinandersetzung. Auch die enge
Aneinanderreihung des Programms ließ, wie bereits erwähnt, manchmal zu
wenig Raum für tiefere Auseinandersetzung in den anschließenden
Diskussionen. Des Weiteren wurde noch angemerkt, dass keine
Übersetzungsmöglichkeiten angekündigt worden sind, das Programm erst
relativ spät fest stand, die Werbung recht kurzfristig rausging und die
Frage der Dokumentation nicht ausreichend vorüberlegt wurde. Der Wunsch
nach mehr „basics“ und offeneren Diskussionen statt starrer Vorträge
wurde ebenso ins Abschlussplenum getragen.
Organisatorisch hätten
wir transparenter sein können. Bspw. gab es zu Beginn der Veranstaltung
ein offenes Plenum und ein geschlossenes Orgaplenum, was wir direkt nach
der an uns herangetragenen Kritik, noch während der Veranstaltung,
änderten und es somit nur noch ein offenes Gesamtplenum gab.
Wie geht Ihr mit einem solchen Feedback um?
Die
Themen um Intersektionalität und Critical Whiteness, wie auch das
Vermeiden einer „männlichen“ und weißen Dominanz bei Referent_innen
waren von Anfang an mitgedacht. Jedoch mussten wir uns leider der hohen
Zahl von Absagen aufgrund terminlicher Schwierigkeiten geschlagen geben.
In der Nachbereitung wurden noch viele weitere Aspekte diskutiert;
beispielsweise die Orga-Struktur. Wir wollen weiterhin als teiloffene*1
Gruppe schon bei der Planung versuchen, interessierten Menschen noch
leichter Zugang zur Planung und Mitgestaltung zu ermöglichen. So gab es
bereits vor dem letzten Macker Massaker ein Onlineforum, einen
Orga-Mailverteiler, eine regelmäßige Kneipe und natürlich die Plena. Die
Möglichkeit zur Partizipation soll für das nächste Jahr nochmal
verbessert werden. Die Einrichtung eines Wiki oder Forums und die
bereits bestehende offene Mailingliste sollen auch Menschen außerorts
Möglichkeiten zur Teilnahme bieten. Um weitere Orga-Hierarchien ab- und
Transparenz auszubauen, wollen wir die Plena während des nächsten Macker
Massakers generell offen gestalten.
Die „starren“ Vorträge hatten
wir möglichst offenen Diskussionsrunden vorgezogen, da wir im Vorfeld
nicht einschätzen konnten, wie sich die Teilnehmenden zusammensetzen
würden und wir Angst hatten, dass allzu offene Diskussionen schnell z.B.
in „männliche“ Opferdiskurse o.ä. abrutschen könnten. Außerdem sahen
wir die Gefahr, dass sich nicht rege und offen an Diskussionen beteiligt
wird, weshalb wir von der sehr aktiven Diskussionsbereitschaft
unheimlich positiv überrascht waren. Das werden wir beim nächsten mal
stärker berücksichtigen und die Veranstaltungen entsprechend
konzipieren.
Auch Überlegungen zu weiteren Veranstaltungsformen
(mehr Praxis), Übersetzungsmöglichkeiten, Verbesserung der Raum- und
Zeitplanung sowie der Dokumentation und Werbepünktlichkeit werden wir
nun in die schon anlaufende Planung des nächsten Macker Massakers mit
einfließen lassen.
Und wie geht’s jetzt weiter?
Wir
planen bereits ein weiteres Macker Massaker für den 2. - 5. Juni 2011.
Bis dahin wird sich die Orgagruppe regelmäßig treffen, um das Programm
zu planen und inhaltliche Auseinandersetzungen zu vertiefen. Dann gibt
es auch noch die monatliche Soli-Kneipe (jeden 3. Mittwoch), bei der es
Infoveranstaltungen, Filme und VoKü gibt.
Wir rufen aber auch
dazu auf, dass es mehr und überall Macker Massaker – oder wie auch immer
ihr es nennen wollt – geben soll! Ohne uns den direkten Vergleich mit
Ladyfesten anmaßen zu wollen, fänden wir es sehr schön, wenn es eine
ähnliche Entwicklung und Verbreitung der Idee des Macker Massakers geben
würde.
*1 Eine feste Gruppe, die zwar prinzipiell offen für
weitere Mitwirkende ist, sich die Entscheidung über die Mitwirkung von
Einzelpersonen aber vorbehält.
Infos: mackermassaker.blogsport.de
kontakt: mackermassaker@az-muelheim.de