Freiburger Bündnis: Bundeswehr raus aus dem Klassenzimmer

Informationen aus erster Hand sind dem Freiburger Bildungsstreikbündnis ein Dorn im Auge
Erstveröffentlicht: 
21.01.2010

Front gegen Militär

 

Freiburger Bündnis: Bundeswehr raus aus dem Klassenzimmer

Bundeswehr raus aus dem Klassenzimmer – mit dieser Forderung macht das Freiburger Bildungsstreikbündnis mobil. Die Gruppe ruft für Samstag zur Demonstration gegen eine Kooperationsvereinbarung von Landeskultusministerium und Militär auf. Die verteidigen sich gegen die Kritik daran, dass Offiziere Schülern und Referendaren sicherheitspolitische Themen nahebringen.


"Legitimation von Waffengewalt" hat in Schulen nichts zu suchen, sagt das Streikbündnis. Die Gruppe von Studierenden- und Schülervertretungen fordert, die Vereinbarung aufzuheben und jedwede Zusammenarbeit sofort einzustellen. Denn: "Die Bundeswehr kann direkten Einfluss auf die Meinung der Schüler und die Ausbildung der Lehrkräfte nehmen."

Das widerspricht dem Konzept der Friedenserziehung, so der Unabhängige Studierendenausschuss der Pädagogischen Hochschule. Dem Aufruf zur Demo hat sich die "Antifaschistische Linke Freiburg", das Friedensforum und die Fraktion der Unabhängigen Listen angeschlossen. Die regen bei der Schulbürgermeisterin gar ein Hausverbot für die Bundeswehr an Freiburgs Schulen an.

"Ich mache das nicht", sagt Gerda Stuchlik. "Die Bundeswehr ist ja keine verbotene Organisation, sondern Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft." Zudem seien die Schulen eigenständig und arbeiteten bereits punktuell mit Jugendoffizieren zusammen.

SOLDATEN-SICHT EINE WICHTIGE ERGÄNZUNG

40 Termine hatten die beiden Offiziere, die für Südbaden zuständig sind, 2009 allein in der Stadt. Das Friedrich-Gymnasium in Herdern hat Erfahrung mit ihnen. Die Abiturienten würden zuvor aus anderen Quellen unterrichtet, sagt Rektor Erich Schmitz, der auch schon eine Podiumsdiskussion mit Kriegsgegner Jürgen Grässlin veranstaltet hat.

Die Sicht eines Soldaten hält Schmitz für eine wichtige Ergänzung: "Das erweitert den Horizont der Schüler. Der Politikunterricht lebt ja auch durch die Anschaulichkeit." Er müsse unterm Strich ausgewogen sein. Schmitz’ Erfahrungen mit den Jugendoffizieren sind gut. Weder beim Regierungspräsidium noch beim Gesamtelternbeirat der Freiburger Schulen sind Proteste von Eltern eingegangen.

Die Kooperationsvereinbarung vom Dezember fixiert formal eine gängige Praxis: dass die Offiziere zu Schülern ab der 9. Klasse sprechen, Lehrer fortbilden und Besuche bei der Truppe anbieten. Dabei Nachwuchs anzuwerben, ist ausdrücklich ausgeschlossen.

Jugendoffizier Thomas Erken wehrt sich gegen die Vorwürfe. "Jedem Lehrer steht es frei, unser Angebot anzunehmen." Erken war im Afghanistan-Einsatz: "Natürlich habe ich einen eigenen Blickwinkel." Aber er diskutiere auch die Kritik daran. "Das ist keine Manipulation von Öffentlichkeit." Jeder solle sich ein eigenes Urteil bilden.

STANDARDS FÜR DEN POLITIKUNTERRICHT

Die Jugendoffiziere, deren Job es seit 1958 gibt, hielten sich an die Standards für den Politikunterricht. Die hat die Landeszentrale für politische Bildung festgelegt. Demnach muss alles, was kontrovers diskutiert wird, im Unterricht kontrovers erscheinen, erklärt Michael Wehner von der Außenstelle Freiburg. "Das heißt, bei uns gibt es nur Veranstaltungen mit Pro und Contra." Auch die Landeszentrale arbeitet mit den Offizieren zusammen, lädt aber zu Veranstaltungen Vertreter der Gegenseite ein.

Und die Vereinbarung mit dem Ministerium? "Da müsst’ man jede Kooperation mit Wirtschaftsverbänden in Frage stellen." Das Ministerium hat viele Kooperationen, unter anderem mit Industrie- und Handelskammern, aber auch mit Jugendbegleitern. Und mit Institutionen, die den Zivildienst stützen? "Mit den Kirchen haben wir Staatsverträge", so Ministeriumssprecherin Carina Olnhoff, "die bieten eigenen Religionsunterricht an."