Die Kundgebung am Knast war angesichts der Kälte und der Ankündigung der Nazis, die Übergriffe vom vorherigen Jahr am Kölner Hauptbahnhof instrumentalisieren zu wollen, doch überraschend groß - zu Beginn der Kundgebung waren 70 - 80 Leute aus verschiedenen Kontexten da, um ihre Grußworte zu verlesen.
Die Polizei war mit ca. sechs Wannen vor Ort und begann pünktlich beim ersten Feuerwerk sich martialisch auf der Straße aufzustellen und mit ihren aufgeplusterten Polizeireihen ein weiteres legitimes Ziel zu bieten. Die Kontaktbullen versuchten Druck auf die Versammlungsleitung auszuüben, dass doch bitte in Richtung Knast und nicht auf Menschen geschossen werden solle. Um die Versammlung nicht zu gefährden, wurde also weiterhin Richtung Knast geschossen, und so etwas Farbe über die Mauern gebracht.
Über die Moderation wurde die Kommunikation nach drinnen erleichtert und Wartezeiten überbrückt. Grußworte wechselten sich mit musikalischen Beiträgen ab, da die Finger an den Banjos und Gitarren schnell taub wurden. Neben Texten zur Knastkritik wurden in verschiedenen Sprachen teils sehr persönliche Grußworte verlesen.
Wie Kleingruppen, die um den Knast zogen, um auch die hinteren Hafthäuser zu erreichen, berichteten, wurde die Kundgebung drinnen vernommen. Doch zeigen die Erfahrungsberichte von Insass*en, dass von Redebeiträgen meist akustisch nicht viel drinnen ankommt. Trotzdem wurde die Kundgebung und die Konzerte dort mit viel Gejohle und Geschrei aufgefasst und gerufene Parolen von draußen aufgegriffen.
Zur Dokumentation und um Gefangenen die Beiträge direkt zuschicken zu können wollen wir verlesene Beiträge hier festhalten. Gerne könnt ihr uns Beiträge die hier nicht aufgelistet sind noch zuschicken. (Besonders gerne die Grüße der des Bankraubes Angeklagten Anarchistin!)
Einige der Grußworte und Redebeiträge der Anti-Knast-Demo:
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Knast macht krank: wenig Bewegung, wenig Sauerstoff, mieses Essen, kaum Kommunikation...
Medizin im Knast: Pillen als Disziplinierung, lautlose Gewalt, verordnet vom Arzt.
Arzt im Knast: Angestellter der Justizverwaltung, Delegierter der Herrschenden, Helfer bei der Vollstreckung der Haft...
Krank im Knast: heisst "Ein-Arzt-Politik", gibt es aber nur auf Antrag, nach festen Richtlinien, bedeutet "Vorab Diagnose" durch Sanibeamte, feste Arbeitszeiten der Ärzte.
Nachts wird nicht gearbeitet, sondern gestorben. Totenscheine könnnen nicht vor 10:00 Uhr morgens ausgestellt werden.
Arzt im Knast: Hausstrafen werden vom Arzt mitgetragen, Arreste und Iso durch "medizinisch unbedenklich" unterstützt. Isolationshaft kann vom Arzt verlängert werden. Besschwerden von Gefangeenen gegen sie gelten als "persönliche Racheakte" von einigen Querulanten, die es zu disziplinieren gilt.
Ärzte könnten dies alles verändern, aber er (oder sie) haben wie die "Schließer": Sicherheit und Ordnung der jeweiligen Anstalt zu bewahren. Die/der Gefangene darf kein Störfall in der reibungslosen Abwicklung sein, Krankeit als Protest dient zur endgültigen Zerstörung des Gefangenen, identifiziert sich doch der Arzt/die Ärztin mit den Vorstellungen des Strafvollzugs, dessen Diener sie sind...
...Medizin im Knast bedeutet: der Rest der/s Gefangenen ist zu schwach für Widerstand, zu vereinzelt für eine gemeinsame Revolte.
18 Suizide in allen Gefängnissen in NRW im Jahr 2016
Im berüchtigten alten Knast von Köln Klingelpütz kamen des öfteren Menschen zu Tode - die Vorfälle wurden nie aufgeklärt.
Die Angehörigen sagten dazu: "Im Neuerbauten Knast kommen die Häftlinge nun den Beamten zuvor", aber auch "die Gefangenen fordern und wir können es draußen unterstützen: freie Arztwahl / eine unabhängige Kommission die Beschwerden und Proteste von Gefangenen aufnimmt und sie zumindest veröffentlicht / eine Art Nothilfetelefon für die Zeit wo der Lärm des Gefängnistages zusammenbricht und einer langen Zeit des Einschlusses/der Stille weicht und sich die verschiedensten Dämonen in der Zelle versammeln…".
In Hessen wurde das Telefon wohl teilweise eingeführt und dort ging die Suizidrate gegen null...
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Die Welt hat rote Backsteinwände mit einem Zipfel Himmel, hat eine Stahltür mit Spion, die Wellt hat einen verbrannten Rasen und ein Klo im Wohnzimmer, ein Klo im Schlafzimmer, ein Klo in der Küche und ein Klo im Arbeitszimmer... die Welt hat eine Stimme: in einer Stunde wird Licht gelöscht - "Wir wünschen eine gute Nacht." Die Stimmen dieser Welt tragen blaue Uniformen, die Herren dieser Stimmen dieser Welt zivil... die Mutter dieser Herren dieser Stimmen dieser Welt heißt Sicherheit geborene Ordnung
Dise Welt ist nicht dein Zuhause... Zuhause das ist ein Amulett um den Hals, ein Ring, ein Foto der Lieben ... dieses Zuhause ist das was du in dir trägst, was du verbirgst, gefährdet nämlich Sicherheit und Ordnung ... dies Zuhause steckt zwischen deinen Schläfen ... Zuhause heißt Auftrag, Auftrag zum Leben und zum Kämpfen ...
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Hallo ihr Gefangen*en, aus alter Gewohnheit und immer währender Feindschaft kommen wir jedes Jahr an Sylvester zu den Knästen. Auf der ganzen Welt kommen Angehörige von Gefangenen und Feinde des Gefängnissystems vor die Mauern, um euch drinnen Grüße auszurichten und um gegen das Gefängnissystem zu protestieren.
Wir lehnen den Knast an sich ab, nicht nur weil fast nur arme Leute drinnen sitzen, sondern vor allem, weil wir nicht an die Richtigkeit von Strafe glauben.
Abschrecken lässt sich kaum wer, wie das ja so oft von Knast und Todesstrafe erwartet wird, was am Beispiel der Strafjustiz in den USA offensichtlich ist.
Auch ist keinen Geschädigten damit geholfen, noch schafft es Wiedergutmachung - Konzepte wie Transformative Gerechtigkeit sind da bei weitem nützlicher, um mit Konflikten umzugehen. Und was die hochgelobte Resozialisierung angeht: Die Zahlen sprechen für sich - jede Dritte ist innerhalb von einem Jahr wieder drinnen!
Solange sich die Verhältnisse hier draußen nicht ändern werden wir weiter kriminell bleiben und ihre Ordnung nicht aktzeptieren! Es ist genug für alle da - holen wir es uns!
Wir wünschen euch viel Kraft da drinnen, um die Situation auszuhalten und viel Glück, das Beste aus der Zeit zu machen, die sie versuchen euch zu stehlen.
Auch wenn die Möglichkeiten, die sie euch zur Weiterbildung geben, erbärmlich gering sind - so habt ihr doch alle eure Erfahrungen und Fertigkeiten, die es wert sind, geteilt zu werden. Wie in den Gangsterfilmen könnt ihr Kontakte für die Zukunft knüpfen und aus den Fehlern anderer lernen und andere aus den euren.
Lasst euch nicht von den Wärter*n gegeneinander ausspielen. Haltet zusammen und wehrt euch gemeinsam gegen die alltäglichen Schikanen! Was sind schon Hautfarbe, Religion und Nationalität gegen eine Uniform und den Anspruch über euch entscheiden zu können? Tretet für euch ein! Gemeinsam könnt ihr viel erreichen!
Beispiele aus der Geschichte zeigen das es sich lohnt mit allen Mitteln aktiv zu werden! All die kleinen Freiheiten, die sie uns heute gewähren, kommen nicht von ungefähr - Menschen haben sie hart erstritten!
Die Zustände sind nicht in Stein gemeiselt.
Diesen Sommer gab es die historisch größten Proteste in den Knästen der USA - in mehr als hundert Knästen gab es Streiks, Hungerstreiks und Revolten. Vor einigen Wochen haben in einem englischen Knast die Gefangenen für eine Nacht die Kontrolle über den Knast errungen! So sollen sie gegen die misserable Verpflegungn und die untragbaren medizinischen Zustände vorgehen! Und draußen vor den Mauern wurden Kundgebungen abgehlaten Zufahrtsstraßen blockiert und Profiteur*e der Knastindustrie angegeriffen. In Belgien wo sie ein Megagefängnis bauen wollen, ist erneut der Bauplatz besetzt.
Auch wenn wir nur heute hier sind - es gibt im deutschsprachigen Raum eine Gegangengewerkschaft die sich für eine Verbesserung der Zustände in dne Knästen engagiert.
Organisiert euch! Tretet für euch ein!
weitere redebeiträge aus Köln bitte gerne an uns schicken: abc-rhineland@riseup.net